Autor Thema: Rommel und seine Lauscher...  (Gelesen 5020 mal)

waldi44

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Rommel und seine Lauscher...
« am: 27.06.08 (19:22) »
Glück und Weitsicht sind Tugenden, ohne die ein guter Offizier in der Regel nicht weit kommt, um so mehr, wenn es sich um einen General oder gar Feldmarschall handelt. Wenn die Weitsicht dann so weit wird, dass sie zur Voraussicht wird und der Gegner sich nur noch wundern kann und nach Er-klärungen sucht, ist der Schritt zur Genialität fast getan.
Rommels Voraussicht war legendär und somit musste auch eine Legende her. Die Legende besagt: eine schöne Spionin in Kairo sei seine Informantin.  Mata Hari lässt grüssen!
Doch die Schöne im fernen Ägypten war ganz in der Nähe und wen verwunderts, ein Mann. Zugegebener massen kein hässlicher, aber eben "nur" ein Mann.Er war Hauptmann und Führer der 3. Kompanie der Nachrichtenabteilung 56. Formals wohl die am 10 Nov 1938 gegründete Fernaufklärungskompanie 621 oder aus ihr her-vorgegangen.
Ihm und seinen Leuten war es gelungen den britischen Funkverkehr zu überwachen und verschiedene Geheimcodes zu knacken, so dass es ihm möglich war Rommel schnell und präzise über die Absichten der Engländer zu unterrichten, was zu einigen spektakulären Erfolgen geführt haben soll - leider schwieg sich Rommel wohl da-rüber aus und Seebohm konnte dazu nicht mehr befragt werden.
Allerdings war es auffällig, dass er vor und während der Schlacht von Sollum verdammt gut über die britischen Truppenbewegungen und deren Absichten be-scheid wusste. Das resultierte aus aufgefangenen britischen Funksprüchen. Zwar besassen die Briten die Enigma und konnten ihrerseits den deutschen Funkverkehr ent-schlüsseln. Das dauerte anfangs aber Wochen und später noch immer ein bis zewei/drei Tage. Für schnelle taktische Entscheidungen also zu lange. Die Ereignisse überholten ihre Entschlüsselung!
Seebohm's Entschlüsselung kam da schneller und war somit erfolgreicher. Das blieb den Briten natürlich nicht verborgen. Hier übrigens scheiden sich die Geister der Historiker....
Jedenfalls befand sich die 3. Kompanie am 9./10. Juli 1942 in einer vorgeschobenen Stellung an der Küste, nahe der Bahnstation "Tel el Eisa", nordwestlich von "El Alamein". Am 9. Juli erhielt die australische 26. Infanteriebrigade den Befehl, dem Raum um Tel el Eisa im Handstreich zu besetzen, drei wichtige Höhen und die nahe Bahnstation zu nehmen. Einige wenige eingeweite Offiziere aber wussten, dass es nicht um diese Höhen oder den Bretterbudenbahnhof ging, sondern um die 3. Kompanie der Nachrichtenabteilung. Ob man sich aber ihrer tatsächlichen Bedeutung bewusst war bleibt offen.
Jedenfalls wurde diese rein deutsche Abteilung von den verbündeten Italienern verrat...äh verteidigt. Granatwerfer, MG Nester und Soldaten des 7. Regiments
"Bersaglieri" und Teile der Division "Sabratha", die eher kampfunerfahren waren, aber waren das nicht alle Italiener ;)!?
Am 10. Juli um 3:40 rückten die Australier unter Lieutenant Colonel Hammer gegen die 2. Staffel der 3. Kompanie vor. Diese bestand aus rund 100 Mann, die
sich nach Beginn der Kampfhandlungen sofort einigelten. Nach heftigem aber nur kurzem Nahkampf zogen sich die Italiener zurück. Im Bericht der "Panzerarmee Afrika" zum Kampfverlauf steht dazu:"Die hier stehenden italienischen Truppen..., ergaben sich Teilweise ohne Widerstand zu leisten oder gingen fluchtartig zurück..."
Die Stellung der Deutschen wurde mit Artillerie eingedeckt und schliesslich mit Panzern angegriffen. Gegen 6 Uhr gelang es einigen wenigen Deutschen sich mit einigen Tross LKW abzusetzen. Die Masse aber blieb zurück und kämpfte, bis die Munition ausging. Hauptmann Seebohm bediente ein MG und wurde dabei schwer verwundet. Er und sein Stellvertreter Leutnant Herz gingen in Gefangenschaft. Mit ihnen 71 deutsche Soldaten. Insgesamt nahmen die Australier 1556 Gegner gefangen....
Die Gefangenen der Horchkompanie werden sofort zur Vernehmung nach Ägypten gebracht, die Verwundeten in ein Lazarett, wo Hauptmann Seebohm einige Tage später verstarb. Schon nach oberflächlicher Sichtung der erbeuteten Unterlagen ahnen die britischen Geheimdienstleute, welchen Fang sie gemacht hatten.
Eine von Rommels Nachrichtenquellen war verstopft worden, wenn nicht gar die wichtigste und statt wichtiger Informationen, flossen nun auf diesem Weg gezielte Des-informationen. Märchen aus "Tausend und einer Nacht". Brigadier Scott, ein britischer Nachrichtenspezialist meinte zu dem Fund:"Aus diesem Fang ergaben sich weitreichende Folgen....Nordafrika, Sizilien....und selbst für die Invasion..." und Janusz Piekalkiewicz meint:"Und hier bei Tel el Eisa wird bereits die Schlacht von El Alamein entschieden."

Anmerkung: In anderen Quellen ist von einer zufälligen Begegnung mit der Aufklärungskompanie die Rede.