Autor Thema: Die Schlacht um Budapest 1944/45 - Krisztián Ungváry  (Gelesen 17671 mal)

waldi44

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So, ich habe das Buch durch und muss mich mal selber gleich korrigieren. Trotz aller Verschiedenheit, auch von Raum und Zeit und diverser anderer Unterschiede, ist der Vergleich mit Stalingrad so abwegig doch nicht.
Das Buch lässt tatsächlich keine Wünsche offen und für jemanden, der sich mit der Schlacht um Budapest beschäftigen will, ein absolutes muss. Wer Zahlen braucht und sie hier nicht findet, kann sich weiteres Suchen ersparen: er wird keine finden! Das Buch enthaält alle wissenswerte fakten zur Schlacht selbst und zum gesamten Umfeld, bis hin zum Schicksal der hunderttausenden Zivilisten in der Stadt (EIN Unterschied zu Stalingrad) und der Judenverfolgungen duch Eichmann, speziell aber der Pfeilkreuzler, deren diabolisches Treiben auch sehr genau untersucht wird.
Alle Beteiligten Seiten, Deutsche und Ungarn auf der einen und die Russen und deren Hilfskräfte auf der anderen, kommen hier zu Wort  und so manchem "SS Fan" dürfte es kalt den Rücken runterlaufen, wenn er sieht, was da alles zu seiner "Lieblingstruppe" unter den SS Runen eingezogen wurde und wie schnell sie nicht nur ihre Stellungen, sondern auch gleich ihren Dienstherren wechselten.
DAS waren aber die:"Truppen, die nicht zu einem SS-Divisionsverband gehören", wie Nicole richtig anmerkte.  Allerdings auch bei "Florian Geyer" und "Maria Theresia" liefen viele eben frisch eingezogene "Freiwillige" davon. Viele dieser "Deutschen" konnten nicht einmal richtig deutsch. Tja und dann dieser SS-Generals Karl Pfeffer von Wildenbruch, über den sich ein Urteil zu bilden ich jedem selber überlasse.... für mich passt der auch hervorragend in's "Stalingradbild", nur hiess der dort Paulus.
Das wird im Buch aber nicht etwa mit Häme vorgebracht, sondern historisch korrekt und bezieht sich auch auf die Honvedtruppen, die Pfeilkreuzler und die Russen.
Die Problematik der Pfeilkreuzler auch für die Deutschen kommt sehr gut zum Ausdruck.
Auf der einen Seite war man deutscherseits an ihrer Unterstützung in der "Judenfrage" sehr interessiert und verbot es deutschen militärischen Einheiten, sich dem Treiben dieser Mörderbanden in den Weg zu stellen. Im Gegenteil man erwartete Kooperation. Andererseits verbot die deutsche Militärführung ihrerseits, deutschen Soldaten, sich aktiv an den Machenschaften der Pfeilkreuzler zu beteiligen, was aber ettliche nicht davon abhielt, es "privat" dennoch zu tun.
Schlussendlich aber passierten in Budapest Verbrechen an Juden und anderen Zivilisten mit stillschweigender Duldung und unter den Augen der deutschen Militärführung ob mit Ekel und Widerwillen betrachtet oder nicht!

Das Buch liesst sich aber doch recht schwer. Erstens sehr trocken durch das pausenlose anführen von Einheiten, oft genug solche, die man überhaupt nicht kennt, die dann durch Ortschaften oder Stadtbezirke ziehen, die man noch weniger kennt, geschweige denn richtig aussprechen kann. Wer von uns spricht schon "finnisch" ;)!
Zum Glück wird das ganze durch Augenzeugenberichte unterbrochen und aufgelockert. Macht sich ganz gut und ist auch sehr interessant. Interessant wären auch die Bilder, hätte man sie auf entsprechendes Papier gedruckt, auf Bildtafeln zB. So aber ist auf den meisten nur wenig und das auch noch schlecht zu erkennen und der Begriff "Schwarzweisphotographie" kommt hier voll zur Geltung.
Tja und auch der bzw die Entsatzversuche werden recht anschaulich geschildert und abschliessend der eigentlich gescheiterte Ausbruch, bei dem sich der wahre Charakter des Karl Pfeffer von Wildenbruch überdeutlich offenbarte.

