Autor Thema: Anfang WK I  (Gelesen 18067 mal)

Nomen Nescio

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Re:Anfang WK I
« Antwort #30 am: 21.12.09 (20:47) »
Bismarck sagte nicht umsonst

Die Politik ist keine Wissenschaft, die man lernen kann. Sie ist eine Kunst, und wer sie nicht kann, der bleibt besser davon.
und
Politik ist die Kunst des Möglichen.

Nomen Nescio

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Re:Anfang WK I
« Antwort #31 am: 26.12.09 (16:12) »
Ich fand eine Note von Oberst House, Hauptberater vom Präsidenten Wilson

Zitat
Colonel E.M. House, chief advisor to President Woodrow Wilson, was sent by the President in the Spring of 1914 to evaluate the situation in Europe. A portion of his report is below.

The situation is extraordinary. It is militarism run stark mad. Unless someone acting for you can bring about a different understanding, there is some day to be an awful cataclysm. No one in Europe can do it. There is too much hatred, too many jealousies. Whenever England consents, France and Russia will close in on Germany and Austria. England does not want Germany wholly crushed, for she would then have to reckon alone with her ancient enemy, Russia; but if Germany insists upon an ever increasing navy, then England will have no choice. The best chance for peace is an understanding between England and Germany in regard to naval armaments and yet there is some disadvantage to us by these two getting too close.

Dieser Mann gibt also Tirpitz Pläne und Flottengesetze die Schuld.

Wikipedia sagt dazu
Zitat
In Anbetracht der Tatsache, dass der Neuerwerb von Kolonien in einer weitestgehend „verteilten“ Welt kaum gewaltfrei und vermutlich nur gegen die Interessen der größten Seemacht Großbritannien geschehen könnte, wurde der Ausbau der deutschen Schlachtflotte systematisch vorangetrieben. Grundlage für das Flottenbauprogramm war der so genannte „Risikogedanke“. Diese Doktrin besagte, dass die deutsche Flotte so groß sein müsse, dass ein Kampf gegen sie die Seemachtstellung Großbritanniens erschüttern würde und damit zu riskant für die Briten sei oder sie zumindest bündnisbereit machen würde, um eine Koalition Deutschlands mit anderen mittleren Seemächten zu verhindern („Bündnisfähigkeit“).
Daß ggfs die Briten selbst Verbündete suchen würden....

Es ist interessant darauf zu weisen, daß Bismarck nicht interessiert war in Kolonien. Erst seine Nachfolger wurden das.

Nomen Nescio

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Re:Anfang WK I
« Antwort #32 am: 19.02.10 (14:53) »
Ich fand bei Wikipedia ein Zitat von Bethmann Hollweg.
Zitat
Mit dem Schwert rasseln, ohne dass die Ehre, die Sicherheit und die Zukunft des Landes bedroht sind, ist nicht nur tollkühn, sondern verbrecherisch.
Dieses Zitat hat auch jetzt seine Gültigkeit nicht verloren (Bush !!!).

Eigentlich suchte ich nach dem englischen Außenminister Grey. Denn ich kann die Gründe nicht finden für seine Abneigung gegen die Deutschen. Hab sie noch nicht finden können. Vllt kann einer mich helfen.

Was jedenfalls nicht stimmt ist dieses Wikizitat
Zitat
Greys Versuche, die in der Julikrise 1914 zutage getretenen Spannungen auf diplomatischem Wege beizulegen (Vorschlag einer erneuten Konferenz der europäischen Außenminister in London), scheiterten dann aber.
Er hat alles halbherzig getan und hatte außerdem noch eine geheime Agenda, worin stand Krieg mit Frankreich und Rußland gegen Deutschland.
So lange er Außenminister war, hat er heimlich gegen Deutschland konspiriert und geeifert.

Nomen Nescio

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Re:Anfang WK I
« Antwort #33 am: 19.02.10 (16:11) »
Wiki englisch hat etwas erwähnt, daß ich weiter nicht bestätigt finde

Zitat
Grey would later date his first suspicions of future Anglo-German disagreements to his early days in office after Germany sought commercial concessions from Britain in the Ottoman Empire in return for support for the British position in Egypt. It was the abrupt and rough peremtoriness of the German action that gave me an unpleasant impression; not, he added, that the German position was at all unreasonable, rather that the method... was not that of a friend.[2] With hindsight, he argued in his memoirs, the whole policy of the years from 1886 to 1904 [might] be criticized as having played into the hands of Germany.
...
As early as 13 December 1905 Grey had assured the Russian Ambassador Count Alexander Benckendorff that he supported the idea of an agreement with Russia.[10] Negotiations began soon after the arrival of Sir Arthur Nicolson the new British Ambassador in June 1906. In contrast with the previous Conservative government that had seen Russia as a potential threat to the empire, Grey's intention was to re-establish Russia as a factor in European politics[11] on the side of France and Great Britain in order to maintain a balance of power in Europe
...
Following the declaration of World War I Grey found that British foreign policy was constrained by mainly military events that were outside his control.
Die letzte Zeile ist natürlich eine Lüge. Er hat Jahre lang gearbeitet an Krieg gegen Deutschland !!!

SIEGMAR

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Re:Anfang WK I
« Antwort #34 am: 24.02.10 (01:27) »
 8) 8) 8)

Wie gesagt ich verteidige und verehre Bismarck immer noch.
Nur Otto von Bismarck war jahrelang in frankreich und rußland persönlich als Diplomat unterwegs. Er hatte eine ganze Reihe von persönlichen Kontakten und Freundschaften geschlossen, auch aufgrund seines Charakters und seiner Art (er hatte einen Ruf als Trinkfester Nichtpazifist, als draufgängerischer Raufbold und haudegen (man denke mal an 1848)), so daß er sich auf jedem Parkett bewegen konnte.
Diese Kontakte aber und das Vertrauen, das seine Freunde und Bekannten in Europa in ihn setzten, und deretwegen sie ja überhaupt erst Verträge geschlossen hatten, die nur eingelöst werden konnten, wenn es einen starken deutschen Kanzler gab, konnten von einem anderen Kanzler gar nicht mehr aufrechterhalten werden.




