Autor Thema: Luftbild Alsdorf 18.11.1944  (Gelesen 20541 mal)

i2hhj

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Luftbild Alsdorf 18.11.1944
« am: 23.10.11 (11:41) »
Die Aufnahme vom 18.11.1944 zeigt das Gebiet von Mariadorf (deutsche Seite) und Schaufenberg-Alsdorf-Kellersberg (US Seite) nach den wochenlangen Kämpfen beginnend mit der Einnahme von Alsdorf am 7.10.1944. Die deutsche Verteidigungslinie war entlang des Bahndamms der Bahnlinie Mariadorf-Aachen (von Süd nach Nord d.h. schräg von rechts-unten nach rechts-mitte) auf der rechten Seite des Bildes und schließt die Halde Mariadorf (mitte-rechts) mit ein. Die damaligen Felder und Wiesen wurden in den Nachkriegsjahren fast vollständig überbaut, wie es u.a. auf google-earth zu sehen ist.


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« Letzte Änderung: 24.10.11 (15:14) von Niwre »

H.H.

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Details zum Luftbild Alsdorf 18.11.1944
« Antwort #1 am: 26.10.11 (16:48) »
- direkt unterhalb der Luisenstraße, ab Schaufenberg  in Richtung Alsdorf, sind die Spuren eines deutschen Sturmgeschützes zu erkennen, welches beim Versuch der Rückeroberung von Alsdorf am 7. Oktober 1944 etwas vor dem einzelnen Haus an der Straße dort abgeschossen wurde und ebenfalls erkennbar ist.
- rechts von Kellersberg sind in den Feldern unterhalb und oberhalb der Bahntrasse Alsdorf-Mariadorf viele Spuren von Panzern zu sehen, auch abgeschossene US Panzer, welche von den Gefechten in jenen Tagen zeugen.
- erwähnenswert sind auch die jeweils drei Flakstellungen der Heimatflak, welche von Gymnasiasten während der Kriegsjahre bedient wurden, und welche 1. in der Wiese rechts vom Wasserturm Alsdorf (rechts unter der Ziffer 1116) und 2. in den von Kellersberg umgebenen Kleingärten/Wiesen unterhalb der Bahnlinie Alsdorf-Mariadorf zu sehen sind.

Helmut Pirkl

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Re:Luftbild Alsdorf 18.11.1944
« Antwort #2 am: 09.11.11 (19:59) »
Ich bin Jahrgang 1929 und habe ab Oktober bis zum Ende der Kämpfe zwischen der Frontlinie (Alsdorf-Mariadort, Bahnlinie Aachen Nord) mit meiner Familien und noch  einigen Dutzenden anderer in einem Stollen zugebracht, während über uns Kellerberg, mein damaliger Wohnort abwechselnd von beiden Seiten mit Panzer- und sonstigen Granaten zerschossen wurde.

Der Stollen befand sich südlich von Kellersberg 2. Er hatte drei Zugänge und war aus einer Schlucht zwischen dem Friedhof Kellersberg und Ofden mit zwei Öffnungen und außerdem vom Südring in Kellersberg 2 aus zu erreichen.

Der Stollen ist während des Krieges von Bergleuten als Luftschutzbunker gegraben worden. Nun möchte ich über diese Zeit, die ich lange verdrängt habe, berichten. Die Luftaufnahme bringt mich ganz nah an meine damaligen Erlebnisse heran und eröffnet mir den Einstieg in die Berichterstattung. Die sicherlich auch für die Nachwelt bedeutungsvoll sein könnte.

Ich kann mich noch an viele Einzelheiten erinnern. Wir lebten in dieser Zeit an der Grenze des Verhungerns und Verdurstens, derweil von beiden Seiten auf alles geschossen wurde, was sich zwischen den Fronten bewegte, war die Beschaffung von Nahrungsmitteln jedes Mal ein lebensgefährliches Unterfangen. Mein Zeitgedächtnis für diese Vorgänge ist daher sehr verwischt, denn es zählte nur der Überlebenskampf. Erst im Internet habe ich erfahren, dass die Amerikaner am 7. Oktober 1944 Alsdorf eingenommen hatten. Wie lange wir in dem Bunker zubringen mussten, habe ich verdrängt. Ich weiß nur, es war eine "lange Zeit".

Ich würde mich also sehr darüber freuen, wenn mir jemand bei meinen Recherchen behilflich sein könnte.

