Autor Thema: Ich bin Bolle....  (Gelesen 19965 mal)

waldi44

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Ich bin Bolle....
« am: 31.08.06 (12:21) »
Sag mal, ob es sich lohnt. Hört sich interessant an.
Interesant war es für mich nicht. Es handelt sich um schwachbrüstige Broschüren in einem eher kindlichen Stil gehalten und man fragt sich, für welche Klientel das geschrieben wurde, wenn selbst der Begriff "Zivilleben" mit "Armeejargon für nirmales DDR- Leben erklärt wird.
Allerdings ist es sehr interessant, wenn man es mit dieser Seite vergleicht:http://www.kotsch88.de/pr-21.htm. Da tauchen nämlich die selben Personen wieder auf, zB der"....allseits geachteter Bataillonskommandeur Oberstleutnant Wegener ", den der Autor aus seiner Sicht gaaaanz anders dastellt. Naja, der war eben nur Soldat/Gefreiter, der Seitenbetreiber dagegen Zugführer in besagtem Regiment.
90% dessen was in der Broschüre geschildert wurde, habe ich so oder so ähnlich auch erlebt bzw wahrgenommen. Den Massensuff, den Betrug, zT. Schickanen, die EK- Bewegung unterdrückung der jüngeren Soldaten durch die älteren und das mit offener oder versteckter Billigung der Offiziere.
Als ich das so mal im NVA Forum schilderte, wollte man mich dort am liebsten lynchen. Nun fühle ich mich bestätigt, dass es so tatsächlich so war und nicht nur von mir so gesehen oder empfunden wurde. Insofern hat mir das Büchlein was gebracht.
Einige Dinge wunderten mich schon. So zB. kann ich m ich nicht entsinnen, dass die NVA Soldaten als Landser bezeichnet wurden und dass der Begriff "Hugo" für Ladeschütze, von dem "Hugo" aus dem faschistischen Tigerpanzer abgeleitet wurde- steht so ähnlich drinn.
Überhaupt versucht der Autor öfter eine Verbindung zur Wehrmacht und NVA zu knüpfen, wobei die NVA aus seiner Sicht noch "schlechter" abschnitt:"Selbst die Nazis haben sowas nicht gemacht..."

Auch der Autor sprach von Kanonenöfen, aber er frohr gewaltig, weil sie kaum wärme speicherten wenn sie mal ausgingen. Der HP Betreiber hat das anders in Erinnerung:"Sehr spartanisch, aber auch irgendwie gemütlich am Kanonenofen..."
Immerhin hat er den übermässigen Alkkonsum auch bemerkrt, wenn auch wohl etwas verharmlost:"Der berühmte Befehl 30/74 war natürlich nicht absolut durchsetzbar. Es gibt immer einen Weg... Nicht selten zeigte der Alkohol dann aber auch seine unschönen Seiten."
Eher war es so wie der Gefreite Schütze, der Autor und ich es erlebt haben. Dennoch eine nette Seite.
Das "Buch" selbst bringt keinerlei neue Erkenntnisse, äh, doch: Ich musste feststellen, dass ich damals nicht im PR 21, sondern im PR 23 (Julian Marchlewski) gedient hatte ;)!
« Letzte Änderung: 01.09.06 (21:09) von waldi44 »

Hoover

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Re: Ich bin Bolle....
« Antwort #1 am: 05.09.06 (06:57) »
Super, lohnt es sich jetzt für einen Wessi und Ex-Bundi, sich das Buch zu kaufen um weitere "insider-Infos" über das Leben in der die freie, demokratische Welt bedrohenden NVA zu erfahren?  ;D

waldi44

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Re: Ich bin Bolle....
« Antwort #2 am: 05.09.06 (10:42) »
Jain ::). Frag mich und spar das Geld ;D! Es sind immerhin drei Heftchen und kosten zusammen so um die 20 Euro. Für mich hatten sie aber einen grossen Wiedererkennungswert und waren eine Bestätigung dessen, was ich erlebt hatte und das meine Wahrnehmungen durchaus der Realität entsprachen.
Eine Realität, die manche Leute, zB solche im NVA Forum nicht wahrhaben wollen. Sicher gab es auch andere NVA Einheiten und andere/bessere Standorte, aber eben auch solche wie in und um Eggesin.
Wenn du Geld übrig hast, kannst du sie nehmen und somit bestimmte Argumente immer zu Hand bzw im Regal griffbereit haben ;). Neues enthalten sie wie gesagt nicht und auch keine Enthüllungen.....

