Er lügt ja nicht, er lässt nur viel weg und konstruiert dadurch neue Sichtweisen. Als Unterhaltungslektüre interessant, meinungsbildend sollte es nicht werden.
Jetzt verstehe ich was Du meinst. Du hast Recht.
SR schreibt auf Seite 103 u.a. über Seyß-Inquart. Weil SI Reichskommissar für die Niederlande war, wußte ich mehr über ihn. Zuerst was SR schreibt
Im April 1937 setzt Schuschnigg auf deutsches Drängen einen Vermittler zwischen der Regierung und den Kräften der sogenannten Nationalen Opposition ein, um diese, wie versprochen, zur Mitwirkung an der politischen Verantwortung heranzuziehen. Der Vermittler ist der junge und parteilose Rechtsanwalt Dr. Seyß-Inquart, der sowohl das Vertrauen seines Bundeskanzlers Schuschnigg hat als auch bald das von Adolf Hitler. Seyß-Inquart macht keinen Hehl aus seinem Wunsch nach einem Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich.
Anmerkung: Seyß-Inquart tritt erst 1938 der Nationalsozialistischen Partei Österreichs bei.
Wenn man das liest, wird suggeriert, daß SI integer ist. Und genau da darf man Fragezeichen setzen.
Seit 1931 engagierte er sich in österreichischen Organisationen, die der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) nahe standen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Arthur_Seyss-Inquartab 1931
Er baut Kontakte zur österreichischen Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) auf.
http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/SeyssInquartArthur/index.htmlstand ab 1931 mit der NSDAP in Kontakt (Beitritt 1938).
http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.s/s557667.htmLiest man in Kershaws Biographie über Hitler, dann wird da geschrieben, daß SI ein Nazi-Sympathisant war
und Hitler verriet, zu welche Konzessionen Schussnig bereit wäre. (Weinberg, ii, S 290). Kershaws Buch ist mit sehr viel Fußnoten versehen, die durch das IfZ (München) geprüft wurden. Darum glaube ich diese Behauptung.
Etwas weiter auf Seite 103 schreibt SR
Trotz des Deutsch-Österreichischen Abkommens vom Juli 1936 und der Vermittlungstätigkeit Seyß-Inquarts läßt der Druck der Diktatur im Donau-Staat nicht nach. Die Dokumentation eines Wiener Rechtsanwalts vom Juni 1937 legt Zeugnis davon ab, wie Gerichte, Parteibehörden, Gendarmerie und Polizei 1936 und 37 mit den Personen umgehen, die sich im Sinn der ersten österreichischen Verfassung von 1918 nach wie vor zur Einheit mit dem Deutschen Reich bekennen. Die Dokumentation „Justitia fundamentum regnorum“ , die Bundeskanzler Schuschnigg zugeleitet wird, umfaßt 264 Beispielfälle von Rechtsbrüchen und Verfolgung an Angehörigen der „Nationalen Opposition“. Diese Sünden-liste ist beachtlich. Sie umfaßt
liste ist beachtlich. Sie umfaßt
? Haftstrafen ohne Gerichtsverfahren,
? Einweisung in Konzentrationslager ohne Gerichtsverfahren und Urteil,
? Untersuchungshaft ohne richterliche Anordnung,
? Beugehaft für Verwandte von Beschuldigten,
? Haft- und Geldstrafen ohne Schuldbeweis,
? Haftstrafen ohne Vorliegen eines Straftatbestandes,
? Doppelbestrafung in zwei getrennten Verfahren wegen ein und derselben Straftat,
? zusätzliche wirtschaftliche Nebenstrafen wie Vermögenseinziehung,
? Führerscheinentzug oder das Erheben von Verpflegungs- und Unterbringungskosten bei Konzentrationslager-Haft,
? Umkehrung der Beweislast in Strafverfahren,
? Geständniserpressung,
? körperliche Mißhandlung von Inhaftierten,
? Unterlassung von medizinischer Behandlung erkrankter oder verletzter politischer Gefangener, zum Teil mit Todesfolge,
? Aberkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft nach ungenehmigten Reisen nach Deutschland,
? Einziehung von Handwerks- und Gewerbegenehmigungen sowie Zulassungen für akademische Berufe bei Personen mit „mangelnder staatsbürgerlichen Verläßlichkeit“ und
? Entlassung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes wegen des „Verdachts der nationalen Gesinnung“ ohne Pensionen und Arbeitslosenhilfe.
Die Gründe dieser Strafen liegen immer ähnlich. Es sind die Zugehörigkeiten zu verbotenen Parteien, meist zu den österreichischen Nationalsozialisten, oder zu einem der vielen deutsch gesonnenen Gesangs- und Sportvereine oder auch nur der Wunsch des Angeklagten nach einer deutsch-österreichischen Vereinigung und manchmal auch nur ein Verdacht in dieser Richtung.
Das klingt ja sehr schlimm. Da wird ein Bild von Österreich gezeigt, daß es ein Land war, wo das Recht wenig bis nicht zählte.
Dennoch muß man hier etwas dazu sagen. Warum schweigt SR über die Rechtsvergewaltigung in Deutschland. Nicht umsonst habe ich daran sogar einen Thread gewidmet.
Zusammen mit Kershaws «Hitler» wird Evans «The Third Reich» als maßgebend betrachtet.
Wohlan, was schrieb Evans über Deutschland und die Gegner der Nazis? Ich übersetze gleich vom Niederländisch:
1933 wurde in kurzer Zeit ein riesiges Apparat von Überwachung und Kontrolle organisiert, um jeder, der gegen das Nazi-Regime war ausfindig zu machen, zu verhaften und zu strafen, einschließlich mehr als eindrittel der Wählerschaft, die bei den letzten freien Wahlen in Deutschland links gewählt hatte.
Kurz: SR berichtet nicht genau, läßt manches bis viel weg. Dadurch zeigt er ein falsches Bild. Es ist tendenziös.
Jeder hätte das selbst entdecken können, wenn er die Fakten hätte prüfen wollen.
Ich lese sein Buch weiter, werde aber nicht mehr berichten, was ich noch mehr entdecke. Ich habe meine Meinung über sein Buch gesagt.