Helmut Pirkl

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Re:Luftbild Alsdorf 18.11.1944
« Antwort #3 am: 16.11.11 (11:23) »
Hier ein kleiner Auszug aus meiner Zeit im Stollen:
 
Zwischen der Frontlinie (Alsdorf   -   Mariadorf, Bahnlinie Aachen Nord) habe ich mit meiner Familien und noch einigen Dutzend anderer in der Zeit von Oktober 1944 bis zum Ende der Kämpfe in einem Stollen zugebracht. Während über uns Kellerberg, mein damaliger Wohnort, abwechselnd von beiden Seiten mit Panzer- und sonstigen Granaten zerschossen wurde, bangten wir darunter um unser Leben. Obwohl wir aus den vorangegangenen 4 Kriegsjahren mit ihren Bombennächten und ähnlichen Ereignissen uns schon an allerhand gewöhnt hatten, setzte dies allem die Krone auf.

Der Stollen befand sich südlich von Kellersberg. Er hatte drei Zugänge und war aus einer Schlucht zwischen dem Friedhof Kellersberg und Ofden mit zwei Öffnungen und außerdem vom Südring in Kellersberg aus zu erreichen. Der Stollen ist während des Krieges von Bergleuten als Luftschutzbunker angelegt worden.
 
Die Luftbildaufnahme vom 18.11.1944 bringt mich ganz nah an meine damaligen Erlebnisse heran und eröffnet mir den Einstieg in die Erinnerung. Die vielleicht sogar für die Nachwelt bedeutungsvoll sein könnte.

Ich kann mich noch an Einzelheiten erinnern, die sich zunehmend verdichten und erweitern, je mehr ich sie an mich heran lasse. Wir lebten in dieser Zeit an der Grenze des Verhungerns und Verdurstens, derweil von beiden Seiten auf alles geschossen wurde, was sich zwischen den Fronten bewegte. Die Beschaffung von Nahrungsmitteln war jedes Mal ein lebensgefährliches Unterfangen. Mein Zeitgedächtnis für diese Vorgänge hat sich daher sehr verwischt, denn es zählte nur  der Kampf ums Ãœberleben.
 
Erst aus diesem Forum habe ich erfahren, dass die Amerikaner am 7. Oktober 1944 Alsdorf eingenommen hatten. Wie lange wir in dem Bunker, der am Südrand meiner Heimatstadt zwischen den Fronten lag, zubringen mussten, habe ich verdrängt. Ich weiß nur, es war eine "lange Zeit".
 
Von den Amerikanern, wenn sie sich denn einmal truppweise auch in unserem "Bunker" sehen ließen, hatten mein Vater und ich, sowie auch andere Väter und Söhne in unserem Alter, die fahnenflüchtig waren, weniger zu befürchten. Aber wenn sich die Deutschen sehen ließen, war es allein schon deswegen lebensgefährlich. Am nächsten Baum hätten sie uns aufgeknüpft, wären wir der Militärpolizei (Kettenhunde nannte man sie wegen ihrer an Ketten um den Hals getragenen Blechschilder mit der Aufschrift "Militärpolizei") in die Fänge geraten. Wir hatten also während dieser Zeit zwischen den Fronten mehr von den eigenen Leuten als von den Feinden zu befürchten.
 
Einmal luden die Deutschen einen schwer verwundeten Kameraden bei uns ab. Er hatte einen Kopfdurchschuss. Die Kugel ist vorne in den Stahlhelm eingedrungen und hinten ausgetreten. Wir hatten Mühe, ihm den Helm abzunehmen. Ganz in meiner Nähe im Stollen legten sie ihn ab und verschwanden wieder. Danach kamen Amerikaner und versorgten ihn notdürftig, bevor auch sie wieder abzogen. Es handelte sich dabei um Stoßtrupps, die jeweils ins Niemandsland, in dem wir in unserem "Bunker" gefangen waren, bis zu uns vorgestoßen sind. In der Nacht darauf ist der deutsche Soldat neben mir röchelnd verstorben, ohne das Bewusstsein erlangt zu haben.
 
Solche und ähnliche Szenen spielten sich wochenlang tagtäglich ab. Auch wurden von den Amerikanern einige ihrer Verwundeten zurückgelassen, die bei nächster Gelegenheit entweder von den Deutschen oder von ihren eigenen Leuten mitgenommen wurden.
 
Im Stollen durfte nicht geraucht werden. Wenn draußen etwas Ruhe einkehrte, begaben sich die Raucher gruppenweise vor den Eingang, um ihre selbst erzeugten oder von den Amis geschenkten Zigaretten zu rauchen. So geschah es dann einmal, dass wir nach einem lauten Knall vorsichtig zum Eingang schlichen, um feststellen zu müssen, dass 5 unserer Mitbewohner von dem Volltreffer einer deutschen Granate zerfleischt worden sind. Darunter war auch der Vater meines besten Freundes, der sich als Flakhelfer aus dem Staub gemacht hatte. Sein toter Vater war ebenfalls fahnenflüchtig. Wir alle waren mehr oder weniger aus dieser Sicht im Fadenkreuz der deutschen Fahndung.
 