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Nomen Nescio

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Re:Anfang WK I
« Antwort #35 am: 06.03.10 (19:31) »
Anderswo habe ich die nachfolgenden Beiträge bereits publiziert. Weil Schultze-Rhonhof aber auch über die Entstehung von WK I schreibt, muß ich sie hier bereits einstellen. Obwohl ich den Beiträge noch ausbreiten wollte.
Bis jetzt ist nur das Teil Frankreich fertig.

In seinem Buch «De andere waarheid - Een andere visie op het ontstaan van de Eerste Wereldoorlog» (Die andere Wahrheit - Eine andere Vision auf die Ursache des Ersten Weltkrieges) nennt J.H.J. Andriessen Namen. mit vielen Fußnoten versehen, macht er klar, warum er gerade bestimmte Personen als Hauptaktoren in der Entstehung von WK I sieht.

Es wird mir mehrere Beiträge kosten, aber es beginnt um 1880. Es dauerte fast zehn Jahre, bevor die Franzosen den Schock überwunden hatten, den der Krieg 1870-1871 ihnen zugebracht hatte. Das dürfte nie mehr passieren !!
Darum begannen sie um 1880 sehr starke Festungen zu bauen an der deutschen Grenze entlang.
Frankreich war durch Bismarck politisch isoliert. Darum hat das französische Außenministerium alles mögliche getan, diese Isolierung aufzuheben.

Das Endresultat wurde die Entente + Italien dazu.

Andriessen nennt bei der Entente als Hauptschuldigen:
Poincaré (1912 Minister-Präsident und 1913 Präsident), Iswolski (russ. Botschafter in Paris), Sazonov (russ. Außenminister), Grey (engl. Außenminster), Delcassé (zuerst von 1998-1905 franz. Außenminister; von März 1913 bis Januar 1914 Botschafter in St. Petersburg) und Palélologue (zuerst ein wichtiger Beamte im franz. Außenministerium; ab Januar 1914 Botschafter in Rußland).

Obwohl Poincaré erst spät zu der Kreis dieser «Auserwáhlten» zutrat, hat er jedenfalls die Vorbereitungen deutlich gefordert.

Nomen Nescio

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Re:Anfang WK I
« Antwort #36 am: 06.03.10 (19:34) »
Laß mich mal zuerst mit Frankreich beginnen. Was hatte Andriessen in seinem Buch "De andere waarheid - Een andere visie op het ontstaan van de Eerste Wereldoorlog" über Frankreich zu sagen??

Wohlan, nachdem Frankreich sich rund 1880 von dem Schock des Krieges 1870-1871 erholt hatte, begann es also eine Festungsgürtel der deutschen Grenze entlang zu bauen. Der Zugang zu Frankreich wurde dadurch hermetisch verschlossen. Als der Festungsbau um 1887 fertig war, begann sich ein Wandel im französischen Denken zu vollziehen. Man begann statt defensiv jetzt offensiv zu denken. Angriff wurde das Credo, und alles was an Verteidigung erinnerte, wurde verketzert. Das Heer machte sich zum Kampf bereit.
Das auswärtige Amt leistete dabei großartiges. Es wollte die Isolierung Bismarcks rückgängig machen.
Die erste Möglichkeit kam also, als der Rückversicherungsvertrag Deutschland-Rußland nicht verlängert wurde. Der französische General Boisdeffre wurde 1890 nach Rußland geschickt um zu reden über französisch-russische militärische Zusammenarbeit. Rußland sah da zwei Vorteile: 1. eine Fürsprache für Rußlands Schwarze Seeflotte um endlich Zugang zum Mittelmeer zu bekommen und 2. die Probleme, die Rußland mit GB hatte, machte ein Bündnis mit Frankreich verlockend.

1891 besuchte der russischen Außenminister Paris. Da wurde ihm das Konzept eines Vertrages von General Mirabel gezeigt.
Die Essenz dieses Konzeptes (und des endgültigen Vertrages) waren die Artikel 2 und 3. Die schrieben vor, daß wenn nur eines der Mitglieder der Triple Allianz (Deutschland, Ö-U und Italien) mobilisieren würde, dies für Frankreich und Rußland bedeutete, daß Deutschland sofort angegriffen würde. Auch wenn Deutschland nicht mobilisiert hätte.
Der Vertrag wurde unterzeichnet durch die Generäle Boisdeffre (F) und Obruchev (R). Als es beim Zar kam, zauderte der. Denn wenn der Inhalt des Vertrages bekannt würde, würden die guten Beziehungen mit Deutschland plötzlich sehr stark unter Druck kommen. Er stellte darum als Bedingung, daß nur dem Minister-Präsidenten und dem Präsidenten Frankreichs der Inhalt mitgeteilt würde. Frankreich stimmte zu, und am 17. August 1892 unterzeichnete der Zar. Erst als Außenminister Giers am 27. Dezember 1893 unterzeichnet hatte, war der Vertrag gültig.
Die Forderung des Zaren hatte zu Folge, daß das französische Parlament ahnungslos blieb; übrigens auch viele Minister.

Eine Folge davon war u.a. daß jährlich die Generalstäbe tagten. Die Anzahl der Russische Soldaten, die bereit stehen würde für den Angriff betrug 800.000 Personen. Um das zu ermöglichen hatte Rußland heimlich Truppen aus Sibirien nach Europa gebracht und das Europäische Heer verstärkt.

