Ein Blick in die Genfer Konvention könnte vielleicht Klärung bringen. Mal auf die Schnelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Genfer_Konventionen
Angriffe auf sanitätsdienstliche Einrichtungen wie Lazarette und Krankenhäuser, die unter dem Schutz eines der Schutzzeichen der Konvention stehen ...
[...]
Transporte von verwundeten und erkrankten Soldaten stehen unter dem gleichen Schutz wie ortsfeste sanitätsdienstliche Einrichtungen (Artikel 35).
Vielleicht kann Jürgen zu dieser Thematik etwas sagen. Und falls nötig, mich auch korrigieren, ...
Moin Ingo,
Du zitierst hier aus dem Genfer Abkommen I vom 12. August
1949 "zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der bewaffneten Kräfte im Felde". Das stand natürlich unter dem Eindruck des 2. WK, ist aber hier natürlich nicht maßgeblich.
Im 2. WK war jedoch - außer der für
alle Kriegsparteien gültigen Haager Landkriegsordnung (HLKO), s. u. - noch das
Genfer Abkommen von 1864 gültig, das einen von zunächst zwölf Staaten (viele weitere folgten im Laufe der Jahre) unterzeichneten Vertrag mit dem Titel "Genfer Konvention zur Verbesserung des Schicksals der verwundeten Soldaten der Armeen im Felde" darstellte. Diese Konvention stellte die Aufnahme und Pflege der Verwundeten beider Kriegsparteien in den Vordergrund ohne Unterschied der Nationalität. Als Kennzeichen wurde das rote Kreuz auf weißem Grund gewählt. Spätere Abkommen und Zusatzprotokolle ergänzten diese Vereinbarung.
Auch Rußland unter dem Zaren war Unterzeichnerstaat. Nach der Oktoberrevolution erklärten jedoch die kommunistischen Nachfolgeregierungen, sie seien nicht an diese zaristischen Vereinbarungen gebunden. Dies hatte zur Folge, daß die Sowjetunion im 2. WK die Genfer Konventionen und Abkommen grundsätzlich von vornherein nicht beachtete, mit entsprechenden verheerenden Konsequenzen für die an der Ostfront eingesetzte deutsche Sanitätsdienste, also das Sanitätspersonal, die von ihm betreuten Kranken und Verwundeten und sämtliche Sanitätseinrichtungen, usw..
Welchen Schutz genießen Sanitätseinrichtungen, -personal und -transporte?
Ortsfeste (z. B. Krankenhäuser und Lazarette), mobile (z. B. Feldlazarette, Verbandplätze) Sanitätseinrichtungen, Sanitäter, Ärzte und Sanitätstransporte sind unter allen Umständen zu schonen. Dies schließt auch Lazarettschiffe und Sanitätsflugzeuge samt deren Personal ein. Sie sind deutlich mit dem jeweiligen Schutzzeichen Rotes Kreuz auf weißem Grund zu kennzeichnen. Gefangengenommenes Sanitätspersonal des Gegners unterliegt nicht dem Status von Kriegsgefangenen, sondern muß, sofern es nicht zur medizinischen Versorgung der anderen Kriegsgefangenen benötigt wird, so schnell wie möglich freigelassen werden.
Haager LandkriegsordnungAnlage zum zweiten Haager Abkommen von 1899 „betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs”.
Die Haager Landkriegsordnung ist für die Vertragsparteien und ihre Nachfolgestaaten in den Beziehungen untereinander weiterhin gültiges Vertragsrecht. Ihre Prinzipien gelten darüber hinaus seit einigen Jahrzehnten als Völkergewohnheitsrecht. Sie sind damit auch für Staaten und nichtstaatliche Konfliktparteien bindend, die dem Abkommen nicht explizit beigetreten sind.
