Mit welcher Motivation....

[waldi44]

....gingen junge Männer freiweillig zu den bewaffneten Organen der SBZ und der DDR?
Zu meiner Zeit gabe es verschiedene  Gründe: Interesse an allem Militärischem, Interesse an der Technik (Fahrzeuge/Waffen), Hoffnung auf sozialen Aufstieg/Anerkennung(weil man zB. studieren wollte), weil man vom Sozialismus und seiner Verteidigungswürdigkeit überzeugt war (gaben ohnehin fast alle vor ).
Warum aber ging man zwischen 1945 und 1949 zu den bewaffneten Organen, der kasernierten VP zB.? Alles Antifaschisten?
Die meisten Väter dieser "neuen" Soldaten hatten noch wenige Monate/Jahre zuvor die neuen Dienstherren bis auf's Blut bekämpft. Warum also dienten sie ihnen, dienten sie sich ihnen an?

[Balsi]

sicherer Lohn? Weil sie nix anderes konnten, bzw. das Soldatenhandwerk besonders gut...?

[waldi44]

sicherer Lohn? Weil sie nix anderes konnten, bzw. das Soldatenhandwerk besonders gut...?

Das galt dann  für die zwischen 45 und 49!? Hab aber genau für diese Zeit auch gehört: Zu faul zum Arbeiten (Zeit des Wiederaufbaus). Das "Argumet" aber wird immer wieder  für Berufs-/Zeitsoldaten aller Zeiten benutzt - stimmt aber nicht, wie ich meine.

[adrian]

Hallo Waldi,

wer in der Nachkriegszeit in den Städten lebte, der war mit Hunger und Mangel vertraut.
Die allerdings den Krieg und auch die Gefangenschaft überlebt hatten, kamen wohl eher nicht auf die Idee,
wieder eine Waffe in die Hand zu nehmen, außer vielleicht Offiziere, die ja selbst in der Gefangenschaft anders behandelt wurden,
als die einzelnen Soldaten oder Unteroffiziere. Ich kann mir vorstellen, dass viele wegen einer gesicherten Versorgung
diesen Schritt taten. Vielleicht ist einer in diesem Forum, der uns da Genaueres sagen kann.
Ein heißes und interessantes Thema.

Gruß
Werner

[waldi44]

Mich würde ja wirklich interessieren, wieviele in etwa tatsächlich  aus Ãœberzeugung "dienten", also den neuen Staat, der ja erst 1949 entstand gegen die "westlichen Kriegstreiber und Neonazis, die Revangisten und Knechte des Kapitals, den Bütteln des US Imperialismus usw usw" verteidigen wollten. Konträrer konnten die beiden Armeen: Wehrmacht und NVA und ihre Vorgänger weltanschaulisch nicht sein, wenn sich auch gleichzeitig eine veblüffende Ähnlichkeit zeigte, die sich nicht nur in der Uniform zeigte und oft nur auf das Hackenknallen verzichtete.

[Jan-Hendrik]

onträrer konnten die beiden Armeen: Wehrmacht und NVA und ihre Vorgänger weltanschaulisch nicht sein,

*räusper*

Die waren sich weltanschaulich wesentlich ähnlicher als sich die Meisten vorstellen könnten 

Jan-Hendrik

[waldi44]

Wie ich schon schrieb, gab es reichlich Parallelen- bei der Uniform angefangen bis zum Exerzierschritt (Stechschritt). Ich will das nicht philosophisch auswalzen, kann man, wenn man will ausgoogln .
Aber man sollte sich hüten, wieder einmal Äpfel mit Birnen zu vergleichen, wie manche das gerne mit dem 3. Reich und der DDR taten und noch immer tun.
Mal sehen, ob sich doch noch jemand meldet, der um die Motivation der Polizisten und Soldaten von damals weiss. Immerhi gab es keine Wehrpflicht und keine Dienstverplichtung. Verhielt es sich so wie mit dem berühmten neuen Lehrer, der zwar Blume mit "h" schrieb, aber das Herz links trug und das meine ich nicht anatomisch ?