Die Furcht des Zaren, daß der Inhalt des Vertrages bekannt würde, war übrigens ziemlich übertrieben. Denn, wie Paléologue sagte, "alles was nicht publiziert wurde, ist geheim". Außerdem konnte das Parlament dem Außenminister kaum Schwierigkeiten bereiten. Der Außenminister brauchte laut Grundgesetzes nur Fragen zu beantworten als sie durch eine Mehrheit des Parlaments unterstützt wurden. Und auch dann noch konnte er auf seine Geheimhaltungspflicht verweisen.

So wurde es 1898, als Delcassé die Bühne betrat. Eher als Minister für Kolonien zeigte Delcassé sich schon sehr expansionistisch, der strebte nach Ausbreitung des Französischen Gebietes in Übersee. Den französischen-russischen Vertrag sah er als eine "conditio sine qua non" für die Verstärkung der Position Frankreichs in der Welt. Er wurde im Ministerium stark unterstützt durch Paléologe.
Anfang des 20. Jhdts, als Tirpitz Flottenbaupläne GB besorgt gemacht hatten, kam es zu eine Annäherung zwischen F und GB. Delcassé triumphierte, als er 1904 mehrere Verträge mit GB abschließen konnte. Die Entente Cordiale war eine Tatsache.

Eine besondere Leistung war zuerst 1900 das loslösen von Italien aus der Triple Allianz, was 1902 verstärkt wurde durch einen geheimen Vertrag, worin Italien versprach neutral zu bleiben. Weder Deutschland noch Österreich bekamen davon eine Mitteilung.  In Gegenteil, Italien verlängerte den Triple Allianzvertrag mehrere Male. Das letzte Mal am 5. Dezember 1912.

Und dann namen die Pläne plötzlich sehr rasch konkrete Formen an, denn Poincaré betrat die Bühne. War er 1912 noch Minister-Präsident, 1913, als Präsident, hatte er noch mehr Möglichkeiten sein Ziel anzustreben: Krieg mit Deutschland.
Hatte Frankreich zuvor unzählige Summen Geld an Rußland geliehen, jetzt "bat" Poincaré bei dem russischen Botschafter Iswolski um Geld. Das brauchte er, um französische Zeitungen zu kaufen, sodaß sie fortan nicht mehr neutral berichten würden.

Nomen Nescio

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Re:Anfang WK I
« Antwort #37 am: 06.03.10 (19:36) »
Laß ich etwas vorgreifen: bestimmte verantwortlichen serbischen Personen wußten von den geplanten Anschlag und haben nichts dagegen getan. Das kommt noch später.

Als Poincaré Präsident geworden war, schickte der russ. Botschafter Iswolski bereits zwei Wochen später eine Nachricht nach Moskau, worin u.a. stand, daß Poincaré die Meinung des französischen Volkes versuchte zu beeinflussen, sodaß es bereit wäre ein Krieg wegen des Balkans zu führen.

Es gab eine Schwierigkeit: Außenminister Grey (GB) hatte deutlich gemacht, daß GB nie im Krieg mit Deutschland käme, falls Frankreich als erster angreifen würde. Als das Joffre gesagt wurde, gab er sein Heer Auftrag sich 10 Km von der belgischen Grenze zurückzuziehen. Damit konnte Frankreich die Unschuld spielen.

Zitat
25. 7.  Serbien geht auf das Ultimatum weitgehend ein, mobilisiert aber zugleich seine Armee. Österreich-Ungarn reagiert mit einer Teilmobilmachung und bricht die diplomatischen Beziehungen zu Serbien ab. Der russische Kronrat beschließt, Serbien zu unterstützen.
Chronik 1914

Alles geht sprunghaft schneller. Rußland mobilisiert am 29 Juli zum Teil und am 30 Juli folgt eine Generalmobilmachung.
Als Wilhelm II durch einen Spion ein russisches Mobilisationsplakat sieht, weiß er, daß Deutschland jetzt auch mobilisieren muß. Am 1. August folgt in Deutschland die Generalmobilmachung und wird Rußland den Krieg erklärt.

Am 2. August werden vereinzelt Deutsche Soldaten auf französische Boden gesehen. Offiziell mobilisierte Frankreich also am 2. August 1914. Präsident Poincaré teilte dem Parlament aber bereits am 4. August mit, daß das mobilisierte Heer kampfbereit war. Weil eine französische Mobilisation mindestens 10 Tage kostete, muß F also um 25 Juli, als Serbien mobilisierte, auch mobilisiert haben.

Als Poincaré Präsident wurde, hat er, zusammen mit einigen Vertrauten (insbesondere Delcassé und Palélologue), das äußerste getan um einen Krieg zu entfachen.
Er wußte, daß die Achillesferse den Balkan war. Das agressive Serbien wollte Teile von Ö-U haben. Das bedeutete, daß es unweigerlich einmal soweit kommen würde, daß Ö-U mobilisierte. Frankreich gab Rußland auch einen Blankoscheck, hier bezüglich Unterstützung Serbiens.

Auch wenn Poincaré es in seinen Memoiren verneint, eine Anzahl seiner nächsten Mitarbeiter hat nach dem Kriege erklärt, daß sie Poincaré völlig verantwortlich achten für das Entstehen von WK I. Das sind: Stephe Pichon (franz. Außenminister 1906-1911); Paul Deschanel (franz. Abgeordnete); Paul und Jules Cambon (franz. Botschafter in London c.q. Berlin); und Adolph Messiny (franz. Kriegsminister in 1914).

Der amerikanischen Senator R.L. Owen schrieb in seinem Buch «The Russian Imperial conspiracy 1892-1914»
Zitat
The obligations of France under  the Russian alliance were not even allowed to come up for debate for the Chamber of Deputies. Hence the responsability of France means the responsability of Poincaré and a half dozen trusted lieutenants.
...
While it was the Russian mobilization which actually precipated the World war, France is as responsible as Russia because Poincaré gave the initial encouragement to Russian aggression on his St. Petersburg visit and confirmed this attitude by his decision on the night of Juli 29th to support the Russian mobilization plans.