Nachwievor bin ich der Meinung, die Schlacht um Budapest beschleunigte den Fall Berlins. Alle hier eingesetzten Einheiten hätten zur Verteidigung der Reichshauptstadt eingesetzt werden müssen. Dort stadt der Russe schon an der Oder. Die von den Russen in/um Budapest eingesetzten Truppen der 2. und 3. Ukrainischen Front und Geräte wären nie in Richtung Berlin zum Einsatz gekommen und hätten somit auch keinen Einfluss auf die dortige Schlacht gehabt, wohl aber die in/um Budapest verheizten deutschen Einheiten, die zT. einzeln und "mundgerecht" den Russen zum frass vorgeworfen wurden!
Natürlich hätte auch das lediglich den Zeitpunkt der Niederlage verzögert aber darum ging es ja wohl auch nur noch!

Übrigens wird anhand der Truppenbeschreibung sehr "schön" und deutlich gezeigt, mit welchen "Kräften" die Deutschen überthaupt noch operierten. Mit Truppenzahlen, die in früheren Jahren noch nicht einmal der Erwähnung wert gewesen wären. Divisionen in Battallionsstärke, Battallione in Kompaniestärke und Kompanien, die oft genug nur aus einem Dutzend Hanseln bestanden. Die bekamen dann aus Berlin Anweisungen zu Operationen, bei denen selbst voll aufgefüllte Einheiten so ihre Probleme gehabt hätten und Hitler wunderte sich dann, wieso die nichts "gebacken" bekamen!
Genauso erging es den Truppen vor Berlin. Keine Waffen- keine Munition- keine Leute. Man zog mit einer handvoll tschechischer Patronen für sein italienisches Gewehr an die Front und wenn man Glück hatte passte die Munition aber nicht jeder hatte solch "Glück". Da zogen Volkssturmmänner mit einer Panzerfaust den Russen entgegen. Womit kämpften sie nach dem Abschuss dieser Waffe? Das aber steht schon wieder in einem anderen Buch....

Ps.: Habe ich ganz vergessen zu erwähnen: massenhaft Karten zu allen Phasen der Einschliessung, Strassenkämpfe, Entsatzversuche und dem Ausbruch.
« Letzte Änderung: 08.08.08 (13:28) von waldi44 »

Jan-Hendrik

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Zitat
Erstens sehr trocken durch das pausenlose anführen von Einheiten, oft genug solche, die man überhaupt nicht kennt, die dann durch Ortschaften oder Stadtbezirke ziehen, die man noch weniger kennt, geschweige denn richtig aussprechen kann.

Ist ja auch kein "Lesebuch", sondern eine militärhistorische Abhandlung  ;) Ãœbrigens kann man sich einen Stadtplan von inneren Bereich Budapests heutzutage problems im Netz anschauen  :D

Zitat
Genauso erging es den Truppen vor Berlin. Keine Waffen- keine Munition- keine Leute. Man zog mit einer handvoll tschechischer Patronen für sein italienisches Gewehr an die Front und wenn man Glück hatte passte die Munition aber nicht jeder hatte solch "Glück".

Ist wohl ein wenig arg platt-pauschalisierend  ::)

Jan-Hendrik

waldi44

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Ist ja auch kein "Lesebuch", sondern eine militärhistorische Abhandlung  ;) Ãœbrigens kann man sich einen Stadtplan von inneren Bereich Budapests heutzutage problems im Netz anschauen  :D
Richtig! Und weil dem so ist, habe ich davor gewarnt, falls jemand ein solches erwartete. Allerdings habe ich auch darauf hingewiesen, dass es durch Augenzeugenberichte doch etwas aufgelockert wurde.
Ähem, wer liesst schon ein Buch vor dem Bildschirm? Eine ausklappbare oder herausnehmbare Karte wäre da schon besser. Aber das ist eher eine technische Frage, wie die der schlechten Bilderqualität.

Zitat
Genauso erging es den Truppen vor Berlin. Keine Waffen- keine Munition- keine Leute. Man zog mit einer handvoll tschechischer Patronen für sein italienisches Gewehr an die Front und wenn man Glück hatte passte die Munition aber nicht jeder hatte solch "Glück".

Ist wohl ein wenig arg platt-pauschalisierend  ::)

Jan-Hendrik
[/quote]

Und warum? Genau so "Platt-pauschalisierend" wird es sowohl in diesem, als auch in anderen Büchern dargestellt. Da ist die Rede von dem letzten Panzer, der letzten Granate von fehlender Munition, fehlendem Treibstoff usw.... Was ist daran "Platt"? Wahrheit ist eigentlich immer "platt", wenn du das meinen solltest.
Übrigens habe ich in einem Buch über die Schlacht um Berlin gelesen, dass zB. im Gebiet der Armee Wenck zig tausende Lieter Treibstoff aller Art auf den Schienen standen, während anderswo Panzer wegen Treibstoffmangel gespreng werden mussten.
So gesehen ist der Begriff "Treibstoffmangel" auch pauschalisiert. Treibstoff war offensichtlich zumindest im Raum Berlin genug da. Nur die, die ihn hatten, besassen keine Fahrzeuge und dort wo die Fahrzeuge waren, gab es keinen Treibstoff!


