Jetzt muss auch ich meinen Senf dazugeben:
Wer sich je die Mühe gemacht hat, Literatur über amphibische Operationen zu studieren, etwa Speller/Tuck, Strategy and Tactics: Amphibious Warfare, weiss, daß das Unternehmen "Seelöwe" zum Scheitern verurteilt gewesen wäre.
Es fehlten alle Voraussetzungen, um eine solche Operation erfolgreich durchführen können. Abgesehen von der - vermutlich- fehlenden absoluten Luftherrschaft und auch die Überlegenheit auf See und der nicht vorhandenen amphibischen Landefahrzeuge wären die Truppen - selbst bei einer geglückten Anlandung - nicht imstande gewesen, diese entsprechend auszuwerten.
1940 - und teilweise noch bis zu Kriegsende - war die Wehrmacht nicht motorisiert. Bis auf die wenigen Panzerdivissionen und einigen motorisierten Einheiten war die Wehrmacht auf Pferde angewiesen. Artillerie, Infanterie und vor allem der Nachschub! Ohne entsprechenden Nachschub für die aus der Landungszone ausbrechenden Truppen ist eine Verwertung der Landung praktisch unmöglich. Für diese Aufgaben war für Seelöwe der Einsatz von 62.000 Pferden geplant. Welche die Hälfte des Transportvolumens als Futter verbrauchen!
Dazu kommt natürlich noch, daß für eine erfolgreiche Operation weitaus mehr dazu gehört, als ein paar Divisionen anzulanden. Es steckt eine irsinnig aufwendige Planung dahinter, angefangen von der Erkundung der Landeabschnitte (wo waren die deutschen Stranderkundungskommandos ?),von Beladeplänen, sichere Fahrt zur Landezone, Vorbereitung (Artilllerieunterstützung, Bomben- und Jaboangriffe), Reihenfolge der anzulandenden Truppen, und dann, als wesentlichen Teil, nach Festigung und Ausweitung der Landezone die unverzügliche Anlandung der schweren Waffen und Geräte (wo gabs bei der Wehrmacht Bulldozer?) sowie Heranschaffung des Nachschubmaterials.
Wenn man bedenkt, daß Overlord - trotz der langen Vorbereitung und materieller Überlegenheit, auch zur See und in der Luft, keineswegs so reibungslos ablief, wie es von erfahrenen Planern und Landungsspezialisten vorgesehen war. Insbesonders nach der gelungen - an manchen Stellen sehr verlustreichen - Landung konnten die folgenden Operationen, nämlich die Ausweitung der Landezone und Ausbruch nur mit großer zeitlichen Verzögerung durchgeführt werden.
Wie wäre es wohl der Wehrmacht ergangen?
Die militärischen Befehlshaber , sowohl Heer als auch Marine, waren sich vermutlich dessen bewusst. Niedere Ränge, noch im Siegestaumel des Westfeldzuges, eher nicht. Angeblich wurden als Vorbereitung zu Seelöwe die Soldaten zum Schwimmunterricht geschickt. Das alleine zeigt schon die absolute Unkenntnis über die Anforderungen, um eine amphibische Operation erfolgreich durchzuführen.
lg aus Wien
Vormeister