Der Historiker John S. Ewart untersuchte in seinem Buch «Roots and Causes of the War 1914-1918» die Gründe von Frankreichs teilnehmen am Kriege:
1. Frankreich war weder interessiert in Serbien, noch in Problemen zwischen Ö-U und Serbien.
2. Treu am Verbund mit Rußland war auch nicht Frankreichs Motiv. Dafür hätte Frankreich nicht einen Krieg riskiert.
3. Frankreich wollte Krieg, weil es meinte, daß das Augenblick der Revanche gekommen war. Weil es militärisch fertig war und weil es davon überzeugt war, daß Deutschland in der Zukunft ständig ein ernst zu nehmen Gegner wäre, wenn ihre Position als große Macht nicht vernichtet würde.

Zusammen mit Rußland und GB dachte Frankreich dieses Ziel in kurze Zeit zu erreichen. Mit anderen Worten: Frankreich begab sich nur aus Eigennutz im Kriege und ist nur aus Eigeninteresse zielstrebig auf Kollisionskurs gegangen. Es ist dadurch ohne Zweifel mitverantwortlich für die Entstehung dieses entsetzlichen Krieges.

SIEGMAR

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Re:Anfang WK I
« Antwort #38 am: 07.03.10 (03:41) »
 8) 8) 8)

Nomen, guten Arbeit.
Ich gebe zu, das der WK I  In den letzten Jahren bei mir ein wenig zu kurz kommt. Und da ich das Handeln der franzen im Großen und Ganzen halbwegs beurteilen zu können glaube, lese ich kaum noch was über deren Motive. Deine Ausführungen machen mir da allerdings wieder Appetit, denn ich kenne zwar halbwegs die Grundmotive, aber in dieser Breite ist das schon interessant.


Ich wage es ja kaum zu fragen1
Für mich ist natürlich der wirtschaftliche Hintergrund, vor allem der angloamerikaner, der Hauptgrund für den Krieg. Und wie in den usa üblich, zumindest hin und wieder, denn zum 11.September und den folgenden Konflikten wird das wohl noch dauerrn, gab es nach 1918 einen Untersuchungsausschuß. Und in dem wurde, wenn ich mich nicht irre, ja ausführlichst dargestellt, wie große Wirtschaftsunternehmen aktiv auf diesen Krieg hingearbeitet haben. Kennst Du das ebenfalls?
Leider wird in diesen Bericht, wenn ich mich nicht irre, aber nicht auf die allgemeine Schuld hingewiesen (da sich vor allem die engländer durch Deutschlands Wirtschaft bedroht sahen), sondern das ganze eher auf Wirtschaftsführer abgewälzt.

.

wal

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Re:Anfang WK I
« Antwort #39 am: 07.03.10 (09:38) »
Ich habe irgendwo gelesen, wie war die Kriegserklaerung. Deutsche Botschaft hat Russen ein Ultimatum gestelllt und zwei Briefen zu Russische Regierung vorbereitet . Einen Brief wenn Russen das Deutsche  Ultimatum annehmen, anderen, wenn andersherum. Die Russen haben das Ultimatum abgelehnt, aber wegen grosse Anregung der Deutsche Botschafter gab dem Russischen Kollege den falschen Brief. Dort war auch Kriegserklaerung.

Nomen Nescio

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Re:Anfang WK I
« Antwort #40 am: 15.03.10 (11:43) »
Wieder nehme ich das Buch von Andriessen «Een andere waarheid». Jetzt um zu schauen was er über Großbritannien schreibt.

Laß ich zuerst etwas bemerkenswertes erwähnen. Sucht man bei Wiki Englisch oder Deutsch nach «Sir Edward Grey», dan wird da ein Bild gezeigt, das nicht wahr sein kann. Viele Quellen bezeugen das. Liest man bei der niederländischen Wikiseite, dann wird da ein komplett anderes Bild gezeigt von Grey: der durchtriebene Mann, der heimlich eine stark anti-deutsche Politik betrieb.
Liest man bei Wiki französisch, dann sind es zwar nur drei Absätze, aber findet man da eine Zeile, die ungemein interessant ist
Zitat
Malgré son manque de connaissances en diplomatie et langues étrangères, Edward Grey fut un Foreign Secretary plutôt compétent...
. Frei übersetzt steht da «Obwohl Grey kein Diplomat war und keine Fremdsprachen beherrschte, war er dennoch ein sehr kompetenter Außenminister...».
Der Leser darf selbst urteilen.

Der Tod von Königin Victoria war eine Wasserscheide in der Politik Großbritanniens. Wilhelm II war ihr beliebteste Enkelkind und Prinz Albert war ja selbst deutscher Herkunft. Sie hatte nicht wirklich Grund um sich anti-deutsch zu fühlen.
Ihr Sohn Edward hatte dagegen seine eigene Gedanken über Deutschland und Wilhelm II. Und war daneben auch noch francophil. Öfter hat er Frankreich besucht.
Ein Bewunderer von König Edward war Sir Edward Grey, Mitglied der Liberalen Partei, und Mitglied des Parlamentes. Daneben hatte Grey noch eine andere Eigenschaft: er war leidenschaftlich anti-deutsch. 1895 schrieb er über Deutschland, daß es war
Zitat
Great Britains worst enemy and greatest danger. I do not doubt that there are Germans well disposed to us but they are a minority and the majority dislike us so intensely that the friendship of their Emperor or their Goverment cannot be really useful to us
Quelle: Steiner, Zara S. Britain and the Origins of the First World War (1991), Seite 40
Aber auch Wiki sagt für den guten Versteher noch was wichtiges
Zitat
Während des Burenkrieges (1899-1902), als die Liberalen sich in einen pazifistischen und einen imperialistischen Flügel spalteten, stellte Grey sich auf die Seite der Imperialisten um Rosebery und Herbert Henry Asquith.
Quelle: Edward Grey ? Wikipedia

Diese beiden Zitaten zeigen ein Bild von Grey, daß man sich merken muß.

