Autor Thema: Shuttle Bombing Missions - B-17 in Poltawa  (Gelesen 9338 mal)

waldi44

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Shuttle Bombing Missions - B-17 in Poltawa
« am: 01.05.07 (14:35) »
Ende 1943, schon in Hinblick auf die bevorstehende Invasion im nächsten Jahr und die damit verbundene Verstärkung der Bombardierung deutscher Städte und Industrie- bzw Verkehrsanlagen baten die zuständigen Kreise der USA die zuständigen Kreise der Sowjetunion, also Stalin ;), um die Erlaubnis, sowjetische Flugplätze für ihre Bomber benutzen zu dürfen.
Geplant war, dass die Bomber aus England oder Italien kommend, nicht mehr den langen und gefährlichen Rückweg über gut verteidigtes Reichsgebiet bzw nicht minder gut verteidigtes Westeuropa nehmen mussten, sondern nach erfolgreicher Beendigung über das relativ sichere und nähere (und immer näher rückende) Osteuropa in der Sowjetunion landen konnten um von dort ihren nächsten Angriff fliegen zu können und dann in England oder Italien zu landen und das im ständigen Wechsel.
Die politischen Verhältnisse zwischen den USA und der UdSSR waren von jeher gespannter Natur, woran auch das Leih-Pacht-Programm nichts änderte, da auch dies für die Russen ständig Anlass war zu "meckern". Mehr oder weniger begründet!
Für Stalin war der Wunsch der Amerikaner wohl eher ein unverschämtes Ansinnen, dass der böse Klassenfeind, wenn auch zeitweilig Verbündeter, nur zur Spionage und zur Untergrabung der sozialistischen Gesellschat und Moral ausnutzen wollte! Deshalb zogen sich die diesbezüglichen Verhandlungen gut ein halbes Jahr hin und erst im März 1944 genehmigte Stalin unter grossen Einschränkungen das Projekt.
Statt der gewünschten sechs Flugplätze durften die Amerikaner nur drei (Poltawa, Mirgorod und Pirjatin, alle in der Ukraine nahe Kiew' gelegen) benutzen und statt 2100 Mann Bodenpersonal wurden lediglich 1200 genehmigt. Verwaltung und Verteidigung der Plätze oblag den Russen und auch bei der Zielauswahl der Bomber wollten sie mitreden.
Am 2. Juni 1944 schliesslich landeten die ersten 64 B-17 Bomber in Poltawa. Sie kamen aus Italien und hatten zuvor die ungarische Stadt Debreczin, bzw. dessen Güterbahnhof, bombardiert. Hinzu kamen später noch weitere 65 B-17, die aber alle in Mirgorod landeten, während die 70 P-51 Begleitjäger in Pirjatin niedergingen. Der Verband stand unter dem Befehl von Generalleutnant Ira Eaker.
Natürlich blieben diese Aktivitäten den deutschen Stellen nicht verborgen und als am 21. Juli 1944 ein Teil eines aus 2500 Feindflugzeugen bestehenden alliierten Bomberverbandes statt auf Heimatkurs Richtung Osten hielt, setzte man einen Fernaufklärer Ju 88 (andere Quellen sprechen von einer He 177) auf dessen Versen. Der nach osten abfliegende Verband bestand aus 114 B-17 und 70 P-51 Mustang und hatte zuvor ein südlich von Berlin liegendes Hydrierwerk bei Ruhland bombardiert.
73 der Bomber landeten in Poltawa und wurden dort vom deutschen Aufklärer Fotographiert.
Am späten Abend des selben Tages wurde in Poltawa Fliegeralarm ausgelöst, der aber weiter keine Beachtung fand. Auch die zweite Meldung von der Annäherung deutscher Bomber wurde ignoriert. Wozu gab es die Rote Luftwaffe? Die würde die Deutschen schon am Weiterflug hindern und man befand sich doch 500 Km hinter der Front. Also Prost Briederchen.....
Als dann die dritte Warnung kam, zog man es vor, sicherheitshalber doch die Splittergräben aufzusuchen. keine Minute zu spät. Von Roten Jägern war nichts zu sehen, aber rund 200 Ju 88 und He 111 kreisten über den unverteidigten Platz und warfen über 100 Tonnen Bomben! Lag es an der Nachtzeit oder woran? Kein einziger russischer Jäger erschien. Auch nicht, als die deutschen Maschinen im Tiefflug mit Bodwaffen auf erkennbare Ziele feuerten. Alleine dieser Tiefangriff dauerte 20 Minuten.
Als die Amerikaner ihre eigenen Jäger aus Mirgorod und Pirjatin zu Hilfe holen wollten, wurde es ihnen von den Russen ausdrücklich verboten und eine Erklärung, wo die russischen Jäger bleiben, gab es nicht!
Von den 73 (72) B-17 waren 44 zerstört, 26 beschädigt und lediglich 2 noch einsatzbereit. 5 weitere Flugzeuge waren zerstört und 25 beschädigt, sowie 1,8 mio Liter Flugbezin vernichtet.
Vorsichtshalber wurden danach alle Flugzeuge verlegt. Zum Glück für die Alliierten, weil die Luftwaffe tagsdarauf noch einmal angriff. Auf jeden Fall bedeutete das das Ende der "Shuttle Bombing Raids" aus dem Luftraum der Sowjetunion heraus und Stalin war seine ungeliebten Gäste wieder los!





