Autor Thema: Ochs: Heute kann ich das ja sagen  (Gelesen 1525 mal)

Niwre

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Ochs: Heute kann ich das ja sagen
« am: 14.11.07 (12:12) »
Rezension

Zitat
Die „doppelte Geschichte“ historischer Orte wie Buchenwald oder Sachsenhausen zählte nach 1989/90 zu jenen heftig umstrittenen Themen, die die Öffentlichkeit nachhaltig bewegten. Geschichtspolitische Ambitionen standen oft wissenschaftlichen Forschungen entgegen. Die Leidensgeschichten der KZ-Häftlinge wurden oftmals den Leidensgeschichten von Häftlingen der sowjetischen Speziallager entgegenstellt. Die Opfergruppen konkurrierten miteinander, ihre politischen Vertreter versuchten, Hierarchien von Opfern zu etablieren. Die Heftigkeit der Debatte war nicht nur mit der Entdeckung von Massengräbern zu erklären. Vor allem schlug zu Buche, dass die Geschichte der sowjetischen Speziallager in Ost wie West weithin unbekannt und sogar tabuisiert worden war, so dass ihre „Neuentdeckung“ auch die Entdeckung einer weithin unbekannten Opfergruppe bedeutete. Parallel dazu wurde dieser „neuen Opfergruppe“ ihr Status von vielen auch gleich wieder abgesprochen, weil sie im eigentlichen Sinne keine „Opfer“, sondern „Täter“ der NS-Diktatur gewesen und demzufolge nach alliierten Maßstäben inhaftiert worden seien. Diese Auseinandersetzungen um die Geschichte der Speziallager und ihrer Insassen ist immer mehr versachlicht worden, nachdem die ersten, auf sowjetischen und deutschen Quellen basierenden Arbeiten publiziert wurden. Zwar wird auch in der Gegenwart immer wieder versucht, die Geschichte der Speziallager geschichtspolitisch zu instrumentalisieren, aber dies geschieht mittlerweile längst nicht mehr mit dem Erfolg wie noch in den 1990er-Jahren, weil eine Reihe von Basisdaten dieser Geschichte als wissenschaftlich gesichert gelten. [...]

Eva Ochs
Heute kann ich das ja sagen.
Lagererfahrungen von Insassen sowjetischer Speziallager in der SBZ/DDR.
Böhlau Verlag
351 Seiten
34,90Eur

 

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