Grey befürwortete Annäherung an Frankreich und war dann auch erfreut über die Verträge, die 1904 geschlossen wurden. Er drängte auf Erweiterung (militärische???). Aber nicht nur Grey dachte so, denn die Englische Regierung begann mit Frankreich geheime Besprechungen, für den Fall daß es Krieg gäbe mit Deutschland.
1905 bekam Grey seine Chance. Die konservative Regierung wurde abgelöst durch die Liberalen und Grey wurde Außenminister.  Fast das erste was Grey tat, war Kriegsminister Haldane auftragen die geheime Besprechungen mit Frankreich fortzusetzen.

Die obenerwähnte Zara Steiner sagte über Grey
Zitat
Grey misjudged situations. In all such situations Grey was conservative and insular. He was naive in military matters and did not anticipate the price to be paid for victory though he never conceded that the cost was too high.
M.a.W.: Er redete über militäre Sachen, obwohl er davon kaum was wußte. Hatte dadurch keine Ahnung, wieviel es kosten würde um einen Sieg zu erringen. Dennoch hat er nie zugegeben, daß der Preis zu hoch war.

Dieser Mann leitete seitdem Großbitanniens Politik, eine Politik die zum Ziel hatte Deutschlands «Expansion» (sic!) zu enden. Wenn nötig mit Waffengewalt.
De facto waren die geheime Besprechungen über Beistand wegen des neutralen Belgiens bereits eine Verletzung des Neutralitätsprinzip. Noch schlimmer war, daß Grey diese Besprechungen auch fürs Britischen Kabinet verschwieg, mit Ausnahme des Minister-Präsidents, die sie nach etwas zaudern billigte. Sowie Kriegsminister Haldane und einige Generäle und hohen Beamten.
Auch hier also eine sehr kleine Gruppe, die entschied wie die Zukunft gestaltet wurde.

Am 10. Januar 1906 tagten Haldane und der Generalstab. Ziemlich kurz danach behauptete Haldane  im englischen Unterhaus, daß ein «Expeditionary Force» notwendig war. Churchill und der spätere Minister-Präsident Lloyd George wollten gerade das militärische Budget kürzen und waren darum dagegen.
Am 25. Juni 1907 behauptete Haldane, der diese «British Expeditionary Force» notwendig achtte
Zitat
after all, we have certain treaty obligations wich might compell us to intervene on the continent
Obwohl hier und da noch gefragt wurde, erklärte man sich mit der Antwort zufrieden. So konnte es geschehen, daß, ohne daß das Parlament die wirklichen Gründe kannte, man begann mit dem Aufbau eines Heeres. Ein Heer, daß in Belgien oder Frankreich die Franzosen unterstützen mußte im Krieg gegen Deutschland.

Großbritanien begann damals auch militärische Besprechungen mit Belgien. Aus Belgiens Namen trat an General Ducarne, der die Lage aus Sicht Großbritanniens betrachtete. Er erklärte - auch wenn seine Regierung davon nichts wußte - daß, falls die Deutschen drei oder vier Divisionen bei Aachen zusammengebracht hätten, er angreifen würde.
Der britische General Grierson unterhandelte damals mit seinem belgischen Kollegen. Er versprach im Falle des Krieges ungefähr 100.000 Soldaten nach Belgien zu schicken.

NB Ich habe nirgendwo gefunden daß hier explizit Rede war von Verletzung der Belgischen Neutralität.

Der Belgischen Minister Faverau erklärte, daß belgische Truppen berechtigt waren die niederländische oder luxemburgische Grenze zu überschreiten, falls da fremde (lese: DEUTSCHE) Soldaten waren. Denn die waren da dann nur um sein Land anzugreifen.

Griersons Nachfolger, General Wilson (1910) erhöhte die Zahl auf 160.000. Als 1912 die Belgier wegen der internationalen Lage wankelmütig wurden, ließ Wilson Pläne entwerfen, wobei ggfs Briten in Belgien landeten ohne Zustimmung der Belgier.

Aber auch der französische Generalstab hatte Pläne entwickelt um in Belgien einzufallen. Bis kurz vorm Ausbrechen des Krieges wurde noch dem französischen Präsidenten Poincaré um Zustimmung gefragt.

Wenn man dies alles liest, ist die Verurteilung der Alliierten von Deutschland wegen «Verletzung der Neutralität Belgiens» wenigstens hypokrit. Und trotzdem hat gerade GB deshalb den Krieg erklärt.

Nomen Nescio

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Re:Anfang WK I
« Antwort #41 am: 15.03.10 (11:46) »
Grey strebte zuerst einen Vertrag mit Rußland nach. Zwar mußte er Konzessionen machen (Rußland bekam z.B. freie Hand im Balkan), aber damit erreichte er, daß am 31. Augustus 1907 ein Vertrag unterzeichnet wurde.