Die Haager Landkriegsordnung enthält für den Kriegsfall Festlegungen zur Definition von Kombattanten, zum Umgang mit Kriegsgefangenen, zu Beschränkungen bei der Wahl der Mittel zur Kriegführung, zur Verschonung bestimmter Gebäude und Einrichtungen von sozialer und gesellschaftlicher Bedeutung, zum Umgang mit Spionen, für Kapitulationen und Waffenstillstandsvereinbarungen sowie zum Verhalten einer Besatzungsmacht in einem besetzten Territorium.
Zum Umgang mit verletzten und erkrankten Soldaten verweist die Haager Landkriegsordnung auf die erste Genfer Konvention in den Fassungen von 1864 beziehungsweise 1906. Der Artikel 21 verweist für die Behandlung von Kranken und Verwundeten auf die Genfer Konvention. Artikel 23 verbietet eine Reihe von Mitteln zur Kriegführung. Zu diesen Festlegungen zählt beispielsweise ein Verbot der Verwendung von giftigen Substanzen, ein Verbot der meuchlerischen Tötung oder Verwundung, ein Verbot der Tötung oder Verwundung eines Feindes, der sich ergeben hat, sowie ein Verbot des Befehls, kein Pardon zu geben, und ein Verbot von Waffen und Geschossen, die unnötiges Leid verursachen.
Im Jahr 1929 wurde mit der Genfer Konvention „über die Behandlung von Kriegsgefangenen“ ein separates Abkommen zur Behandlung der Kriegsgefangenen verabschiedet. Trotz dieser neuen Konvention kam der Haager Landkriegsordnung während des Zweiten Weltkrieges eine besondere Bedeutung hinsichtlich der Behandlung der Kriegsgefangenen zu, denn mit der
Sowjetunion und Japan waren zwei Hauptmächte des Krieges zwar nicht der Genfer Kriegsgefangenen-Konvention von 1929 und früherer Abkommen beigetreten, jedoch in jedem Fall verpflichtete Vertragsparteien der Haager Landkriegsordnung.
Zumindest von der Sowjetunion ist jedoch bekannt, daß sie sich dennoch nicht daran hielt, auch was das unter dem Genfer Schutz stehende Sanitätspersonal, usw., betraf.
Warum darf sich ein Arzt oder ein Sanitäter im direkten Fronteinsatz nicht verteidigen, also am Kampf teilnehmen ?
Was Du hier in einem Satz als gleichbedeutend aufeinander folgen läßt, sind zwei grundsätzlich verschiedene Dinge:
Das Sanitätspersonal war grundsätzlich bewaffnet, mit Handfeuerwaffen, Karabinern und leMGs. Dies erfolgte im Einklang mit den Genfer Bestimmungen ausschließlich zu seinem eigenen Schutz sowie zum Schutz der ihm anvertrauten Kranken, Verwundeten, der San-Einrichtung und dem gesamten Material einschließlich der Fahrzeuge, usw.. Zu diesem Zweck durfte das San-Personal seine Waffen in vollem Umfang einsetzen.
Damit nahm es jedoch nicht
am Kampf teil!
Das durfte es auch nicht.
Im Falle von Dr. med. Wischhusen war er nicht nur Arzt, sondern auch Offizier. Der Oberfeldarzt entspricht dem Oberstleutnant. Es gab Fälle, da waren die Ärzte plötzlich die ranghöchsten anwesenden Offiziere, und übernahmen damit auch Führungsaufgaben im Kampfeinsatz.
Was den Fall von OFA Dr. med. Wischhusen betraf, kann ich ihn nicht beurteilen. Hier müßte man die genauen Umstände seines Einsatzes kennen.
Genaugenommen kann ein Angehöriger eines Sanitätsdienstes weder freiwillig noch gezwungenermaßen auf seinen Status verzichten noch ihn zeitweise aussetzen oder aussetzen lassen.
Ein Einsatz eines Sanitätsoffiziers als Truppendienstoffizier ist daher unzulässig, ebenso wie der eines San-Soldaten bspw. als Wachsoldat, Infanterist oder Flakschütze oder eines San-Feldwebels als Zugführer einer Kampfeinheit. All dies stellt einen Verstoß gegen die Genfer Konvention dar.