In Friedenszeiten hatte die bewaffnete SS zunächst keine eigenen Gerichte. Bei Strafsachen unterlagen ihre Angehörigen der allgem. Rechtssprechung der zivilen Gerichtsbarkeit, an die ggf. die Tatberichte einzureichen waren. Die Abgrenzung der Diziplinarordnung für die SS-VT in Anlehnung an jene des Heeres erfolgte erst in den letzten Friedensjahren. Für die Wehrmacht erlassene Gesetze fanden auf die SS-VT schon Anwendung. Aber erst am 17.10.1939 - also nach dem Polenfeldzug, an dem die Standarten und Sturmbanne der SS-VT beim Pz.Verband "Ostpreußen" (die SS-Heimwehr "Danzig" bei der Brig. Eberhardt) bzw. unter AOK 7, 10 und 14 teilgenommen haben - wurde die Verordnung über die Sondergerichtsbarkeit der SS in Strafsachen erlassen. Nunmehr galten das MStGB und die MStGO sowie die KriegssonderstrafrechtVO und KriegsstrafverfahrensVO sinngemäß. Nach Angleichung der Polizei(en) galt die SS-Sondergerichtsbarkeit auch für diese, sie wurde auf zahlreiche andere Formationen und Instutitionen ausgedehnt. Die Zuständigkeit oblag nunmehr den SS- und Polizei-Feldgerichten. Diese entsprachen den Kriegs- bzw. Feldgerichten der Wehrmachtsteile einschließlich der Bordgerichte der Kriegsmarine. Ehrenstrafen der SS waren zusätzliche Maßregelungen wie analog die Ausstoßung aus der Wehrmacht oder Versetzung in die Zweite Klasse des Soldatenstandes.
Im Juli 1938 hatte der RFSS angeordnet, als erste Sondereinheit den sog. Erziehungs-Sturm für Angehörige der Allgemeinen SS und der bewaffneten SS, die sich eines Dienstvergehen schuldig gemacht hatten, aufzustellen. Daraus entstand die (Erziehungs-)Abteilung I und die (Besserungs-)Abteilung II - rechtlich galt die Einweisung als eine "zeitlich begrenzte Schutzhaft".
Am 30.11.1939 - nach dem Polenfeldzug - wurde als weiterer Sondertruppenteil (zul. Kp.Stärke) das Kommando z.b.V. beim SS-"T"-Pi.Btl. der SS-Totenkopf-Division aufgestellt. Das Kuriosum war die amtliche Bezeichnung als "Verlorener Haufen", wohl der in der Jugendbewegung besungenen Landsknechtromantik entlehnt ("...laßt den Verlor'nen Haufen voran zum Sturme laufen..."), im Landserjargon "Knochensturm" genannt. Das Kommando z.b.V. hatten den Charakter einer Straf- und Bewährungseinheit. Zugewiesen wurden aktive Führer der Allgem. SS auf Befehl des RFSS - darunter damals bekannte und angesehene Männer, die gegen die Disziplin verstoßen hatten - sowie SS-polizeigerichtlich verurteilte Unterführer und Mannschaften. Auf Grund seiner Bewährung im Westfeldzug wurde dieser Verlorene Haufen am 18.08.1940 in Südfrankreich aufgelöst. Im Herbst (Okt./Nov.) des gleichen Jahres wurde ein neuer Verlorener Haufen beim SS-Pi.Ers.Btl. in Dresden aufgestellt, der um den 15.07.1941 der SS-Div. "Das Reich" für den Bewährungseinsatz an die Front zugeführt wurde. Der Verlorene Haufen hat bis Kriegsende bestanden, die Versetzung zu ihm galt für den Delinquenten als Todeskommando.
Die durch SS- und Polizei-Feldgerichte Verurteilte wurden entweder in das Strafvollzugslager der Waffen-SS und Polizei Danzig-Matzkau oder in das Straflager der SS und Polizei Dachau, also Konzentrationslager (KL) eingewiesen. Eine Außenstelle des Strafvollzugslagers Danzig-Matzkau für den Arbeitseinsatz in der Rüstungsindustrie (Daimler-Benz Werke Teltow) wurde mit vorläufigen Charakter in Berlin-Marienfelde eingerichtet für ca. 1.200 Delinquenten.
Entsprechend dem Heer wurden bei Deliquenten und Arrestanten bei den Großverbänden Strafvollstreckungszüge gebildet. Durch den RFSS wurde auch eine Wildschützen-Sondereinheit aufgestellt (Dirlewanger). Im Nov. 1941 wurde beim SS-Ers.Btl. "Deutschland" in Prag-Rusin die SS-Bewährungsabteilung, späterer Ersatztruppenteil der Bewährungstruppe der Waffen-SS, aufgestellt. Am 20.06.1942 wurde diese dem Kdr. des SS-Wachbataillons "Prag" unterstellt, um bald ein selbständiger Sonderverband zu werden. Die Zugänge kamen meist aus Danzig-Matzkau.
Quelle: Horst Voigt, Die "verlor'nen Haufen", Sondertruppen zur Frontbewährung im Zweiten Weltkrieg
Siehe auch: Rolf Michaelis, Die SS-Sturmbrigade "Dirlewanger" - Vom Warschauer Aufstand bis zum Kessel von Halbe