Grey hatte einen sehr starken Mitstreiter gefunden in General Wilson. Auch der darf als einer der Architekten der Entstehung von WK I betrachtet werden.
Seit er Aungust 1910 Direktor Militairy Operations wurde, war er der wichtigste Inspirator der französisch-britische militärische Zusammenarbeit. Nicht nur versuchte er dauernd seine politischen Vorgesetzte dafür zu warnen, daß GB sich vorbereiten mußte auf Krieg, daneben versuchte er die Britisch-Deutsche Beziehungen unter Druck zu setzen.
Deutlich sind diese Zitaten aus Caldwells Buch «Field Marshal Sir Henry Wilson - His life an diaries», Teil 1, Seite 107
Zitat
There is a sort of somnolence in the Office which annoys me, so I am preparing another bomb to see if I can wake things up. Grey’s speech (his statement of British policy in the House) was good. It will annoy the Germans and the British Radicals which is good.
1911 (Marokkokrise) tagten Wilson, Grey und Churchill. Sie vereinbarten sich auf Krieg vorzubereiten. Schon März 1911 waren Wilsons Pläne fertig, um die BEF nach Belgien oder Frankreich zu schicken. Währenddessen behauptete Grey im Parlament, daß GB keine einzige Verpflichtung Frankreich gegenüber hatte, was durch Wilson bestätigt wurde. Inzwischen aber sagte Wilson die Franzosen, daß die militärische Besprechungen «de facto» eine Britische Garantie waren zur aktiven Unterstützung. Am 20 Juni 1911 unterzeichnete er sogar ein Abkommen mit dem französischen General Dubail. Darin stand, daß GB nicht mit vier, sondern mit sechs Divisionen in Frankreich oder Belgien landen würde.
Während der 2. Marokkokrise schickte Wilson dem Französischen Generalstab ein Telegramm, als er hörte, daß Frankreich die Möglichkeiten eines bewaffneten Konflikts untersuchte:
Zitat
...it was vital that Germany should appear to be the responsible party. Should France to be the aggressor, public opinion would be divided and English intervention would find itself greatly retarded.
Seitdem begann Wilson beunruhigende Mitteilungen über die deutsche Kampfkraft auszustreuen.

Am 1. November 1911 fand eine Tagung des ganzen Britischen Kabinetts statt. Darin verneinten sowohl PM Asquith als Grey, daß England geheime Verträge mit Frankreich hatte. Als daraufhin mehrere Ministers es nicht glauben wollten, obwohl Asquit und Grey es sogar schworen, wurde eine neue Kabinettssitzung für den 15. November anberaumt. Es war fast eine Wiederholung vom 1. November. Nur forderten diesmal Ministers vom Minister-Präsidenten Asquith eine Erklärung, daß
Zitat
communications (with France) if related to concerted actions by land or sea, should nor be entered into without previous approval of the Cabinet.
Vorläufig waren die Regierungsmitglieder beruhigt, und Grey fuhr fort mit seiner geheimen Politik.

Zurück nach 1898. Am 1. April schlug der britischen Minister für Kolonien, Chamberlain, Deutschland Zusammenarbeit vor. Dies bedeutete u.a. daß GB Deutschland Hilfe leisten würde, falls Deutschland angegriffen würde; et vice versa. Chamberlain wollte damit die Russische Expansion in Asien beenden. Der damalige Reichskanzler Von Bülow wollte aber die scheinbar gute Beziehungen (ab 27. Dezember 1893 gab's bereits den Vertrag Frankreich-Rußland !!) nicht riskieren. Ganz ablehnen wollte er aber auch nicht, und so versuchte er eine Verzögerungstaktik. Darauf drohte Chamberlain ein Bündnis mit Frankreich und Rußland zu schließen. Von Bülow blieb aber abweisend, und ab jenem Moment trat eine Entfremdung ein.
1900 kam Tirpitz´ Flottengesetz. Tirpitz spielte mit der Gedanke Frankreich oder Rußland als Bundesgenosse zu kriegen. Das wieder würde bedeuten, daß evt. zwei Flotten zusammen GB bekriegen könnten. Rund 1903-1904 begann England sich Sorgen zu machen über diese Entwicklung. Daraufhin entschied man sich die «Two Power Standard» als Norm zu hantieren.
Und so begann die Spirale von Aktion und Gegenaktion.

Durch die britisch-französische Entente, das Konzentrieren der britschen Flotte in der Nordsee, aber besonders durch die Marokkokrise war Deutschland um so mehr davon überzeugt, daß es  eine starke Flotte brauchte. Dann kam das neueste, stärkste Schlachtschiff der Welt, der Dreadnought. Tirpitz begann deshalb neue Pläne zu machen um der Rückstand zu mindern.
Der Deutsche Reeder Ballin, Direktor der Hamburg-Amerika Linie, sah mit scheelen Blicken sah er die Verschlechterung der britisch-deutsche Beziehungen. Er bekam Zustimmung des Kaisers und des Reichskanzlers um zu versuchen ob er vermitteln konnte. Er ließ seinen Kollegen und Freund von König Edward, Sir Ernest Cassel, wissen, daß Deutschland bereit wäre zu  reden über eine Verringerung der Spannungen. Grey war nicht so erfreut über diese Mitteilung. Nach Beratung mit Haldane und Churchill verfaßte er ein Memorandum, worin die «Wünsche»von GB formuliert wurden:

1   Deutschland erkannte, daß Großbritannien zur See überlegen war
2   Deutschland sollte sich bereit erklären ihr Flottenprogramm nicht auszubreiten; besser wäre noch es zu mindern
3   Als Gegenleistung war GB bereit Deutschland zu unterstützen bei Deutschlands kolonialen Interesse.
4   GB war bereit ein Abkommen zu schließen, worin festgelegt würde, daß beide Länder nicht Teil nehmen würden an Kombinationen, die dem Partner feindlich gegenüber standen.

Reichskanzler Bethmann-Hollweg studierte das Memorandum, und antwortete darauf, daß er diese Punkte als Ausgangspunkt für Besprechungen akzeptieren konnte. Er wies aber auch darauf, daß die neue Flottengesetzen von 1912 schon in Behandlung waren.
Grey wurde offiziell eingeladen nach Berlin zu kommen. Er tat alles um daran nicht offiziell beteiligt zu sein. Und ließ via Cassel wissen, daß Deutschland die Flottengesetze, die noch  in Behandlung waren, modifizieren mußte. Die Antwort kam schnell und war positiv. Als Gegenleistung wurde dann von GB erwartet, daß es sich positiv Deutschland gegenüber verhalten würde und im Falle eines Krieges neutral bleiben sollte.
Diese Antwort gefiel Grey überhaupt nicht. Weil er aber unter Druck gesetzt wurde, schickte er schließlich Kriegsminister Haldane nach Berlin. Das Vorteil war, daß Haldane beteiligt war an die geheimen Pläne und außerdem geläufig Deutsch redete. Grey instruierte ihn aber
Zitat
there is no mquestion of entering into negotiations. We desire only to learn the intentions of the German Government and to inquire its plans for a naval program

