Autor Thema: Bomben auf die Gormannstrasse.  (Gelesen 7562 mal)

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Bomben auf die Gormannstrasse.
« am: 12.01.10 (17:24) »
Ich halte mal fest, Gormannstraße , nicht Grolmannstraße (alarich) die liegt nämlich zwischen Hardenbergstraße und Savingyplatz eine Gegend wo hochbürgerliches Klientel und Beamtentum wohnhaft waren. Da kann man ausschließen das da überhaupt was war. Im Gebiet um die Gormanstraße wurde real gekämpft , auch Linien-und Dragonerstraße. Eine Hochburg der Kommunisten (Spartakisten und radikalen Linken), später stand ganz in der Nähe die KPD Parteizentrale am Bülowplatz, aber die berichtete auch von keinen Bombardierungen aus Flugzeugen. Nehmen wir es mal ganz genau, der zitierte Zeitzeuge will Bombenabwürfe auf Mietskasernen gesehen haben, nur gabs dort keine ! Dieses Gebiet war sehr eng bebaut aber nicht mit Mietskasernen, diese s.g. Mietskasernen, gab es nur ganz vereinzelt dort, in Masse aber nördlich der Thorstraße . Da haben sie nämlich auch ihren Namen her, auf engsten Raum den größtmöglichen Wohnraum über viele Etagen zu erzielen. Das war die Neubebauung Prenzlauer Berg, Friedrichshain und Lichtenberg dort entstand der Name Mietskaserne, Das Scheunenviertel war schon vorher bebaut und hatte eine viel niedrige Bebauung. Richtig ist auch das Flugzeuge in Potsdam da waren, bewiesen worden ist aber nicht das sie je zum bombardieren eingesetzt wurden. Man stelle sich nochmals optisch, akustisch und "schlagzeilentreibend"  vor wie diese Flugzeuge über Berlin hineinflogen, hochdichtbesiedeltes Gebiet überflogen um zu den Aufstandszentren zu gelangen und......keiner merk's. Und von merken, meine ich wie ich schon schrieb eine Vielzahl von Zeitungen (es gab glaub ich über 100 Tageszeitungen nur in Berlin) und noch nichtmal die Kommunistren selber. Propagantistisch wäre das nicht zu übertreffen gesen das "Ausschlachten" . Die eine Quelle redet von 30 Arbeitern die getroffen wurden , die andere von Frauen und Kindern und bishher habe ich nur die eine zeitung "Berliner Tageblatt " zitiert bekommen , die auch Flugzeuge mit Bombenabwürfen zitiert hat (Zitat im thread). Dieses Redaktionshaus und das des "Vorwärts"(schon im Januar) wurden im Berliner Zeitungsviertel am stärksten beschädigt durch die Freikorps, ein Teufel wer da an keine journalistischen Rachegelüste denkt.... :o
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« Letzte Änderung: 08.03.10 (10:39) von Niwre »

Ostpreuße

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Re:Bomben auf die Gormannstrasse.
« Antwort #1 am: 12.01.10 (20:26) »
Ok. Wir können ja einfach mal versuchen, die Angelegenheit sachlich, ohne pöbeln und polemisieren weiterzudiskutieren. Ich traue uns durchaus zu, daß wir das schaffen. Es geht mir auch nicht darum, unbedingt Recht zu behalten. Letztendlich habe ich auch einfach nur auf Balsis Posting reagiert, weil mir dazu Haffners Aussage zu 1919 einfiel – ohne mich zuvor mit der Sache beschäftigt zu haben.  

Was haben wir bis jetzt für Informationen? Wir haben, ohne daß jemand von uns ein Archiv aufgesucht hätte, in kürzester Zeit diverse, voneinander unabhängige Quellen zusammengetragen:

1) Haffner nimmt im "Verrat" Bezug auf den Brief eines Zeitzeugen und zitiert u.a. den Satz: „Die Flieger werfen außerdem Bomben ab.“ Ob ihm weitere Quellen dazu vorlagen, ist mir nicht bekannt – das kann ich mir jedoch gut vorstellen. Haffner zählt schließlich zu den etabliertesten deutschen Historikern. Weiterhin ist „Der Verrat“ bereits 1968 erschienen – sofern Haffner Unsinn geschrieben hätte, dürfte er längst überführt worden sein.

2) Laut Thoms/Pochanke: „Handbuch zur Geschichte der deutschen Freikorps“ wurde seinerzeit die Freiwilligen Flieger-Abteilung 419 in Berlin eingesetzt. Ob diese Abteilung auch „fliegerisch“ eingesetzt wurde, dazu hatte Alfons bis dato keinen weiteren Beleg gefunden.

