Autor Thema: "Sommer '39" Alltagsleben am Anfang der Katastrophe  (Gelesen 10649 mal)

Walter23

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Re:"Sommer '39" Alltagsleben am Anfang der Katastrophe
« Antwort #15 am: 01.08.09 (07:36) »
Moin

Ja - Geschichte aus "rein deterministischer" Sicht zu betrachten hilft nicht immer
wirklich dabei das/die Handeln/Befindlichkeiten der Menschen von damals zu
bewerten und damit letztlich darüber zu urteilen.


bzgl. der Humanität und der 'Lager' in verschiedenen Systemen
Humaner bedeutet ja nicht, dass das 'humanere Lager' ein schöner
Ort war. Da könnte man auch ein 'weniger Verbrecherisch' nehmen, was
für die davon Betroffenen in letzter Konsequenz an sich egal ist.
=>
Aus diesem Vergleich würde ich da eher die Frage ableiten, was von
dem Gulag-System in der UdSSR in der Welt überhaupt zu der Zeit
ans Licht kam. Auch herrschte in Europa ja alles andere als friedliche Stille...
Aber die Erörertung dieser Frage gehört vielleicht eher in ein eigenes Thema.

Bestens Grüß

Walter
« Letzte Änderung: 01.08.09 (08:35) von Walter23 »

waldi44

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Re:"Sommer '39" Alltagsleben am Anfang der Katastrophe
« Antwort #16 am: 01.08.09 (11:33) »
@ Waldi ... Du hast sehr wohl Recht. ... Nur kam diese Sicht bzw. diese Tatsachen/Wahrheiten nicht in den breiten Kreisen der deutschen Bevölkerung an, bzw. wurde (zum Teil gezielt oder wider besseren Wissens) "verdrängt".

Es ist nicht so daß mein obiger Beitrag das von Dir geschriebene "negieren" soll. ... Nur war eben 1938/39 die Wahrnehmung bzw. Befindlichkeit (eines Teils) der Bevölkerung auf "Friede, Freude, (Wohlstand), Eierkuchen" geschaltet. :'(

Genau das war es ja, was ich zu Beginn zum Ausdruck bringen wollte, bis ein gewisser Einwand mich zum weiter Ausholen zwang. Die meisten Leute damals und das schrieb ich ja auch, waren zufriden und sahen eher optimistisch in die Zukunft. Selbst die KdF Schiffe wurden erst im allerletzten Moment zurück gerufen. Wie du richtgig angemerkt hast: "Otto Normalverbraucher" lebte oder spielte zumindest "Heiel Welt" und für die meisten war sie ja auch heil, geörte man nicht gerade besagten "Randgruppen" an.
Dennoch meine ich, sollte man nicht verharmlosend auf die von mir erwähnten Ereignisse reagieren, nur weil noch viel schlimmeres folgen sollte. DAS wussten die Menschen 1939 ja auch nocht nicht, also war das Schlimmste, das jetzt passierende, von dem viele nichts wussten und viele nichts wissen wollten.
Da @logo das Beispiel DDR erwähnte, so kann man das Beispiel tatsächlich benutzen: Die meisten DDR Bürger störten sich an der Innerdeutschen Grenze, wussten oder ahnten um die Zustände in Bautzen oder Hoheneck. Wussten uim die Mauertoten, gingen nicht gerne zur NVA usw. usw. und dennoch lebten sie lustig und zufrieden auf ihren Datschen oder fuhren über den FDGB ins Sozialistische Ausland.
Trotz des allgegenwärtigen Unrechts, war man meist glücklich und zufrieden und lief nicht immer mit der geballten Faust in der Tasche umher und die, die das dennoch taten sassen meist in Bautzen, Brandenburg oder Hoheneck oder hatten den Sprung in den Westen schon geschafft.
So ähnlich stelle ich mir das Leben im Grossen und Ganzen im Deutschen Reich von 1939 vor.

Wolfshund

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Re:"Sommer '39" Alltagsleben am Anfang der Katastrophe
« Antwort #17 am: 03.08.09 (17:30) »
Ja da gibts Berührungspunkte. nach Ansicht eines mir bekannten Waldarbeiters war die DDR der gleiche Sch..haufen wie das Dritte Reich, nur andere Fliegen drauf. Für jede Organisation hat man nur ein neues Wort erfunden, machte aber wirtschaftlich erstens alles viel schlechter und zweitens war die DDR bis zum Schluß Besatzungszone geblieben. Letzteres ist auch der große Unterschied zum Dritten Reich, was eine souveräne macht war.
Vorsicht bissig!

