Autor Thema: Seelöwe  (Gelesen 39992 mal)

waldi44

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Re:Seelöwe
« Antwort #45 am: 16.03.10 (17:01) »
Wenn ich etwas plane, muss ich natürlich bzw. sollte ich natürlich auch das Undenkbare mit einkalkulieren. Aber ich plane anders, wenn ich WEISS, dass zum eigentlichen Gegner noch weitere hinzukommen oder ob eben nur eine  entfernte Möglichkeit besteht, dass doch noch jemand dazukommen KÖNNTE.
Im Grunde aber konnte man, also Hitler, überhaupt nicht mit dem Eingreifen der Westmächte planen. Womit denn bitte? Die U- Boote, mit Ausnahme der wenigen in der Ostsee, waren das Einzige, was er zum "Verplanen" hatte - im Westen!
Deshalb war er ja auch so erschrocken, als diese ihr Bündnis mit Polen zumindest soweit Ernst nahmen, als das sie Deutschland den Krieg erklärten. Dass sie dann in ihren Stellungen einfach sitzen blieben ist eine jener schicksalsschweren Entscheidungen seiner Gegner, die Hitler eine ganze Weile an der Macht hielten und sogar noch mächtiger werden liessen!
Hitler wollte mit England ein Gentlemen's Agreement und so richtete er in etwa auch seine Planung aus...
Deshalb sind, so meine Meinung, du darfst da ruhig eine andere haben und vertreten, muss auch die Frage erlaubt sein, wie Ernst es ihm mit "Seelöwe" tatsächlich war. 

Wolfshund

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Re:Seelöwe
« Antwort #46 am: 16.03.10 (17:17) »
Ich bin da anderer Ansicht. Hitler hatte ganz natürlich seine Ja Sager, aber er hatte auch Leute die ihm ungeschminkt die Wahrheit sagten. Unwissentlich - das kann nicht sein, wenn es schon eine englische Mobilmachung 1938 gab. Er mußte sich danach quasi zwangsläufig mit einem Kriegseintritt Englands beschäftigen.

"Seelöwe" war zuerst ein schnell zusammengeschusterter Plan, der die Möglichkeiten der Kriegsmarine überforderte. Aus dem großen Riesenplan wurde aber noch ein brauchbarer kleinerer Kanalübergang, wo man sich mit der SKL abstimmte. Insgesammt hinkte die Planerei den Realitäten hinterher und Göring verpulverte die Luftwaffe in einer sinnlosen Schlacht. Alle Handlungen waren mit Hitler abgestimmt, selbst wenn sie unsinnig waren. Die Ernsthaftigkeit sank mit der Erfolgswahrscheinlichkeit.
Seelöwe wäre aber auf jedenfall gestartet worden, wenn die Voraussetzungen gestimmt hätten. England zu besiegen wäre das Kriegsende schließlich gewesen in Europa. Das hatte damals auch jeder begriffen und deshalb wurde auch trainiert und geplant. Da hier so gern mit den Aussagen Hitlers jongliert wird: Er hatte nach einem vollkommenen Westsieg vor, die britischen Kanalinseln zu annektieren. Und so was geht nur bei einem militärischen Sieg über England.
Vorsicht bissig!

Nomen Nescio

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Re:Seelöwe
« Antwort #47 am: 16.03.10 (17:31) »
Deshalb sind, so meine Meinung, du darfst da ruhig eine andere haben und vertreten, muss auch die Frage erlaubt sein, wie Ernst es ihm mit "Seelöwe" tatsächlich war. 
Waldi, es war Hitler sehr ernst mit Seelöwe. Denn er meinte, daß einmal Großbritannien besetzt, es für die VS nicht mehr möglich wäre den Krieg noch entscheidend zu beeinflußen. Das fürchtete Hitler wie die Pest. Er erinnerte sich ja WK I.

waldi44

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Re:Seelöwe
« Antwort #48 am: 16.03.10 (18:29) »
- das kann nicht sein, wenn es schon eine englische Mobilmachung 1938 gab. Er mußte sich danach quasi zwangsläufig mit einem Kriegseintritt Englands beschäftigen.

. England zu besiegen wäre das Kriegsende schließlich gewesen in Europa. Das hatte damals auch jeder begriffen und deshalb wurde auch trainiert und geplant. Da hier so gern mit den Aussagen Hitlers jongliert wird: Er hatte nach einem vollkommenen Westsieg vor, die britischen Kanalinseln zu annektieren. Und so was geht nur bei einem militärischen Sieg über England.

