Autor Thema: Weigerung  (Gelesen 4648 mal)

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  • Gast
Re: Weigerung
« Antwort #15 am: 25.01.09 (11:00) »
Ich schließe mich da @waldi an und meine das mir auch nichts bekannt ist. Die Erschiessungskommandos waren immer freiwillig und es haben sich auch immer ein paar Leute gefunden. Sogar bei den Verbrechen der Einsatzgruppen der SS im Osten, waren bei der Abriegelung der Erschiessungsgruben Wehrmachtssoldaten beteiligt/abgestellt. Es war für sie ein" Fronturlaub" ohne Risiko , weit weg vom Inferno.
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Christian

  • Gast
Re: Weigerung
« Antwort #16 am: 16.02.09 (11:38) »
Hallo Nomem Nescio,
zum Thema Exekutionsverweigerung haben sich die anderen ja schon gemeldet. Es gab aber durchaus Todesureile wegen nicht NS-konformen Handlungen.
Nachfolgend Auszüge aus dem Abschiedsbrief des Feldwebels Anton Schmid, der am 12. April 1942 hingerichtet wurde. Schmid wurde 1967 als erster Wehrmachtsangehöriger in Yad Vashem als "Gerechter unter den Völkern" geehrt, weil er ungefähr 350 Juden vor dem Tode bewahrte.

"[...] Ich kann Dir heute schon alles oder mein Schicksal, das mich ereilte, mitteilen: Aber eines bitte ich Dich: bleibe stark, wenn Du weiterliest. Es ist leider so, bin zum Tode verurteilt vom Kriegsgericht in Wilna [...]. Man kann nichts dagegen machen als ein Gnadengesuch [...] glaube aber, daß es abgewiesen wird, da bis jetzt alle abgewiesen wurden. Aber, meine Lieben, darum Kopf hoch. Ich habe mich damit abgefunden, und das Schicksal wollte es so. Es ist von oben unserem lieben Gott bestimmt, daran läßt sich nichts ändern. Ich bin heute so ruhig, daß ich es selber nicht glauben kann, aber unser lieber Gott hat das so gewollt und mich so stark gemacht. Hoffe, daß Er Euch ebenso stark macht wie mich. Will Dir noch mitteilen, wie das Ganze kam. Hier waren sehr viele Juden, die vom litauischen Militär zusammengetrieben und auf einer Wiese außerhalb der Stadt erschossen wurden, immer so 2-3000 Menschen. Die Kinder haben sie auf dem Wege gleich an die Bäume angeschlagen usw., kannst Dir ja denken. Ich mußte, was ich nicht wollte, die Versprengtensammelstelle übernehmen, wo 140 Juden arbeiteten. Die baten mich, ich soll sie von hier wegbringen [...]. Da ließ ich mich überreden. Du weißt ja, wie mir ist mit meinem weichen Herz. Ich konnte nicht denken, und half ihnen, was schlecht war, von Gerichts wegen. Denke Dir, meine liebe Steffi und Grete, daß es ein harter Schlag ist für uns, aber bitte, bitte verzeiht mir. Ich habe nur als Mensch gehandelt und wollte ja niemandem wehtun. - Wenn Ihr, meine Lieben, das Schreiben in Euren Händen habt, dann bin ich nicht mehr auf Erden. Werde Euch nicht mehr schreiben können, aber seid sicher, daß wir uns wiedersehen in einer besseren Welt bei unserem lieben Gott [...]." (zit. nach W. Wette, Die Wehrmacht. Feindbilder, Vernichtungskrieg, Legenden, Frankfurt a.M. 2005, S. 279-280.)
« Letzte Änderung: 16.02.09 (12:48) von Christian »

Nomen Nescio

  • Gast
Re: Weigerung
« Antwort #17 am: 16.02.09 (13:41) »
Hallo Christian,

Vielen Dank für diesen Brief.

Ich hatte ihn einmal gelesen, und fast vergessen. Du hast Recht. Dies ist den Brief.
Es war also nicht ein Erschießungbefehl, sondern das, was er tat.

Nichtsdestotrotz, er war HUMAN. Wie er schreibt über das Ermorden der Kinder... Es hat ihn deutlich sehr beeindruckt. Er schreibt es sachlich, und doch tief bewegt. Gerade das ist es, was ihn von Nazihenker unterscheidet.
Ich muß jetzt denken an einen einfachen Deutschen Soldat in Holland. Der sich opferte, um kleine Kinder das Leben zu retten. Zweifelsohne hat es vereinzelt mehr Menschen gegeben, die human handelten. Darum soll man nie behaupten "Alle waren schlecht".

Ich hoffe, wenn ich je für eine solche Entscheidung stehe, auch soviel Mut zu haben.

Balsi

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Re: Weigerung
« Antwort #18 am: 16.02.09 (19:15) »
wirklich gut gesagt... Danke dafür.

Ich denke darüber haben wir alle schon einmal nachgedacht. Wie würden wir handeln? Aus unserer Sicht ist es zu leicht darüber zu entscheiden, da wir in dieser Situation nicht stecken. Aber ich persönlich wünsche mir auch, wenn dann so zu handeln. Allerdings ohne die Gewissheit, das man dieses "Vermögen" besitzt. Dies erfährt man erst wenn man sich in dieser Situation befindet.

 

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