Autor Thema: Alexander Werth: Rußland im Krieg 1941-1945  (Gelesen 3980 mal)

Ostpreuße

  • Gast
Alexander Werth: Rußland im Krieg 1941-1945, Knaur 1965, 743 Seiten

Der russischstämmige britische Journalist und Historiker Alexander Werth hielt sich als Korrespondent der BBC und der Sunday Times fast während des gesamten deutsch-sowjetischen Krieges 1941 – 1945 in der SU und an den Fronten auf.

Werth in seinem Vorwort: „...ich bin vielleicht der einzige überlebende Angehörige einer westlichen Nation, der diese Jahre in Rußland verbracht und sich dabei fast täglich Notizen über seine Eindrücke und Erlebnisse gemacht hat. [...] Unter den gegebenen Umständen konnte ich mich, zumal ich Russisch wie ein Einheimischer spreche [...], frei mit Tausenden von Soldaten und Zivilisten unterhalten. [...]Auf all diesen Reisen nahm ich jede Gelegenheit wahr, mit allen möglichen Leuten über alle möglichen Dinge zu reden [...] Ich hatte auch [...] mehrfach Gelegenheit, berühmte Generale kennenzulernen [...] In Moskau lernte ich einige der sowjetischen Führer persönlich kennen...“

Werths Aufzeichnungen sind authentische Berichte quasi von der „anderen Seite des Mondes“. Zwischen den beiden Polen der deutschen Memoiren-Literatur einerseits und stalinistisch indoktrinierter Geschichtsschreibung andererseits nimmt Werth dabei – frei jedes Tunnelblicks – die Position des vergleichsweise objektiven Beobachters ein. Er beschreibt neben den diplomatischen Rahmenhandlungen nicht nur die militärischen Operationen sondern auch deren Zusammenhänge, Auswirkungen und Details, sowie höchst authentisch das Erleben aus der Perspektive der russischen Bevölkerung.

Für mich z.B. war unter anderem neu und interessant, welche enorme Bedeutung der Abzug dt. Truppen aus Tichwin für die Versorgung der Leningrader Bevölkerung hatte.

Wer die Bedeutung des Russlandfeldzuges wirklich verstehen will, für den ist Werths „Rußland im Krieg“ ein Buch von Seltenheitswert und von ganz erheblicher Substanz.

Rudolf Augstein zu Werths „Rußland im Krieg“: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46273175.html
« Letzte Änderung: 21.07.10 (09:02) von Ostpreuße »

steffen04

  • Gast
Re:Alexander Werth: Rußland im Krieg 1941-1945
« Antwort #1 am: 20.07.10 (10:27) »
hab´s bestellt, gibt es antiquarisch übrigens recht günstig (ca. 10EUR).

Hast du in deinem Fundus auch noch interessante Sachen über Frankreich zwischen den  Kriegen aus französischer/angelsächsischer Sicht? Shirer hab ich schon, ist auch sehr gut. Gibt´s noch mehr

Ostpreuße

  • Gast
Re:Alexander Werth: Rußland im Krieg 1941-1945
« Antwort #2 am: 20.07.10 (16:15) »
Moin Steffen,

nö, da hätte ich jetzt nicht so die Tips parat. Shirer scheint aber sehr interessant zu sein. Welches Buch würdest Du besonders empfehlen - Zusammenbruch Frankreichs?

Gruß Falk

steffen04

  • Gast
Re:Alexander Werth: Rußland im Krieg 1941-1945
« Antwort #3 am: 23.07.10 (11:10) »
ja, den Zusammenbruch.

2 Bände, der erste umfasst ddie Dritte Republik ab 1871 bis 1940, der zweite Band die Kriegsereignisse 1940.

Interessant ist besonders der erste Band mit den politischen Entwicklungen, insbesondere zwischen den Kriegen. Komplette Verdrängung der Realitäten seitens politischer Führung und Generalität, ständiger Wechsel zwischen Großmannsucht und Weinerlichkeit, Außen-/Verteidigungspolitische Obstruktion aus innenpolitischen Gründen - alles letztendlich auf dem Rücken der Poilus ausgetragen. Da erkennt man einiges wieder, was der Bundeswehr zur Zeit so zugemutet wird.

Der zweite Band deckt sich weitgehendst mit Alistair Hornes "Der Frankreichfeldzug", falls bekannt. Über die Ereignisse auf deutscher Seite kommt da nicht viel neues, hochinteressant (eigentlich absolut unglaublich) aber die Beschreibung der Vorgänge bei den Franzosen.

Gibt´s als Taschenbücher für wenig Geld

steffen04

  • Gast
Re:Alexander Werth: Rußland im Krieg 1941-1945
« Antwort #4 am: 03.08.10 (18:13) »
der "Werth" ist angekommen, ich werde aber so schnell nicht zum Lesen kommen. Macht aber Spass, drin rumzublättern und -schmökern.

Kann jetzt schon sagen: Gute Schreibe, durchgehend eigene Erfahrungen verarbeitet, angenehm distanzierte, aber nicht gleichgültige Position.  Beste britische historische Tradition!