Wilden

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Re: Ich bin Bolle....
« Antwort #3 am: 05.09.06 (12:19) »
Sag mal, ob es sich lohnt. Hört sich interessant an.
Interesant war es für mich nicht. Es handelt sich um schwachbrüstige Broschüren in einem eher kindlichen Stil gehalten und man fragt sich, für welche Klientel das geschrieben wurde, wenn selbst der Begriff "Zivilleben" mit "Armeejargon für nirmales DDR- Leben erklärt wird.
90% dessen was in der Broschüre geschildert wurde, habe ich so oder so ähnlich auch erlebt bzw wahrgenommen. Den Massensuff, den Betrug, zT. Schickanen, die EK- Bewegung unterdrückung der jüngeren Soldaten durch die älteren und das mit offener oder versteckter Billigung der Offiziere.
Als ich das so mal im NVA Forum schilderte, wollte man mich dort am liebsten lynchen.
Lynchen wofür?

waldi44

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Re: Ich bin Bolle....
« Antwort #4 am: 05.09.06 (15:27) »
Dafür, dass ich meine Erlebnisse im Panzerregiment 23 Julian Marschlewsky so schilderte, wie ich sie erlebt hatte und da blieb von Ruhm und Ehre der Nationalen Volksarmee nicht viel übrig. DAS nahm man mir sehr übel in besagtem Forum.
In besagtem Heftchen, viel mehr ist es ja nicht, werden aber meine Erafhrungen bestätigt- allerdings, war wohl meine anfängliche Pauschalisierung der NVA als durchweg schlecht und vergammelt etwas zu pauschal und ich musste mich da eines Besseren belehren lassen.
Als ich die allgemeinen Alkoholprobleme im Regiment anschnitt, wurde gleich versucht MIR ein Alkoholproblem an die Backe zu nähen und es folgte auch so ein Spruch: "Verpiss Dich, keiner vermisst dich!". Man (Mann) wollte eben unter sich sein mit seiner Beweihräucherung. Genosse unter Genosse sozusagen ;)....
Ps: Der von dem der Spruch stammte hat sich dann aber später doch eines, anderen, besseren besonnen ;)!

Ich war im Pz.Rgt. 23, "Bollle" im PzRgt.21 und ausgerechnet nur diese zwei sollten so gewesen sein wie ich es erlebt hatte? Angefangen von der miesen Verpflegung über die beschissene Unterbringung bis hin zur mangelhaften Einsatzbereitschaft und eher wehrkraftzersetzenden "EK Bewegung"?

waldi44

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Re: Ich bin Bolle....
« Antwort #5 am: 07.09.06 (23:48) »
Ok! Nicht immer klappt es so, wie man es sich vorgestellt hatte ::)! Neben der Aufklärung über das "Buch" selbst, hätte ich eigentlich erwartet, einige würden sich auch zum Thema NVA und meine Erfahrungen äussern.

Tonio

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Re: Ich bin Bolle....
« Antwort #6 am: 03.10.06 (16:57) »
Vielen Dank für die kritische Lesermeinung. Zwei Fehler sind enthalten:

1. "Ich bin Bolle" ist auf sechs Bände angelegt, wobei bisher nur Band 1 (Ein Rabauke - Kindheit und Jugend in Schwedt, 1959-1977) und Band 3 (Haß - NVA-Zeit im Panzerregiment 21 Torgelow-Spechtberg, 1977-1979) erschienen sind. Es gibt also bisher nur zwei Bände der Reihe!

2. Der Kompaniechef im Buch (Leutnant bzw. später Oberleutnant) Wegener hat nichts mit dem Oberstleutnant Wegener eines anderen Bataillons zu tun. Die Namen sind nur gleich!

Frank Schütze (Autor)

Tonio

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Re: Ich bin Bolle.... Haß --- Band 3 der Reihe
« Antwort #7 am: 03.10.06 (21:06) »
Etwas muß noch gesagt werden, ein Zugführer (meistens junger Leutnant) war im Panzerregiment überhaupt nichts... Ein Gefreiter war ja (meistens) EK (Entlassungskandidat) - der war viel mehr angesehen, weil er als Erster nach Hause gehen konnte!
Von den Soldaten gegrüßt wurde als erster Offizier der Oberleutnant (Kompaniechef) und die älteren Hauptfeldwebel und Fähnriche.  Bei den Kompaniechefs gab es dann schon gute, die von Ihren Soldaten auch geachtet wurden. Aber es kam eben immer auf die persönlichen Führungsqualitäten an.

Zum Thema Kanonenofen: Die Situation, die im Buch geschildert wurde war bei eisigen Temperaturen (über minus 20 Grad, nach meiner Erinnerung) und in solchen extremen Wetterlagen versagten die Öfen eben. Da war von Wärme nach einiger Zeit nichts mehr zu spüren.
 
Übrigens kann man das Buch (für 6,50 EUR + 0,90 Porto in Deutschland) unter www.agroplant.de --- Verlag bestellen.
Dort finden sich auch viele Lesermeinungen der letzten Jahre.
Am besten man nimmt auch den ersten Band der Reihe mit dazu (Ein Rabauke, Kindheit und Jugend von Bolle), dann lernt man auch die Vorgeschichte besser kennen und der Band 3 (Haß - über die NVA-Zeit) liest sich weitaus besser. Beide Bände zusammen (inkl. Porto) kosten 13 EUR.

waldi44

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Re: Ich bin Bolle....
« Antwort #8 am: 03.10.06 (21:58) »
Anmerkung von mir: Das war der Autor. Man hat mich um eine Lesermeinung gebeten und ich hab ihn auf unser Forum verwiesen und Hoover, vielleicht kaufste dir das Buch doch ;D. Steht ja da, wo und für wieviel ;)!