Niwre

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Re:"Sommer '39" Alltagsleben am Anfang der Katastrophe
« Antwort #18 am: 03.08.09 (17:42) »
nach Ansicht eines mir bekannten Waldarbeiters war die DDR der gleiche Sch..haufen wie das Dritte Reich, nur andere Fliegen drauf. Für jede Organisation hat man nur ein neues Wort erfunden, machte aber wirtschaftlich erstens alles viel schlechter und zweitens war die DDR bis zum Schluß Besatzungszone geblieben. Letzteres ist auch der große Unterschied zum Dritten Reich, was eine souveräne macht war.
Der Waldarbeiter sollte lieber in seinem Wald bleiben und sich nicht über Politik und Geschichte auslassen, wenn das dabei herauskommt.

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Re:"Sommer '39" Alltagsleben am Anfang der Katastrophe
« Antwort #19 am: 03.08.09 (17:48) »
waldi in einem anderen thread schreibst Du im Sommer 1935 gab es 5 KZ's mit 3.500 Gefangenen , Wähler der KPD im Jahre 1933 ca. 730.000 Menschen, nur mal so am Rande und zum Vergleich angereget. Ansonsten deckt sich die Aussage von AK 74 ZF fast identisch mit meiner.Übrigens nicht zu vergessen die Homosexuellen die als Randgruppe (nach den Homo§) ebenfalls in KZ saßen. @Frieda und beileibe alle waren nicht unschuldig wie bei Schwerverbrechern und Schwerstverbrechern zu sehen ist, das Wort Sicherheitsverwahrung nach den "viel zu niedrigen " Strafen in der Weimarer Republik ist eben damals das KZ gewesen.
Im Übrigen müssen wir uns nicht nach Jahren uns um die Ohren hauen was Unrecht war oder nicht, ich denke mir da sind wir wohl alle (fast) einer Meinung !
Hier geht es um das feine Herausdefinieren der Geschichte und welche Lehren z.B. später gezogen wurden, auch in der DDR ! Das hat überhaupt nichts miit relativieren zu tun ! Übrigens, mein Vater war im Arbeittslager Klotzsche (wie ich ja schon mehrfach schrieb), dort war die ausgeteilte Tagesration an Calorien 1953 genauso groß wie in Buchenwald 1937 (Quelle : KZ Buchenwald . Internationales Buchenwaldkomitee 1945).
Ansonsten hast Du recht mit Deiner DDR Einschätzung un d den Bezug zum III. Reich.
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waldi44

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Re:"Sommer '39" Alltagsleben am Anfang der Katastrophe
« Antwort #20 am: 04.08.09 (14:31) »
.... das Wort Sicherheitsverwahrung nach den "viel zu niedrigen " Strafen in der Weimarer Republik ist eben damals das KZ gewesen.

Ach hier steht das mit den zu niedrigen Strfen. Dazu von mir :[ur]lhttp://forum.balsi.de/index.php?topic=5610.45[/url
In einer Demokratie versuchen die Politiker es möglichst vielen Mensche recht zu machen, was ihre Vorzüge ausmacht, aber gleichzeitig auch ihre Schwächen. Eine Diktatur, wie die der Nazis macht es sich da viel einfacher. Sie teilt ihre Bevölkerung in gute und böse Menschen ein. In Volksgenossen und Volksschädlinge, so wie die Nazis. Für die Volksgenossen tat man alles um sie froh und glücklich zu machen (meist nicht ohne Hintergedanken) und für die Volksschädlinge tat man auch alles, um sie unschädlich zu machen.
Oft durch eigenes Zutun, aber manchmal auch ohne , fand man sich entweder auf der einen oder anderen Seite wieder. Im Zweifelsfall entschieden die Nazis, wer Volksgenosse und wer Volksschädling war. Die meisten Deutschen waren eben Volksgenossen und so ging es ihnen den Nazidoktrien (KdF z.B.) entsprechend auch gut.
« Letzte Änderung: 05.08.09 (19:35) von waldi44 »

Frieda

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Re:"Sommer '39" Alltagsleben am Anfang der Katastrophe
« Antwort #21 am: 05.08.09 (18:30) »
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Zitat
@Frieda und beileibe alle waren nicht unschuldig wie bei Schwerverbrechern und Schwerstverbrechern zu sehen ist, das Wort Sicherheitsverwahrung nach den "viel zu niedrigen " Strafen in der Weimarer Republik ist eben damals das KZ gewesen.
Ich habe auch nicht behauptet das ALLE unschuldig in "Schutzhaft" saßen. Auch wenn Kriminelle und Schwerstverbrecher ebenfalls in KZ´s "untergebracht" waren, rechtfertigt dies meiner Meinung nach nicht das Bestehen von KZ´s.