Protokoll des Vollzugsrates für den 8. März 1919:

3) S. 125, Herfurth: „...Ich habe ... gesehen, daß ganze Häuserreihen niedergelegt worden sind von schwerer Artillerie und Fliegerbomben.“

4) S. 131, Strasser über eine Diskussion mit Noske: „... Inzwischen erschien die Meldung, daß ein Flugzeug Bomben abgeworfen habe. Noske erklärte, daß ihm die Meldung [überbracht] worden sei, und daß er es verboten hätte, daß das Flugzeug Bomben über das Innere der Stadt abwerfe.“

5) S. 132, Genschke: „Blüchel sagte schon, daß wir die Nachricht erhielten, daß in der Gormannstraße Bomben abgeworfen worden seien, und daß 30 Arbeitslose, die dort anstanden, um Arbeit zu suchen, getötet worden sind.“

6) S. 132, Fußnote 23) „Nach den Berichten des Berliner Tageblatt Nr. 100, 9. März 1919, waren es Bewohner (Frauen und Kinder) der Linien- und Dragonerstraße, unweit des Bülowplatzes, die von einer Fliegerbombe getroffen wurden: 4 Tote und 25 Verletzte. Die Gormannstraße kreuzt die Linienstraße.“

http://books.google.de/books?id=ySHqnb1LmKYC&pg=PA131&lpg=PA131&dq=m%C3%A4rz+1919+berlin+bomben&source=bl&ots=MnBYUAcBjV&sig=mOP9JcTOTczvrfvuBS43EAIESd0&hl=de&ei=_EJHS__rKYKe_AbY9eyiAg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0CAkQ6AEwAA#v=onepage&q=m%C3%A4rz%201919%20berlin%20bomben&f=false

7) Gietinger, K.: „Der Konterrevolutionär“ S. 144: „Am 4. März erteilte Noske dem Generalkommando Lüttwitz den Einmarschbefehl nach Berlin. Lüttwitz ließ nach dem schon am 19. Januar ausgearbeiteten geheimen „Pharusplan“ 31500 soldatische Männer samt Tanks, Flugzeugen, Kanonen, MGs, Minen- und Flammenwerfern in Marsch setzen.“

8) Berliner Zeitung 05.03.94: „Am 5. März begannen Truppen "mit allen Mitteln der Feldschlacht" (Artillerie, Minenwerfer, Flammenwerfer, Tanks, Flugzeuge) -- so das Berliner Tageblatt -- den Großangriff...“
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/1994/0305/geschichte/0049/index.html

Also ich finde, das sind - bezogen auf Rechercheaufwand und -zeit - bemerkenswert viele Quellen. Meint Ihr nicht auch?

Zum Thema Mietskaserne: Der Begriff „Mietskaserne“ fiel in dieser Diskussion ausschließlich von mir („Wohngebiete mit Mietskasernen“), weil ich das einfach aufgrund der Gesamtsituation vermutet habe. Keiner der Zeitzeugen hat den Begriff „Mietskaserne“ benutzt.

„Bewiesen“ mag der Bombenabwurf damit vielleicht noch nicht sein. Allerdings würde ich ihn aufgrund schon der derzeitigen Quellenlage nicht kategorisch ausschließen.

Waldi + Logo – wäre das nicht ein interessantes „Jugend-forscht“-Projekt für Euch, mal der Sache auf den Grund zu gehen? Ich meine, Ihr seid doch Berliner und habt dort sicher auch Zugang zu entsprechenden Archiven. Ansatzpunkte habt Ihr ja nun genug.

Gruß Falk
« Letzte Änderung: 14.01.10 (08:59) von Ostpreuße »

AK 74 ZF

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Re:Bomben auf die Gormannstrasse.
« Antwort #2 am: 13.01.10 (11:00) »
Straßenkämpfe sind ja bekannt. Daß dabei auch der Einsatz von MGs, leichten Panzerspähwagen und  kleiner Granatwerfer (Minenwerfer) erfolgte, auch bekannt. Daß als Drohgebärde evtl. auch Tanks eingesetzt wurden, möglich wär es. Wobei der Verbleib der deutschen Tanks mir im Moment nicht geläufig ist. Denn im weiteren Verlauf der Geschichte wurde Deutschland ja der Besitz schwerer Panzer (Tanks) untersagt und durch die Entente deren Auslieferung/Abrüstung verlangt.