[Jan-Hendrik]

Die NVA entstand ja nicht aus dem "nichts"...und es gab genug Leute, die abseits aller Politk die Armee als eine Art "Heimat" betrachteten, und denen die sog. "Weltanschauung" ziemlich schnurz am A....vorbeiging. Zumal der Anteil an Parteigläubigen in der Anfangszeit wohl sehr gering gewesen sein dürfte 

Jan-Hendrik

[waldi44]

Gab es da nicht etwas ähnliches in der französischen Fremdenlegion? Nur wurde dort im Interesse des Waffendienstes alles vergeben und vergessen.
Aber ich glaube dennoch, es gab einen Unterschied und ich hoffe noch immer auf gewisse Äusserungen und Hinweise zum Thema. Die NVA war nicht die Nachfolgeorganistioon der Wehrmacht und auch nicht gleichzusetzen mit der französischen Fremdenlegion. Was aber war sie denn?

[waldi44]

Tja bleibt also nicht viel an Motivation übrig:
Materielle Sicherheit, Moskauhörigkeit und Arbeitsscheu.
Wirklich?

[Ronny22]

Die NVA war nicht die Nachfolgeorganistioon der Wehrmacht.......

Erst kam die "Kasernierte Volkspolizei".........muss mal Großvatern fragen, er diente als Wehrpflichtiger bei dem Haufen. 

[IM]

Erst kam die "Kasernierte Volkspolizei".........muss mal Großvatern fragen, er diente als Wehrpflichtiger bei dem Haufen.

Wehrpflicht gab es damals noch nicht.

[waldi44]

So sehr viel kam bisher aber noch nicht ! Sollte sich die Motivation der Leute damals tatsächlich nur aus der Hoffnung auf eine warme Mahlzeit und ein arbeitsfreies Leben zusammengesetzt haben ?

[Mario]

Kollege von mir, jetzt schon pensioniert, sagte mir mal, als wir uns in "Wendenächten" darüber unterhielten, wir jeder von uns zur Polizei gekommen ist, folgendes:
" Im April 45 hab ich als HJler mit der Panzerfaust die Russenpanzer jejagt. Dann war der Krieg aus und wir hatten alle Hunger. Gelernt hatte ich nichts, außer Schüler und ebend Waffenkunde. Als dann die Polizei wieder aufgebaut wurde, wurden Leute gesucht, die "unbelastet" waren, und als einfache Hitlerjungs waren wir das. Unsere Fähnlein und Bannführer und noch weiter höher, die ham se am A.... gekriegt.
Also bin ich aufs örtliche Polizeirevier, war gerade 18 geworden, und hab mich gemeldet. Der Wachtmeister, fats genauso neu im Dienst, aber alter Antifaschist, ließ mich Platz nehmen, gab mir Blatt und Stift, diktierte mir ein paar Sätze und ein paar Mathematikaufgaben. Nachdem er die Ergebnisse durchgelesen hatte, gab er mir die Hand und sagt:`Morgen früh um 6 Dienstbeginn !` So wurde ich Volkspolizist !"
Ergo: Man hatte Hunger und als Volkspolizist erhielt man, wenn ich richtig liege, Schwerarbeiterkarte. Für nen 18jährigen ne ordentliche Stulle mehr auffm Teller !!! 
Neben der "Liebe zum Soldaten und Waffenhandwerk" eben auch materielle Anreize!

In diesem Sinne
Tschaudi

[Niwre]

Noch eine Variante findet sich in der letzten Ausgabe von (Erzählen ist Erinnern, Band 99):

Karl suchte sich so schnell wie möglich eine Lehrstelle und unterstützte seine Mutter und Geschwister. Weil er seinen erlernten Beruf als Bäcker nicht ausüben durfte, ging er zur Volkspolizei in Sachsen. Nach seiner Ausbildung dort wurde er aber nicht als Polizist eingesetzt, sondern zum Panzerfahrer weitergebildet. Karl merkte, dass er einer illegalen, neu aufgestellten Militäreinheit angehörte. Als er darauf bestand, vertragsgemäß als Polizist eingesetzt zu werden, wurde er festgenommen und zu drei Jahren Haft verurteilt. Während dieser Zeit wurde er gefoltert und misshandelt. Weil er auch nach seiner Entlassung weiter von der Staatssicherheit beobachtet wurde, floh er 1954 mit seiner Frau, deren Mutter und zwei Kindern in den Westen.

Ist natürlich eigenes Erleben und Erinnern und daher auch so zu werten.