Gruß Frieda

Frieda

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Re:"Sommer '39" Alltagsleben am Anfang der Katastrophe
« Antwort #22 am: 06.08.09 (11:57) »
Hallo allerseits,

zum Thema "Sommer 39" zeigt ARTE am Mittwoch den 12.8.09 um 21 Uhr den Dokumentarfilm "Der Sommer 1939". Die Vorschau auf ARTE klang ganz interessant.

http://www.arte.tv/de/Die-Welt-verstehen/geschichte/2781192.html
Grüße
Frieda

Wolfshund

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Re:"Sommer '39" Alltagsleben am Anfang der Katastrophe
« Antwort #23 am: 08.08.09 (11:33) »
@Niwre

Die Meinung dieses Waldarbeiters ist eben eine erlebte Meinung gewesen. Deine Meinung darüber kann da sicher nicht mithalten, sie kennt wohl nur die DDR und wohl kaum die selbsterlebte Dritte Reich Geschichte. (keine Ahnung wie alt du ist, aber sicher bist du kein PC Rentner)

Nehm doch einfach die Massenorganisationen, für jede NS Organisation gabs das gleiche in der DDR, nur eben unter einem anderen Namen, aber ganz sicher mit der gleichen/ähnlichen Funktion. In der DDR sprach man dann in der Zusammenfassung von den "inneren Organen", die im Prinzip immer eine Kontroll- und Erfassungsrolle spielten, alles war durchwebt mit Funktionären und IMs, der Einzelne nur eine Nummer die zu funktionieren hat. Auf Funktionärsebene wurden eben nur die PGs der NSDAP durch die PGs der SED ausgetauscht, fertig war der Lack. Oder noch einfacher: Sehr viele wurden einfach umgedreht oder drehten sich bereitwillig um, zum Beispiel Herr Paulus. An dem ganzen kann man auch sehr gut erkennen, wie lächerlich leicht manch einer seine Ideologie über Bord warf und durch eine andere ersetzte.
Vorsicht bissig!

waldi44

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Re:"Sommer '39" Alltagsleben am Anfang der Katastrophe
« Antwort #24 am: 08.08.09 (12:07) »
Nun, die Meinung des Waldarbeiters ist eine tatsächlich sehr verbreitete Meinung zum Thema DDR und 3. Reich. Wer sich ihr aber anschliesst, will die Unterschiede nicht erkennen oder sie interessieren ihn überhaupt nicht. Worin nun diese Unterschiede lagen/liegen, kann man aus einigen Beiträgen in diesem Forum entnehmen. Lesen bildet, vor allem in diesem Forum ::).
Übrigens, gab es die von dir angesprochenen DDR Organisation schon lange vor den Nazis, bei den Kommunisten und den Sozis. Sie waren keine spezifische Erfindung des 3. Reiches, sondern bildeten deren Ersatz und Sammelbecken. Auch viele der FDJ Lieder zB. sind damals von den Nazis den Roten einfach geklaut und neu betextet worden. Da fühlte man sich als alter Rotfront Kämpfer doch gleich viel wohler. Ein Umstand, der mitunter viel Aufklärungsarbeit der Agipropleute bedurfte.
Wendehälse gab es überall, das ist auch keine DDR spezifische Eigenschaft. Immerhin schafften manche DDR Bürger diesen Trick gleich mehrfach, weswegen man ihnen aber nicht gleich den Hals umdrehen sollte ;D oder einen Nazi (Neonazi) draus konstruieren.

Wolfshund

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Re:"Sommer '39" Alltagsleben am Anfang der Katastrophe
« Antwort #25 am: 13.08.09 (18:12) »
Das davor ist doch nicht das Thema, da leben sowieso immer weniger Zeitzeugen. Der DDR Alltag war ganz sicher dem des Dritten Reiches ähnlich. Statt braune Propaganda gabs dann rote Propaganda. Alles war organisiert in Massenorg. Überall lauerten Denunzianten, unbeliebte Nachbarn wurden durch Beschuldigungen in den Knast gebracht. Halt Diktatur eben gegen alle Andersdenkenden.
 Ein großer Unterschied des Alltags war aber auch, daß der DR Alltag kein "Eingesperrtsein" vermittelte, der DDR Allltag dagegen schon. Wer Richtung Sonnenuntergang spazierte traf irgendwann auf Stacheldraht, Minen und Wachtürme. Später kam noch die 10 km Extrazone dazu, wo man nur mit Roter Balken - Ausweis reindurfte. Im Prinzip war die ganze DDR nur ein Riesen-gulag mit ein paar Freizeitmöglichkeiten. Während man im Dritten Reich im Sommer kaum an Krieg dachte, wurde in DDR sogut wie alles "militärische" nachgeäfft, inclusive der "vormilitärischen Ausbildung" die es schon im DR gab.

Warum wollten eigentlich soviele Menschen aus der DDR auch weg? Weil die von Diktatur und roten Bonzentum die Schnauze voll hatten. Gottseidank ist dieser Gefängnisstaat Vergangenheit.
Vorsicht bissig!

 

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