Artilleristische Großangriffe oder gar Bombardierungen in Berlin ... davon höre/lese ich hier das erste mal.

Davon ist selbst in der DDR-Geschichtsschreibung ... wo es immer hieß daß "schwer bewaffnete Reichswehreinheiten und reaktionäre Freikorps die revolutionären Arbeiter niederschlugen" ... nie etwas zu hören/lesen gewesen.


IM

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Re:Bomben auf die Gormannstrasse.
« Antwort #3 am: 13.01.10 (11:23) »
Ich habe die Diskussion hier nicht verfolgt, was mir durch die Teilung auch nicht gerade erleichtert wird, ...

Ich vermute mal, es könnte um den Einsatz von Flugzeugen während der Revolutionsjahre 1919 / 20 in Deutschland gehen, zur Bekämpfung der verschiedensten Gruppierungen.

Ich kann zwar erst einmal nichts zur Klärung des obigen Themas beitragen, ich hätte da aber sofort einen mehr oder weniger berühmten Namen zur Hand, der bei einem solchen Einsatz ums Leben kam.

Es handelt sich dabei um den erfolgreichen deutschen Jagdflieger Franz Büchner. Er erzielte im Ersten Weltkrieg 40 anerkannte Luftsiege. Er wurde dafür am 7. Oktober 1918 mit dem Militär-St.-Heinrichs-Orden und am 25. Oktober 1918 mit dem Pour-le-merite ausgezeichnet.

Das Kriegsende überlebte er nur kurz. Am 18. März 1920 war er mit seinem Flugzeug auf einem Aufklärungsflug über Leipzig und wurde dabei von Spartakisten abgeschossen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_B%C3%BCchner_(Jagdflieger)

Ostpreuße

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Re:Bomben auf die Gormannstrasse.
« Antwort #4 am: 13.01.10 (16:48) »
Um den Einstieg zu erleichtern - die Diskussion begann hier: http://forum.balsi.de/index.php?topic=1561.msg47070#msg47070

Es geht darum, ob während der Märzkämpfe 1919 in Berlin von Flugzeugen aus Bomben auf Wohnviertel abgeworfen wurden.

Wir waren auch schon so weit, daß nicht nur leichte Minenwerfer sondern schwere Minenwerfer eingesetzt wurden, mit denen man 2-Zentner-Minen abfeuerte. Vielleicht könnt Ihr Euch ja einfach mal die bisherige Diskussion durchlesen - dann müssen wir hier nicht noch mal von vorne anfangen...

Der Versailler Vertrages trat übrigens erst 1920 in Kraft - seine Beschränkungen spielen hier also noch keine Rolle.

Das Thema "Jagdflieger" ist durchaus interessant - vielleicht führt uns das zu dem einen oder anderen Hinweis.