Ronny22

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Wer von uns spricht schon "finnisch" ;)!

Korregiere....die Ungarn gehören zur finno-ugrischen Volksgruppe


Genauso erging es den Truppen vor Berlin. ...
Da zogen Volkssturmmänner mit einer Panzerfaust den Russen entgegen. Womit kämpften sie nach dem Abschuss dieser Waffe?


Naja nach dem Abschuss bleibt ja das Abschussrohr übrig...damit kann man sicher einem Gegner ohne Helm den
Schädel einschlagen......  ::)
Die Weltgeschichte ist auch die Summe dessen, was vermeidbar gewesen wäre.
Bertrand Russell

Ein guter Soldat ist nicht gewalttätig.
Ein guter Kämpfer ist nicht zornig.
Ein guter Gewinner ist nicht rachsüchtig.
Shaolin-Weisheit

waldi44

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Wer von uns spricht schon "finnisch" ;)!

Korregiere....die Ungarn gehören zur finno-ugrischen Volksgruppe


Genauso erging es den Truppen vor Berlin. ...
Da zogen Volkssturmmänner mit einer Panzerfaust den Russen entgegen. Womit kämpften sie nach dem Abschuss dieser Waffe?


Naja nach dem Abschuss bleibt ja das Abschussrohr übrig...damit kann man sicher einem Gegner ohne Helm den
Schädel einschlagen......  ::)


Naja, aber für mich kling finnisch und ungarisch ziemlich gleich und auch die Schreibweise ähnelt sich. Stammen eben beide von den Hunnen ab, auch wenn Sprachwissenschaftler das natürlich viel umständlicher erklären.
Tja und das mit dem Ofenrohr ist traurig aber wahr, besonders traurig, da die meisten Russen einen Helm trugen...



karat

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Hallo
Hier was zum Einsatz der Panzerfaust als Schlagwaffe im Nahkampf, wobei die Übersetzung aus dem russischen auch nur schlagen nicht erschlagen heißen kann.
http://pit.dirty.ru/dirty/1/2008/04/17/18324-122124-9c2f2db1e54693b3cdf73508bca2b22a.jpg
http://forum.panzer-archiv.de/viewtopic.php?t=6080&postdays=0&postorder=asc&start=60
mfg karat

waldi44

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Na bitte  ::)! Eine der versprochenen "Wunderwaffen" :o. Nur hat es der Russen bedurft, den Deutschen zu zeigen, wie man sie richtig handhabt 8). Von wegen nur ein Schuss! Nicht schiessen, schlagen lautete das Geheimnis und das dann im Rundumschlag.... :P! Wenn das der Führer gewusst hätte ;D ;D ;D ;D!

Ronny22

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Naja Propaganda......10 bewaffnete Gegner im Nahkampf mit der "Keule" erschlagen......  ::)

Oder doch 10 Gefangene ohne Helme....  ::)
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waldi44

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Aber keine Propaganda war, dass sich Heinrici entsetzt zeigte, als er sah wie Volkssturmmänner mit nichts weiter als nur einer Panzerfaust den Russen vor Berlin entgegenzogen, wärend Goebbels von Wunderwaffen faselte. Er, Heinrici, fragte sich zurecht, womit diese Männer weiterkämpfen sollten, wenn sie ihr einziges Geschoss abgefeuert hätten?
Diese Szene erinert mich stark an jene Beschreibungen des ersten Kriegsjahres bei den Russen, wo sich angeblich oder tatsächlich mehrere Mann eine Waffe teilen mussten. Nach dem Abschuss der Panzerfaust musste der Volksstummann sich entweder so schnell er konnte verpissen, sich ergeben oder irgend eine andere waffe auf dem Schlachtfeld suchen....
Möglich aus, dass dieser Eindruch so stark auf Heinrici wirkte, dass es zu dem Eklat mit Keitel kam. Solch Gedanken kamen einen Karl Pfeffer von Wildenbruch in Budapest natürlich nicht. Erst im allerletzten Moment, wo es um sein eigenes Leben ging, widersetzte er sich Hitlers ausdrücklichen Befehl nicht auszubrechen und selbst dabei opferte er in seinem Interesse seine eigenen Leute.