Hallo,
Die Verarmung des Landadels und die Verschuldung der Güter ist ein Phänomen der Industrialisierung und den damit verbundenen gesellschaftlichen Umbrüchen. Praktisch trat diese Erscheinung großflächig beginnend im 19.Jahrhundert auf und nicht nur in Deutschland.
Das Problem war, daß die Fabrikanten in der Industrie und besonders die Bankiere riesige Profite erwirtschaften konnten, die mit der damaligen manuellen Landwirtschaft niemals erzielbar waren. Den luxeriösen Lebensstil, den das Großbürgertum seinerzeits praktizieren konnte und von dem die riesigen Fabrikantenvillen aus der Zeit um 1900 zeugen, konnte sich der Adel eigentlich nicht leisten. Um trotzdem gesellschaftlich mithalten zu können wurde die Landbevölkerung extrem ausgebeutet und Kredite auf die eigenen Landgüter aufgenommen.
Die Folge war eine einsetzende Landflucht, daß heist die Landarbeiter gingen lieber in die Stadt, wo sie zwar auch ausgebeutet wurden, aber nicht so extrem wie in den Gütern. Der Landadel verarmte durch die Zinsen der Kredite sehr schnell, so daß die meisten Güter an vermögende Bürger verkauft werden mussten. In manchen Gegenden Deutschlands gab es schon nach 1900 keine Güter mehr, die im Besitz der alteigensessenen Familie waren. Die Rittergüter entwickelten sich immer mehr zu Sachen, die man versuchte billig zu kaufen und etwas teuerer weiterzuverkaufen.
Diese Prozesse vollzogen sich in stark industrialisierten Gegenden schneller als als im ostelbischen Raum oder gar Ostpreußen, waren aber überall anzutreffen. Viele soziale Spannungen zur Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik wie auch die Auswanderungswellen nach Übersee haben da eine ihrer Ursachen.
Viele Grüße
Franz