Nicht jede Mobilmachung muss zwangsläufig auch zum Krieg führen. Eine Mobilmachung kann sowohl als Warnung, als auch als Drohung gewertet werden. Ernst nehmen sollte man sie, da gebe ich dir Recht.
Tja, aber ob der Krieg in Europa (West) tatsächlich beendet währe? Meinst du nicht, dass England eventuell aus seinen Kolonien weitergekämpft hätte?
Die Kanalinseln sollten annektiert werden? Nun, besetzt waren sie zumindest ab 1940 von der deutschen Wehrmacht. Wo finde ich etwas über diese "Annexionspläne"?
Eine Annexion (von lat. annectere, „anknüpfen“, „anbinden“; auch als Annektierung bezeichnet) ist die einseitige rechtliche Eingliederung eines bis dahin unter fremder Gebietshoheit stehenden Territoriums in eine andere geopolitische Einheit.
Ok, viele Briten waren ja ohnehin schon Evakuiert worden ::).....

@Nomen Nescio: Heissen die USA bei euch VS ???? Holländisch ::)?

IM

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Re:Seelöwe
« Antwort #49 am: 16.03.10 (19:24) »
Wieso holländisch ? Was ist an der Bezeichnung Vereinigte Staaten zu bemängeln ?

 ;D

Wolfshund

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Re:Seelöwe
« Antwort #50 am: 16.03.10 (20:23) »
Zitat
Tja, aber ob der Krieg in Europa (West) tatsächlich beendet währe?

In Westeuropa wäre er zu Ende gegangen und Edward VIII wäre König geworden. Das Mutterland also dadurch wohlwollend deutschfreundlich und raus aus dem Krieg. Gesiegt hätte dann das große Nachkriegsgeschäft mit Wiederaufbau und Belebung des Handels. Transatlantische Kriegsführung von Kanada oder gar Südafrika aus (woanders so gut wie keine nennenswerte Industrie) ist ein Sinnloskrieg, der Null Ergebnis gebracht hätte) Von Australien, Indien oder Neuseeland aus ganz zu schweigen, denn die waren auf Japan fixiert. Japan wäre dann dort der große Gewinner gewesen, wenn es nicht zum allgemeinen Frieden gekommen wäre. Die britischen Eurobasen Gibraltar und Malta  waren abhängig vom Mutterland, dort wußte man ganz genau, ab wann man kapitulieren mußte, wenn nichts nach kommt.

Über die Annexionspläne der Kanalinseln hab ich was in Verbindung mit deren "Eroberung" gelesen, wo es eine friedliche Übergabe ohne Schuß gab. Hitler war darüber so erfreut, daß er deshalb die Inseln annektieren wollte. Wo genau ich das gelesen habe, weiß ich nicht mehr genau. Es gibt auch ein Buch direkt über die Kanalinseln zur Kriegszeit, einfach mal mit den Inselnamen und 1940 googeln.
Vorsicht bissig!

waldi44

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Re:Seelöwe
« Antwort #51 am: 16.03.10 (22:39) »
Wieso holländisch ? Was ist an der Bezeichnung Vereinigte Staaten zu bemängeln ?

 ;D

Weil kein Mensch germanischer Zuge dieses Kürzel für die USA benutzt ;D! Nicht benutzt heisst ja nicht, dass es falsch ist und vielleicht sagt man ja in Holland zur USA VS. Bei uns währe das eine Quizfrage bei Günter Jauch- für die Million ::)!

Nomen Nescio

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Re:Seelöwe
« Antwort #52 am: 17.03.10 (11:34) »
Wieso holländisch ? Was ist an der Bezeichnung Vereinigte Staaten zu bemängeln ?

 ;D

Weil kein Mensch germanischer Zuge dieses Kürzel für die USA benutzt ;D! Nicht benutzt heisst ja nicht, dass es falsch ist und vielleicht sagt man ja in Holland zur USA VS. Bei uns währe das eine Quizfrage bei Günter Jauch- für die Million ::)!
Waldi, warum schreibt man bei Euch dann SU und nicht CCCP?
Sowas nennt man Inkonsequenz.  :P

Bei Euch sagt man in der Umgangssprache Vereinigte Staaten und nicht USA. Dann finde ich es logisch, daß man auch VS schreibt (wie bei uns üblich ist, denn wir reden auch über Verenigde Staten).