Bei dem Beschuss mit Todesfolgen muss es sich um eine deutsche Granate gehandelt haben, derweil die Deutschen mit Geschützen über weite Entfernungen aus ihren Stellungen heraus feuerten. Während die Amerikaner direkt aus den Panzern ihr Ziel anvisierten. Zu der Zeit war aber kein einziger US-Panzer in unserer Nähe unterwegs. Es konnte also nur eine deutsche Granate gewesen sein. Aus meiner Familie war zum Glück niemand unter den Toten. Die toten Angehörigen unserer Nachbarn und Freunde hatten tagelang vor dem Bunkereingang gelegen, bevor wir sie in einigen ruhigen Stunden begraben konnten.
 
Nun bin ich dabei das ganze aufzuarbeiten. Wie weit mir das gelingt, hängt von meiner Lebenserwartung ab. Zunächst aber bin ich dabei aus allen möglichen Quellen zu schöpfen und zu recherchieren, um in etwa meine Erinnerung mit den tatsächlichen Vorgängen in Übereinstimmung zu bringen und auch meine Fantasie auszuschalten. Schließlich sind seitdem annähernd 70 Jahre vergangen und noch vermengen sich in meinem Gedächtnis Dichtung und Wahrheit. Manches wird mir erst jetzt wieder bewusst, indem ich mich damit auseinandersetze. Aber auch mancher böse Traum löst sich auf, indem sich die dahinter liegende Realität offenbart.

Hier ein Auszug aus der Luftbildaufnahme vom 18. 11. 1944 mit nachträglichem Eintrag von mir über den Stollen, der inzwischen zugeschüttet worden ist, und meine damalige Wohnung in Alsdorf-Kellersberg, Jakobstraße 18.


Der Stollen lag genau zwischen den Fronten am Rande von Alsdorf. Dass es damals hart hergegangen ist, zeigen die unzähligen Granat- und Bombentrichter in der Umgebung. Der große Trichter unterhalb des Stollens diente uns oftmals als Schutz vor Beschuss von beiden Seiten, wenn wir auf Nahrungssuche in der näheren Umgebung unterwegs waren, die wir uns aus zerschossenen Panzern oder aus fluchtartig verlassenen Stellungen beschafften. Oftmals mussten wir dabei sogar über Leichen kriechen. Besonders aus den  zerschossenen US-Panzern ließ sich so manches an Schokolade über Zigaretten bis hin zu Keksen hervorholten. Das alles befand sich im unteren Bereich in einer Vorratskammer. Es bedurfte oftmals großer Mühe in dem zerschossenen Panzer dort heranzukommen. Dabei mussten wir nämlich tief zwischen zersplittertem Stahl und Leichenteile bis an den Boden der Stahlungetüme vordringen. Dabei kamen wir uns vor wie Ratten, die in Kanalschächten nach Nahrung suchen.

Am gefährlichsten war die Wasserversorgung. Die mussten wir aus einer nahe gelegenen Pumpe mit Selbstbedienung in einer Entfernung von nahezu einem Kilometer unter Beschuss von beiden Seiten eimerweise sicherstellen  Denn das alles geschah im Niemandsland zwischen den Fronten, in dem auf alles geschossen wurde, was sich bewegte. Wir waren also währenddessen nicht mehr als Zielscheiben, derweil man von der einen wie der anderen Seite nicht zu erkennen vermochte, dass wir doch eigentlich noch kleine Jungs oder Zivilisten waren.
 
Trotzdem konnten wir Jungens uns, die sich inzwischen an dieses mörderische Umfeld gewöhnt hatten, nicht verkneifen, im jugendlichen Leichtsinn auf abstruse Weise mitzuspielen. So entdeckten wir in einem Graben eine Kiste voller Stielhandgranaten. Damit umzugehen wussten wir. So rissen wir einer nach der anderen die Zündungssicherungen ab und warfen sie geduckt im Graben nach links und rechts heraus, soweit wir konnten. Dabei erfreuten wir uns über das selbst veranstaltete Feuerwerk zwischen dem todbringenden Gemetzel um uns herum.

Ein anderes Mal fanden wir ein halbes Dutzend Karabiner mit der entsprechenden Munition. Die schleppten wir in eine nahe Schule, luden die Gewehre und feuerten sie dort voller Lust auf alles ab, was uns an böses aus der Schulzeit erinnerte. Dabei war uns gar nicht bewusst, was wir hier zwischen den Fronten veranstalteten. Es brauchten doch nur Uniformierte - egal welcher Couleur - auf uns zu stoßen. Die würden uns gnadenlos abschießen.