Gruß Falk

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Re:Bomben auf die Gormannstrasse.
« Antwort #5 am: 13.01.10 (17:11) »
Also, der @Ostpreuße hat schon zeitgenössische Postkartenbilder hereingesetzt, die auf jeden Fall schweren  (wenn auch nicht schwersten ) Artilleriebeschuß ausgesetzt waren (Siehe thread II.WK, All. Kriegsverbrechen). Von ganzen Häusereihen (Zitat, S.125 Herfurth) ist dort aber nichts zu sehen, sondern alles deutet auf Einzelbeschuß umkämpfter Häuser hin ,sehr viele Dachtreffer, was sich auch mit den linken (DDR) Geschichtsschreibung deckt, da viel von den Dächern operiert worden ist, besseres Schußfeld, bessere Fluchtmöglichkeiten. Ich nehme weiterhin an das schon die zerstörtesten Häuser als Postkartenmotive ausgesucht wurden , wegen des besseren Abverkaufs als Sensation, denn als sonstiges gab es ja nur ein paar Einschläge im Polizeipräsidium zu dokumentieren. Die gezeigten Bilder sind in Masse in der Alten Schützenstraße (nicht sehr lang) in der Nähe des umkämpften Zeitungsviertel und Marsstall , dies deckt sich mit den Berichten über diese Kämpfe die ich aus den Heimatgeschichten, sowie aus der proletarischen DDR Geschichtsschreibung über Berlin gelesen habe. In anderen Stadteilen waren wirklich nur Einzelhäuser betroffen (Mitte, Friedrichshain, Lichtenberg). Wenn man sich die provisorischen , sehr diletantischen Barrikaden ansieht, dann kann man ermessen das der Widerstand ziemlich unorganisiert und eher sporadisch war. Keine Ursache also ganze Häuserfronten in der Frankfurter Allee niederzulegen (A.Döblin), was auch in der Heimatgeschichte Lichtenberg so bestätigt wird (einzelne Häuser). Wir wir schon feststellten war mindestens 1 schwerer Beutetank Mark IV im Einsatz in der Frankfurter Allee (siehe Bilder). 2 gab es nur, einer wurde in Reserve in Moabit gehalten. (siehe Aussage Tankommandeur) .
Mit der Mietskaserne ist geklärt, o.k.
Die Frage der Quellen ist schon bemerkenswert, das Ãœbel ist wirklich das die beteigte Gegenseite so gar nichts berichtet und die Quellen auch sehr in die Ãœbertreibung neigen (Siehe Zahl der in Marsch gesetzten Soldaten zu der Zahl der wirklich eingesetzten).
@AK 74F, der Besitz der schweren waffen wurde Deutschland erst Mitte 1919 verboten, sie mußten aber an der Front die von mir angegebenen scheren Waffen und alle bombentragenden Flugzeuge abgeben ,lt. Waffenstillstandsabkommen, was noch in Deutschland war entzieht sich meiner Kenntnis, Beutewaffen.
Waldi wohnt ja nicht mehr in Berlin, so werde ich und andere Berliner mal weiter recherchieren......, jeder aber der in der DDR aufgewachsen ist , weiß das die DDR das als Propaganda sofort aufgenommen hätte und wenn Haffner dies 1968 so schrieb hätten sie den Knochen sofort geschnappt und verarbeitet, nur gab es noch zuviel Zeitzeugen und Beteiligte!
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Alfons Zitterbacke

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Re:Bomben auf die Gormannstrasse.
« Antwort #6 am: 13.01.10 (19:42) »
Thoms/Pochanke zur Quellenlage:

S. 11:
Ernst v. Salomon und Oskar Heinz Hauenstein haben sich [4] durch die Sammlung der verschiedenen Akten, Unterlagen und Erfahrungsberichte um die Freikorpsgeschichtsschreibung verdient gemacht. Der von Salomon vorgegebene Zeitrahmen lag auch diesem Handbuch als Zeitrahmen zugrunde. Salomons veröffentlichter Band "Das Buch vom deutschen Freikorpskämpfer" war nur ein Vorabprodukt dieser Forschungen. Salomon schildert, dass er (gegen Ende der 30er Jahre) die gesammelten Unterlagen, um ihre Beschlagnahme durch Nationalsozialisten zu verhindern, an das Heeresarchiv in Potsdam abgab. Das Heeresarchiv veröffentlichte dann aus den ausgewerteten Akten die "Darstellungen aus den Nachkriegskämpfen deutscher Truppen und Freikorps". Ein britischer Großangriff auf Potsdam zerstörte dann in der Nacht vom 14./15. April 1945 das Heeresarchiv und damit auch den größten Teil der Freikorpsunterlagen [5].

[4] nach: Salomon, Der Fragebogen, dort Frage 29b. Gerade Salomons Fragebogen gilt als historisch umstritten, allerdings werden Angaben zur Sammlung von Freikorpsarchivalien und deren spätere Übergabe an das Reichsarchiv durch Salomon und Hauenstein durch verschiedene Zeugnisse (z.B. Reiter gegen Osten) bestätigt.
[5] Gerhard Schmidt, Die Verluste in den Beständen des ehemaligen Reichsarchivs im II. WK in Archivar und Historiker 1956 und Brief des BA/MA in Freiburg vom 26.07.99 an den Autor.

Bild, Seite 14: Freikorpstruppen mit Panzer in Berlin
Bild, Seite 30: Mit Flammenwerfer auf dem Alexanderplatz in Berlin
Bild, Seite 159: Schwerer Minenwerfer auf dem Alexanderplatz in Berlin

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Re:Bomben auf die Gormannstrasse.
« Antwort #7 am: 02.04.10 (11:40) »
Ich war gestern in Berlin-Westhafen dort habe ich Einblick in zeitgenössischen Tageszeitungen nehmen können (meine Recherche berührte ein anderes Thema, aber da die Zugriffsberechtigung dort sehr teuer ist , habe ich das gleich mitgenommen und so einen ganzen schönen Sonnentag im staubigen Archiv des Westhafenspeichers zugebracht).  Habe nicht alle , aber alle wichtigen Tageszeitungen (einschlß. des Spartakisten/Kommunistenblattes "Rote Fahne") des damaligen Berlins  durchforstet die sehr ausführlich  Ã¼ber die Kämpfe berichteten. Es gab (nach der Presse) definitiv kein dokumentierten Bombenabwurf über Berlin, außer in der geschilderten Zeitung "Berliner Tageblatt", die aber in späteren Tagen nicht mehr darauf einging und genauso berichtete wie die Anderen .
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Ostpreuße