Bevor Haldane nach Berlin geschickt wurde, hatte man zuerst die deutsche Antwort eingehend studiert. Ein wichtiges Detail war, daß Deutschland nicht nur über die Flottengesetze reden wollte, sondern auch über eine «Flottennovelle». Darin wurde geregelt, daß die Marine fortan das ganze Jahr parat wäre, statt wie zuvor, als das ungefähr sieben Monate betrug.
Churchill, Marineminister, schlug vor, daß Deutschland statt in sechs Jahre sein Programm in zwölf Jahre realisieren würde
Zitat
friendly relations would ensue and we, though I should be reluctant to bargain about it, could slow down
Mit dieser Richtlinie ging Haldane inoffiziell nach Berlin. Inoffiziell, denn Grey bestand darauf. Zu gleicher Zeit wurde in GB Haldanes Mission entgegengewirkt. Churchill hielt eine scharfe Rede in Glasgow, worüber ich leider weiter nichts finden konnte.

Haldanes Besuch hatte Erfolg, und er und der Reichskanzler arbeiteten an eine Formel, womit das Fundament gelegt wurde für ein politisches Übereinkommen. Haldane war davon überzeugt, daß er eine konstruktive Lösung gefunden hatte
Zitat
my work up to this point has been attended with a measure of succes that was neither foreseen nor attended
.
Haldanes Aussagen und sein Auftreten hatten in Berlin den Eindruck erweckt, daß er im Namen des britischen Kabinetts sprach. Einmal zurück in Berlin redete er sofort mit PM Asquith. Der sprach im englischen Unterhaus lobende Worte über die Begegnung. Und Haldane selbst hat öfter sich positiv geäußert. Deutschland aber wartete jetzt vergebens auf eine Englische Reaktion.
Grey aber weigerte die durch Haldane erreichte Erfolge zu honorieren. Er konnte ja nicht anders, denn er hatte doch mit Frankreich inoffizielle Verabredungen. Und die Neutralität währen wäre damit in krassem Gegensatz.
Darum drehte er alles, was Haldane erreicht hatte, zurück, und forderte von Deutschland konkrete Zusagen, daß es die Flottengesetze ändern würde.
Zwar war Deutschland sehr enttäuscht, aber schließlich stimmte es zu unter der Bedingung, daß GB das erreichte politische Abkommen anerkannte.
Wiederum weigerte Grey. Jetzt forderte er sogar, auf Vorschlag der Marineleitung, daß die Novelle überhaupt nicht ausgeführt werden sollte.
Es war deutlich, daß damit die Möglichkeit eines Akkordes verpaßt war. Am 10. April 1912 ließ Deutschland wissen, daß es von weiteren Besprechungen absah.
Offiziell hatte Deutschland die Besprechungen beendet. Die Schuld hatte aber eindeutig Grey.

Nomen Nescio

  • Gast
Re:Anfang WK I
« Antwort #42 am: 25.03.10 (22:44) »
Warum wagte ich es schon über Schuldzuweisung zu reden?
Weil es in allen Ländern nur eine kleine Gruppe Personen gab, die den Kurs Richtung Krieg entscheidend bestimmten. Und evt. Kursänderungen sabotierten.

Wir haben bereits gesehen, daß namentlich Poincaré und Grey insbesondere das Ihre getan haben um Krieg zu schüren.
Daß Grey Haldanes Übereinkunft nichtig erklärte, hätte Haldane im Voraus wissen können, denn Grey hatte vor vielen Jahren geschrieben
Zitat
If any (British) Government drags us back into the German net, I will oppose it openly at all costs

Laß mich darum das Kapitel GB beenden mit einem Zitat der britischen Wissenschaftler Frederick Cornwalls Coneybear, der Großbritanniens Politik 1922 in einem Brief zusammenfaßte mit
Zitat
Grey was doubtles as much of a hypocrite in the week before the war as he had been for eight years before that. We attacked Germany for three reasons:
1: To down her Navy before it got any larger,
2: To capture her Trade and
3: To take her Colonies.


1873 wurde das Dreikaiserabkommen zwischen Rußland, Deutschland und Ö-U geschlossen. Ziel war «Aufrechterhaltung des europäischen Friedens gegen alle Erschütterungen von welcher Seite sie auch kommen mögen" und legte fest daß die Partner im Falle eines Angriffs durch andere Mächte». Eigentlich schrieb das Pakt nur vor, einander zu konsultieren, falls es was Außerordentliches gab. Beistand müßte dann via eine besondere Abmachung geregelt werden.

Was waren aber eigentlich Rußlands Gründe und Ziele?
Erstens und letztens war es einen freien, unbehelligten Durchgang durch den Bosporus und die Dardanellen. Als Rußland den Krimkrieg verloren hatte, wurde es den Durchgang beim Pariser Frieden (1856) verboten. Ziemlich schnell danach jedoch begann Rußland slawischen Gruppen auf dem Balkan zu unterstützen. Denn hoffte dadurch letztlich den Durchgang doch zu bekommen.
Eine Folge davon war, daß 1876 im Herzegowina ein Aufstand gegen die Türkei kam. Auf sehr grausame Weise wurde der Aufstand (wobei sich inzwischen Bulgarien angeschlossen hatte) unterdrückt. Dieser Grausamkeiten wegen nahmen auch Serbien und Montenegro die Waffen auf. Als diese Staaten durch die Türkei geschlagen wurden, erklärte Rußland Anfang 1877 Türkei den Krieg. Rußland gewann und bei dem Frieden von 1878 bekam es Dobrudscha (Gegend zwischen dem niedrigsten Teil der Donau und dem Schwarzen Meer) und Bessarabien. Bulgarien würde fortan zwischen Donau und Ägäisches Meer liegen.