Rückblicken vermag ich daran zu erkennen, wie man sich als Mensch in der Pubertät schnell an alles das zu gewöhnen vermag, was das Schicksal bereitstellt. Und das waren für mich wie sicherlich auch für meine Freunde, ohne weiter darüber nachzudenken, oder gar zu bewerten, Tod, Verderben, Mord und Überleben.

Ich könnte noch viel mehr über jene schrecklichen Tage, Wochen oder waren es gar Monate berichten, derweil mir der Zeitablauf erst nach und nach aufgrund meiner Nachforschungen ins Gedächtnis zurückkehrt.

Ich würde es sehr begrüßen, wenn mir der eine oder der andere bei meinen Recherchen und Nachforschungen behilflich sein könnte.

i2hhj

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Re:Luftbild Alsdorf 18.11.1944
« Antwort #4 am: 15.04.12 (18:24) »
An Helmut Pirkl möchte ich von ihm errwünschte Information senden. Die von ihm angegebene e-mail Anschrift : ...
kommt leider als unzustellbar zurück.
Wer kann korrekte Anschrift angeben.
Danke
H.H.

Edit: E-Mailadresse entfernt
« Letzte Änderung: 15.04.12 (19:37) von Niwre »

Niwre

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Re:Luftbild Alsdorf 18.11.1944
« Antwort #5 am: 15.04.12 (19:40) »
Du könntest auf die altmodische Art Kontakt aufnehmen: http://www.helmut-pirkl.de/index01.htm

meier10

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Re: Luftbild Alsdorf 18.11.1944
« Antwort #6 am: 16.02.14 (07:37) »
Hallo...
Sehr interessant eure persöhnlichen Erlebnisse aber auch grausam und ein bisschen beängstigent.
Am interessantesten ist jedoch die Luftaufnahme von Alsdorf. Ich wollte mal fragen ob ihr noch mehr Bilder u.ä. aus der Zeit habt ...?? Ich wohne selbst in Alsdorf und interessiere mich sehr für die Geschichte des 2. Weltkriegs.
Gibt oder gab es noch weitere Stollen, Bunker in Alsdorf und Nahe Umgebung von den ihr etwas wisst oder berichten könnt ??? Ich würde mich über Antworten Informationen sehr freuen.

Gruß meier10

i2hhj

  • Gast
Re: Luftbild Alsdorf 18.11.1944
« Antwort #7 am: 28.04.15 (16:15) »
Alles was ich an Luft-Bildern habe ist auf folgender Internet-Seite unter dem Menupunkt "Erinnerungen"
und den dort folgenden Artikeln zu finden in :

www.kokerei-anna-alsdorf-de

Ein herzliches Glückauf, i2hhj

HGH

  • Gast
Re: Luftbild Alsdorf 18.11.1944
« Antwort #8 am: 27.11.17 (17:08) »
@ meier10

Zu der Frage ob es weitere Bunker in Alsdorf gibt.. Ja.. 1 Luftschutzbunker ist unter dem Gymnasium Alsdorf - Ofden, Leider wird derzeit dort alles abgerissen....
ABER unter der Realschule - Ofden gibt es ein HKH - Bunker  welcher "noch" vorhanden ist, aber auch bald abgerissen wird.
Ich hatte am 14.11.2017 letztmalig ein genehmigter Zugang und habe fürs Archiv  und  Nachwelt die letzten Aufnahmen in Foto und Video gemacht.

Dieser HKH- Bunker ( HKH bedeutet Hilfkrankenhaus ) war für über 200 Betten ausgelegt, er verfügte über ABC- Filteranlage welche zu dieser Zeit bekannte chemische Kampfstoffe aus der Luft filterte und er war auch gegen den Folgen eines Atomschlages ausgestattet... Als Notsromversorgung sind dort 2 Daimler Benz Dieselmotoren mit jeweils 60 KVA Generatoren.

Ebenfalls ist dort ein eigener Trinkwasserbrunnen mit Aufbereitungsanlage sowie eine Klimaanlage .. Ein mit kompl. ausgestattetes   Notfallversorgung, von Röntgenraum, über Ambulanz, OP Vorbereitung, OP-Räume, Dekontermenierungs-Räume / - Duschen Lebensmittellager usw usw...

Die Santitäten Einrichtungen waren Luftdicht für einen Ernstfall Jahrzehnte dort vorhanden und wurde 2001 /2002 raus geholt und an bedürftige Länder gespendet... Zum Glück war dieser Bunker nie im Einsatz wo für er einst erbaut wurde...

Hier mal ein Film, mit den offiziellen letzten Aufnahmen, so wie er derzeit Nov. 2017 noch vorhanden ist...
Zu sehen sind die kompl. Notsromversorgung, ABC-Filer Anlage, Klimaanlage usw welche noch VOLL FUNKTIONSTÃœCHTIG ist.

Hier der Link zum Film.

https://youtu.be/vSkdMJCofGA