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Re: Bomben auf die Gormannstrasse.
« Antwort #8 am: 28.09.12 (14:01) »
Hallo allerseits,

ich bin mal so frei, diesen Thread zu reaktivieren. Ich weiß, es ist lange her :-). Anlaß ist, daß mir gerade ein interessantes Zeitdokument in die Hände gefallen ist, das die Kämpfe zwischen 1918 und 1920 recht detailliert beschreibt:

„Illustrierte Geschichte der Deutschen Revolution“, Internationaler Arbeiter-Verlag, Berlin 1929 (Schutzumschlag Gestaltung John Heartfield, 528 Seiten, zahlreiche Abbildungen)

Zu erwähnen ist, daß hier kein Buchautor angegeben ist, der oder die Autoren also den Schutz der Anonymität suchten. Es wird jedoch allgemein davon ausgegangen, daß dieses Buch aus dem Umfeld von KPD/Spartakus stammt. Es handelt sich also – wie so oft – um ein Zeitdokument mit parteiischer Sichtweise – dieses Mal aus der Sicht der Aufständischen.

Im Verlauf der Diskussion wurde bemängelt, daß von Seiten KPD/Spartakus nichts über Bombenabwürfe berichtet wurde. Dem dürfte mit diesem Mosaiksteinchen nun wohl abgeholfen sein. In der Schilderung der Märzkämpfe heißt es auf Seite 361:

„Zur Wiedereroberung des Alexanderplatzes wurden zum ersten Male in der Geschichte der Revolutionskämpfe alle Mittel der Feldschlacht angewandt. Leichte und schwere Artillerie, Minen bis zu 2 Zentnern und schließlich Fliegeraufklärung und Fliegerbomben. (“Berliner Tageblatt“, 8. März 1919)“

Demnach gab es also außer der Zeitungsmeldung vom 9. März mindestens eine weitere Zeitungsmeldung zum Thema Bombardierungen.

Weiter auf Seite 363:

„Die Lüttwitz und Reinhard dagegen hatten aus den Kämpfen im Januar gelernt. Sie schleuderten aus sicherer Entfernung zentnerschwere Minen, die selbst die Decke des Tunnels der Untergrundbahn durchschlugen, ließen durch Flieger auf die Stützpunkte der Republikanischen Soldatenwehr Bomben abwerfen, verließen sich ganz auf Großkampfmittel. [...] Nach dem Alexanderplatz wurde das Marinehaus so ausgiebig mit Fliegerbomben und Geschützfeuer belegt, daß die Republikanische Soldatenwehr zahlreiche Tote hatte und Reinhard das Haus ohne Verluste einnehmen konnte.“

http://de.wikipedia.org/wiki/Marinehaus

Seite 364:

„Die Zahl der nach Lichtenberg zurückweichenden „Spartakisten“ wurde in den Nachrichten  des Kommandos Lüttwitz verzehnfacht, um die Dauer der Kämpfe und den Einsatz von Großkampfmitteln notwendig erscheinen zu lassen. Den „Spartakisten“ wurden sogar Flieger angedichtet, die „Bomben auf Ansammlungen von Zivilisten abgeworfen und erhebliche Verluste verursacht“ hätten. Die Garde-Kavallerie-Schützen-Division erklärte zu dieser von ihr herausgegebenen Nachricht, die ihr unterstellten Truppen würden sich „in ihrem zielbewußten Vorgehen nicht irre machen lassen. Sie müssen nur die Schuld weit von sich weisen, wenn auf diese Weise die Kämpfe immer brutalere Formen annehmen.“ Die Flieger sollten erst in Kottbus, als das widerlegt wurde, in Adlershof aufgestiegen sein. Beides war Schwindel und der Versuch, das Maschinengewehrfeuer und die Bombenabwürfe der Regierungsflugzeuge gegen die „Spartakisten“ auszuschlachten. Das Eingreifen von Bombenflugzeugen wurde amtlich dementiert und erst später zugegeben.“

Gruß und so...
« Letzte Änderung: 28.09.12 (14:07) von Ostpreuße »

 

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