Dieser russische Erfolg gefiel weder GB noch Ö-U. Besonders GB war sehr kriegslüstern, denn es fühlte sich durch das vorwärts drängen von Rußland in Zentral-Asien bedroht. In Kongreß zu Berlin, wo Bismarck als «ehrlicher Makler» auftrat, wurde Rußland gezwungen auf den größten Teil seines Gewinns zu verzichten. Dobrudscha ging nach Rumänien; dafür blieb Bessarabien bei Rußland. Ö-U durfte die Türkische Provinzen Bonien und Herzegowina regieren. Die Türkei erhielt die Suzeränität. Bulgarien mußte große Teile seines «Gebiets» abtreten. Es grenzte nicht mehr am Meer, aber durfte die Provinz Ost-Rumelien behalten (grob gesagt Griechisch Makedonien); Serbien bekam ein großes Teil von Bulgarien; Thessalien ging nach Griechenland und GB bekam Zyprus.

Die Folgen davon waren groß:
* die Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland verschlechterten sich
* Rumänien grollte über den Verlust von Bessarabien
* Ö-U bekam große Schwierigkeiten mit der Besetzung von Bosnien-Herzegowina; das wurde bald einen Herd von nationalistischen Widerstand
* Bulgarien wehrte sich ziemlich schnell gegen die Bevormundung von Rußland
* Das Dreikeiserabkommen brach zusammen.

Bismarck realisierte sich, daß er die Rivalität zwischen Rußland und Ö-U nicht beenden konnte. Weil er fürchtete, daß Ö-U  sich an Frankreich wenden würde um die eigene politische und militärische Lage auszubessern, schloß er 1879 ein geheimes devensives Bündnis: der Zweibund.
Sie versprachen einander beiderseitige Hilfe, falls Rußland angreifen würde.
Der Dreikaiserbund war ein am 18. Juni 1881 abgeschlossenes geheimes Neutralitätsabkommen zwischen dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn und Russland. Es war ein Ersatz für das zusammengebrochene Dreikeiserabkommen.
Die Rivalität zwischen Rußland und Ö-U in dem Balkan ließ auch diesen Vertrag scheitern. Darum schloß Bismarck mit sowohl Österreich als auch mit Rußland bilateral Verträge. Der Pakt mit Rußland wurde ein geheimes Neutralitätsabkommen (1887).
Zitat
Am 18. Juni 1887 unterzeichneten Bismarck und der russische Außenminister Nikolai Karlowitsch de Giers ein auf drei Jahre befristetes Geheimabkommen. Im ersten Teil des Abkommens verpflichteten sich beide Parteien zu wohlwollender Neutralität im Kriegsfall, also auf ein Stillhalten, falls Russland unprovoziert von Österreich-Ungarn, Deutschland unprovoziert von Frankreich angegriffen werden würde. Davon ausgenommen waren ergo ein deutscher Angriffskrieg gegen Frankreich und ein russischer Angriffskrieg gegen Österreich-Ungarn. Weiterhin erkannte das Deutsche Reich die historischen Rechte Russlands auf dem Balkan, insbesondere in Bulgarien, an. Im zweiten Teil, dem „Ganz Geheimen Zusatzprotokoll“, sicherte das Deutsche Reich Russland moralische und diplomatische Unterstützung für den Fall zu, dass Russland es für nötig erachte, seinen Zugang zum Mittelmeer zu verteidigen.
...
Als Russland aufgrund der beschriebenen Vorteile 1890 auf eine Verlängerung des auslaufenden Vertrags drängte, weigerte sich das Deutsche Reich unter Wilhelm II. beharrlich. Selbst als Russland sich bereit erklärte, auf das „Ganz Geheime Zusatzprotokoll“ zu verzichten, behielt die deutsche Führung ihre Ansicht bei.
Czar Alexander sowie sein deutschfreundliche Außenminister wollten diesen Vertrag gerne haben.
Es ist m.E. der Fehler von Caprivi gewesen, sich nicht der Gefahr zu realisieren, daß Rußland dann frei war um mit jedem ein Pakt zu schließen. Evt. gegen Deutschland.


Richtschuetze

  • Gast
Re:Anfang WK I
« Antwort #43 am: 26.03.10 (06:35) »
@Nomen sehr interessant und schön das Du Dir die Mühe machst!

eine Frage zu:



Zitat
Schon März 1911 waren Wilsons Pläne fertig, um die BEF nach Belgien oder Frankreich zu schicken.

Sínd nicht in Belgien darauf bereits Munitionsdepots angelegt worden um die BEF versorgen zu können?


Gruss

Nomen Nescio

  • Gast
Re:Anfang WK I
« Antwort #44 am: 26.03.10 (11:48) »
Zitat
Schon März 1911 waren Wilsons Pläne fertig, um die BEF nach Belgien oder Frankreich zu schicken.
Sínd nicht in Belgien darauf bereits Munitionsdepots angelegt worden um die BEF versorgen zu können?
Richtschütze,

Ik kann nicht schnell den Namen der belgischen General finden. Aber General Wilson hatte mit Belgien geredet über Beistand (womit bereits die Neutralität Belgiens verletzt wurde). Es gab eine Verabredung mit einem belgischen General, der sofort zusagte, daß, falls in der Nähe von Aachen etwa vier oder mehr Divisionen zusammengezogen waren, daß er angreifen würde. Soweit ich herausfand, geschah diese Zusage ohne offizielles Mitwissen der belgischen Regierung. Es könnte natürlich ganz gut, daß im Rahmen dieser Verabredung solche Munitionsdepots angelegt wurden. Denn dann wären doch mindestens 100.000 britischen Soldaten in Belgien gelandet.

 

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