alrik

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Re: Ich bin Bolle....
« Antwort #9 am: 04.10.06 (19:40) »
Die kleine Rezession, sofern man das so nennen kann, halte ich für nicht sachlich. Sicher gibt es unterschiedliche Erfahrungung bezüglich NVA, aber was der Auotr schreibt, trifft den Nagel auf den Kopf und ich denke, das könne viele aus dem damaligen Standort bestätigen. Eigene Erfahrungen ungeschönt und real darzustellen erregt oft Aufsehen und wird unterschiedlich gedeutet - je nach Standpunkt eben. Aber aus eigener Erfahrung kann ich das nur bestätigen was der Autor von den sogenannten Kampfregimentern berichtet, wo die Wehrdienstleistenden eine schwere Zeit hatten. Wozu eigentlich? Vieles wäre noch zu ergänzen, doch das würde die Sachlichkeit sprengen. Der Autor will ja seine Erfahrungen darstellen, keinen Roman mit Happyend zum Besten geben. Und das macht den Wert des Buches aus - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ein Zeitdokument!

waldi44

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Re: Ich bin Bolle....
« Antwort #10 am: 04.10.06 (22:31) »
Die kleine Rezession, sofern man das so nennen kann, halte ich für nicht sachlich.

Als Rezession war mein Beitrag sowieso nicht gedacht, aber wieso "...nicht sachlich"?

alrik

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Re: Ich bin Bolle....
« Antwort #11 am: 05.10.06 (10:08) »
Bezeichnungen wie schwachbrüstige Broschüre , kindlicher Stil usw. sind bestimmt kein Zeichen von Sachlichkeit.
Wer je ein Buch geschrieben hat, weiß um dessen Schwierigkeit. Der Vergleich zur Wehrmacht hinkt, es wurden die üblichen Jargonsprache verwnedet, so wie sie damlas üblich war..auch der Bezug auf ...das habe die Nazis ... gibt doch nur den Originalausspruch wieder. Vielleicht lohnt es sich, das Buch unter Beachtung der Hinwesie ein zweites Mal zu lesen.   

waldi44

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Re: Ich bin Bolle....
« Antwort #12 am: 05.10.06 (10:37) »
Nunja, wollte man meine Meinung dazu wissen? Unser Boardmitglied Hoover wollte meine Meinung zu dem Heft wissen, da es bei Ebay angeboten wurde und die hat er bekommen. Da nun Herr Schütze eine Rezession von mir wünschte, verwies ich ihn auf meinen Beitrag hier im Forum, der mitnichten eine Rezession ist oder sein sollte.
"Schwachbrüstig"? Nun, wie soll man ein Schriftstück in A5 mit 73 Seiten sonst bezeichnen? Opulentes Werk? Auch meine Kritik am Schreibstil sollte doch eher als Anregung dazu dienen am selbigen zu arbeiten. Am Inhalt des Heftes habe ich ja grundsätzlich nichts auszusetzen und ich habe ihn ja auch bestätigt. Der Begriff "Landser" ist mir allerdings in diesem Zusammenhang nicht untergekommen. Vielleicht kam er ja erst später auf oder es war von Regiment zu Regiment unterschiedlich.
Und was das besagte Zitat betrifft, so mag es ja stimmen. Aber es passt weder zur NVA allgemein, noch zum Buch speziell und erweckt bei mir eben den Eindruck des "reisserischen"!

Jürgen Fritsche

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Re: Ich bin Bolle....
« Antwort #13 am: 20.12.09 (00:41) »
"Schwachbrüstig"? Nun, wie soll man ein Schriftstück in A5 mit 73 Seiten sonst bezeichnen? Opulentes Werk?
Moin Waldi,

bspw. einfach als "schmale Broschüren" ...

"Schwachbrüstig" hört sich tatsächlich reichlich abqualifizierend an, im Sinne von "schwächlich, dünn (im übertragenen Sinn), mangelhaft".
Viele Grüße,
Jürgen



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waldi44

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Re: Ich bin Bolle....
« Antwort #14 am: 20.12.09 (10:50) »
"Schwachbrüstig"? Nun, wie soll man ein Schriftstück in A5 mit 73 Seiten sonst bezeichnen? Opulentes Werk?
Moin Waldi,

bspw. einfach als "schmale Broschüren" ...

"Schwachbrüstig" hört sich tatsächlich reichlich abqualifizierend an, im Sinne von "schwächlich, dünn (im übertragenen Sinn), mangelhaft".

Ups, nach so langer Zeit regt sich noch was ;D! Nun, deswegen lassen wir die meisten Threads ja auch offen.
Hmmm? Wie hätte das wohl bei Reich-Ranicki geklungen ::)? Nun, im Nachhinein denke ich "Schmalbrüstig" währe treffender, wobei ja eigentlich deutlich wird, dass es sich nicht um den Inhalt, sondern um den Umpfang handelt.