Ok. Wir können ja einfach mal versuchen, die Angelegenheit sachlich, ohne pöbeln und polemisieren weiterzudiskutieren. Ich traue uns durchaus zu, daß wir das schaffen. Es geht mir auch nicht darum, unbedingt Recht zu behalten. Letztendlich habe ich auch einfach nur auf Balsis Posting reagiert, weil mir dazu Haffners Aussage zu 1919 einfiel – ohne mich zuvor mit der Sache beschäftigt zu haben.
Was haben wir bis jetzt für Informationen? Wir haben, ohne daß jemand von uns ein Archiv aufgesucht hätte, in kürzester Zeit diverse, voneinander unabhängige Quellen zusammengetragen:
1) Haffner nimmt im "Verrat" Bezug auf den Brief eines Zeitzeugen und zitiert u.a. den Satz: „Die Flieger werfen außerdem Bomben ab.“ Ob ihm weitere Quellen dazu vorlagen, ist mir nicht bekannt – das kann ich mir jedoch gut vorstellen. Haffner zählt schließlich zu den etabliertesten deutschen Historikern. Weiterhin ist „Der Verrat“ bereits 1968 erschienen – sofern Haffner Unsinn geschrieben hätte, dürfte er längst überführt worden sein.
2) Laut Thoms/Pochanke: „Handbuch zur Geschichte der deutschen Freikorps“ wurde seinerzeit die Freiwilligen Flieger-Abteilung 419 in Berlin eingesetzt. Ob diese Abteilung auch „fliegerisch“ eingesetzt wurde, dazu hatte Alfons bis dato keinen weiteren Beleg gefunden.
Protokoll des Vollzugsrates für den 8. März 1919:
3) S. 125, Herfurth: „...Ich habe ... gesehen, daß ganze Häuserreihen niedergelegt worden sind von schwerer Artillerie und Fliegerbomben.“
4) S. 131, Strasser über eine Diskussion mit Noske: „... Inzwischen erschien die Meldung, daß ein Flugzeug Bomben abgeworfen habe. Noske erklärte, daß ihm die Meldung [überbracht] worden sei, und daß er es verboten hätte, daß das Flugzeug Bomben über das Innere der Stadt abwerfe.“
5) S. 132, Genschke: „Blüchel sagte schon, daß wir die Nachricht erhielten, daß in der Gormannstraße Bomben abgeworfen worden seien, und daß 30 Arbeitslose, die dort anstanden, um Arbeit zu suchen, getötet worden sind.“
6) S. 132, Fußnote 23) „Nach den Berichten des Berliner Tageblatt Nr. 100, 9. März 1919, waren es Bewohner (Frauen und Kinder) der Linien- und Dragonerstraße, unweit des Bülowplatzes, die von einer Fliegerbombe getroffen wurden: 4 Tote und 25 Verletzte. Die Gormannstraße kreuzt die Linienstraße.“
http://books.google.de/books?id=ySHqnb1LmKYC&pg=PA131&lpg=PA131&dq=m%C3%A4rz+1919+berlin+bomben&source=bl&ots=MnBYUAcBjV&sig=mOP9JcTOTczvrfvuBS43EAIESd0&hl=de&ei=_EJHS__rKYKe_AbY9eyiAg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0CAkQ6AEwAA#v=onepage&q=m%C3%A4rz%201919%20berlin%20bomben&f=false7) Gietinger, K.: „Der Konterrevolutionär“ S. 144: „Am 4. März erteilte Noske dem Generalkommando Lüttwitz den Einmarschbefehl nach Berlin. Lüttwitz ließ nach dem schon am 19. Januar ausgearbeiteten geheimen „Pharusplan“ 31500 soldatische Männer samt Tanks, Flugzeugen, Kanonen, MGs, Minen- und Flammenwerfern in Marsch setzen.“
8) Berliner Zeitung 05.03.94: „Am 5. März begannen Truppen "mit allen Mitteln der Feldschlacht" (Artillerie, Minenwerfer, Flammenwerfer, Tanks, Flugzeuge) -- so das Berliner Tageblatt -- den Großangriff...“
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/1994/0305/geschichte/0049/index.htmlAlso ich finde, das sind - bezogen auf Rechercheaufwand und -zeit - bemerkenswert viele Quellen. Meint Ihr nicht auch?
Zum Thema Mietskaserne: Der Begriff „Mietskaserne“ fiel in dieser Diskussion ausschließlich von mir („Wohngebiete mit Mietskasernen“), weil ich das einfach aufgrund der Gesamtsituation vermutet habe. Keiner der Zeitzeugen hat den Begriff „Mietskaserne“ benutzt.
„Bewiesen“ mag der Bombenabwurf damit vielleicht noch nicht sein. Allerdings würde ich ihn aufgrund schon der derzeitigen Quellenlage nicht kategorisch ausschließen.
Waldi + Logo – wäre das nicht ein interessantes „Jugend-forscht“-Projekt für Euch, mal der Sache auf den Grund zu gehen? Ich meine, Ihr seid doch Berliner und habt dort sicher auch Zugang zu entsprechenden Archiven. Ansatzpunkte habt Ihr ja nun genug.
Gruß Falk