IM

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Re:Seelöwe
« Antwort #53 am: 17.03.10 (11:51) »
Zitat
Weil kein Mensch germanischer Zuge dieses Kürzel für die USA benutzt ! Nicht benutzt heisst ja nicht, dass es falsch ist und vielleicht sagt man ja in Holland zur USA VS. Bei uns währe das eine Quizfrage bei Günter Jauch- für die Million !

Es wäre wohl eher etwas für die 100-Euro-Frage. Es ist doch allgemeiner Sprachgebrauch, oder sehe nur ich das so ?

waldi44

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Re:Seelöwe
« Antwort #54 am: 17.03.10 (22:53) »
Ich habe das hier zum ersten mal in meinem Leben gehört/gelesen- nun gut, man lernt bekanntlich ja nie aus.
CCCP wurde zB in der DDR oft verwendet und heisst eigendlich UdSSR. C steht im Russischen für S, P für R. Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken kurz UdSSR. Wer kein Russisch kann, kann mit 3xC und 1xP nichts anfangen ::)...

Nomen Nescio

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Re:Seelöwe
« Antwort #55 am: 08.04.10 (17:33) »
Ist es möglich, daß der Schlag um unsere Residenz (Den Haag) am 10. Mai 1940 den Deutschen zu viel Flugzeuge kostete. Wodurch Seelöwe soweit es die Luftwaffe betraf, nicht mehr möglich wäre.

Etwa 10.000 Fallschirmspringer sollten unsere Regierung und Königin «verhaften». Sie sollten mit Flugzeuge landen auf drei Flugplätze in der Nähe von Den Haag: Ockenburg (1.000 Mann) südlich der Residenz; Ypenburg (6.000 Mann) östlich Den Haag, und Valkenburg (3313 Mann) nördlich der Residenz, zwischen Wassenaar und Katwijk aan Zee. Faktisch waren es etwa 4.500, weil sie auf den zu besetzen Flugplätzen viel Widerstand bekamen und die Startbahnen fast sofort übersät waren mit Flugzeugwracken. Da konnte man nicht mehr landen. Auch der Autobahn war schnell ein Flugzeugfriedhof.
In etwa 24 Stunden waren bis auf 2 Gruppen, beide um die 300 Mann, die Deutschen getötet oder gefangen genommen worden.
515 Niederländer wurden getötet. An deutscher Seite wurde 2735 Soldaten ausgeschaltet (getötet, schwer verwundet oder gefangen). Etwa 1.600 Deutschen wurden gefangen. Davon konnten 1.350 «rechtzeitig» nach GB transportiert werden.

Wichtiger aber ist m.E. der Verlust an Flugzeuge. Schätzungsweise verlor Deutschland dabei ungefähr 400 Flugzeuge. Davon 250 endgültig. Die andere Flugzeuge benütze man entweder für Ersatzteile, oder in einigen Fällen konnte man sogar die Flugzeuge noch reparieren.
Insgesamt verlor Deutschland 222 Junker 52 Transportflugzeuge. Und dieser Verlust konnte nicht schnell wettgemacht werden.

Richtschuetze

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Re:Seelöwe
« Antwort #56 am: 09.04.10 (06:22) »
Zitat
dabei ungefähr 400 Flugzeuge. Davon 250 endgültig.

@Nomen

wo hast Du diese Zahlen her? Die Aktion gegen eure Residenz ist in den Büchern die ich kenne nie groß behandelt worden.

 
Zitat
Etwa 1.600 Deutschen wurden gefangen. Davon konnten 1.350 «rechtzeitig» nach GB transportiert werden.

Vor allen Dingen wie hätte man den die Masse an Deutschen so schnell nach England bringen können, unsere Truppen waren doch im stetigen Vormarsch?  ::)

Gruss

Richtschuetze

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Re:Seelöwe
« Antwort #57 am: 09.04.10 (06:53) »
Zitat
Die Inbesitznahme der Ziele gelang fast überall, aber oft nur unter schweren Verlusten. So büßten die im Bereich des Regierungssitzes Den Haag auf den Flugplätzen von Ockenburg, Ypenburg und Valkenburg mit Ju 52 anlandenden Teile der 22. Infanteriedivision zwei Drittel ihrer Stärke ein; die Flugplätze mussten aufgegeben werden.


Also von schweren Verlusten ist die Rede! 2/3 Verluste der 22. Infantereidivision oder sind damit die Flugzeuge gemeint? Jetzt müßt man wissen wieviele Flugzeuge für diese Aktionen im Einsatz waren, aber weiter steht da das der Vormarsch schnell vorran kam!
Also halte ich eine Gefangennahme von 1350 deutschen Soldaten und der Transport nach GB für wenig glaubwürdig!

Nicht zu vergessen später in Kreta entstanden die großen Verluste!

Gruss

Nomen Nescio

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Re:Seelöwe
« Antwort #58 am: 09.04.10 (14:02) »
Zitat
Also halte ich eine Gefangennahme von 1350 deutschen Soldaten und der Transport nach GB für wenig glaubwürdig!
Richtschütze,

Auch wenn Du es für wenig glaubwürdig hältst, es sind doch Tatsachen. die durch Untersuchungen aus unseren Archiven belegt wurden.
Es wird noch unglaubwürdiger, wenn Du Dir  bewußt wird, daß ein Großteil der niederländischen Soldaten erst drei Monaten aktiv diente.

Wahrscheinlich ist die Ursache, daß schon in der Luft viel Flugzeuge beschädigt wurden, und die meisten deshalb eine Bruchlandung machten. Ja, dann gibt es schnell wenig Platz für neue Flugzeuge.
Weiter spielt mit, denke ich, daß viel Deutschen an falscher Stelle landeten. Vage erinnere ich mich aus dem Thread MWO, daß da irgendwann Rede war von der Stadt Leiden. Dann ist man tatsächlich weit weg.

Statt konzentriert aktiv zu werden, waren es also vereinzelt zerstreute Gruppen.

Die 1350 Gefangenen ist auch belegt. Und weil Den Haag an der See liegt und auch nicht weit von Hoek van Holland, wäre es nicht schwer sie nach England zu transportieren.

Dieser Angriff geschah am 10. Mai 1940. Die Kapitulation fand erst statt am 15. Mai 1940. Alle Zeit also sie abzutransportieren.

PS Bleibt meine Frage: Ist dieser Verlust mitverantwortlich für das Scheitern von Seelöwe.

Nomen Nescio

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Re:Seelöwe
« Antwort #59 am: 09.04.10 (14:28) »
Die Inbesitznahme der Ziele gelang fast überall, aber oft nur unter schweren Verlusten. So büßten die im Bereich des Regierungssitzes Den Haag auf den Flugplätzen von Ockenburg, Ypenburg und Valkenburg mit Ju 52 anlandenden Teile der 22. Infanteriedivision zwei Drittel ihrer Stärke ein; die Flugplätze mussten aufgegeben werden.
Erstens steht da etwas sehr maskiert.
Zitat
Die Inbesitznahme der Ziele gelang fast überall, aber oft nur unter schweren Verlusten.
Das Hauptziel war die Regierung und Königin zu verhaften. Und das gelang sowieso nicht.
Weiter steht da auch, daß die Flugplätze, ein wichtiges Ziel, aufgegeben werden mußten. Noch ein Grund für Zersplitterung.
Also von schweren Verlusten ist die Rede! 2/3 Verluste der 22. Infanteriedivision oder sind damit die Flugzeuge gemeint? Jetzt müßt man wissen wieviele Flugzeuge für diese Aktionen im Einsatz waren, aber weiter steht da das der Vormarsch schnell vorran kam!
Also halte ich eine Gefangennahme von 1350 deutschen Soldaten und der Transport nach GB für wenig glaubwürdig!
Ich weiß nicht wie groß eine ID bei Euch ist, aber 2/3 Verlust ist m.E. nicht wenig. Auch wenn es sich «nur» um Teile der Division handelte. Ich schrieb doch, daß nur 4.500 Mann landeten statt um die 10.000. 2/3 von 4.500 = 3.000. Warum sollte dann nicht 1.350 Kriegsgefangenen nach GB transportiert sein können?

Nur - wie bereits eher gesagt - zwei größere Gruppen, beide ungefähr 300 Mann groß, gelang es bis die Kapitulation frei zu bleiben.

Wieviel Flugzeuge daran beteiligt waren, weiß ich nicht. Jedenfalls gab es etwa 400 Flugzeuge, die beschädigt waren. 222 davon, wie auch schon gesagt, waren «total loss».
Der Einsatz war genau so'n Versager als 1944 Market Garden von  Montgomery.

Für Hitler, der sich selbst mit der Planung bemüht hatte, gilt vermutlich «He was not amused».   ;D