Tobias G

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Re: Shuttle Bombing Missions - B-17 in Poltawa
« Antwort #1 am: 01.05.07 (14:48) »
Hallo,

das KG27 viel aus, da ein plötzlicher Regenfall ein Starten unmöglich machte. Die US-Bomber waren in Friedensmäßiger aufställung auf dem Platz in Poltawa. Ursprünglich sollten KG27 und KG53 Poltawa angreifen, auf dem 163 B17 gelandet waren und das KG55 sollte Mirgorot angreifen, auf den die US-Jäger, 56 an der Zahl, lagen. Die US-Bomber gehörten dem 13. und 45. Kampfgeschwader an. Am 21. Juli gegen 15:00Uhr kam der Angriffsbefehl vom IV. Fliegerkorps. Die Kampfgeschwader 27 und 53 mussten, aus Reichweitegründen, in die Räume Bialystok und Minsk verlegt werden, das KG55 blieb auf seinen Absprunghäfen in Deblin, Ulez und Podlodowka. Das KG4 stellte die Pfadfinder für die beiden Ziele. Um 23:55 Uhr meldete ein russischer Ordonnanzoffizier den gerade beim Empfangsdinner sitzenden Amerikanern und General Perminow, das deutsche Flugzeuge die eigenen Linien in Richtung des Platzes überflogen haben. Man ignorierte diese Meldung, da man nicht glaubte das die deutschen Flugzeuge bis Poltawa kommen würden. Als zum dritten Male ein russischer Offizier auf die lage aufmerksam machte, gingen die hohen russischen und amerikanischen Tiere in die Splittergräben. Die russische Flak am und um den Platz schoss bereits. Auf Poltawa und Mirgorod wurden je 20 Pfadfinder des KG4 zugeteilt. Kurz nach 21:00Uhr schlossen sich die Bomber des KG55 dem Bomberstrom unter Führung der Pfadfinder südlich Warschau an. Die auf Mirgorod angesetzten Pfadfinder flogen, auf Grund eines Gewitters ebenfalls nach Poltawa und mit ihnen die Bomber des KG55. Jetzt flogen wieder 2 Kampfgeschwader den Angriff auf Poltawa, nachdem das KG27 für den Einsatz ausgefallen war. Es waren etwa 200 deutsche Bomber, 91 vom KG55, 69 vom KG 53 und 40 vom KG4. Um 0:30Uhr am 22. Juli 1944 vielen dann rund 100to Bomben des ersten Angriffswelle auf den Platz Poltawa. Dies dauerte bis ca. 1:45Uhr, um 2:00Uhr schloss dann die zweite Welle mit ebenfalls ca. 100to Bomben und Bordwaffen an. Das Ergebnis des Angriffes:

47 Bomber zerstört
29 Bomber beschädigt
150.000l Flugkraftstoff vernichtet
250 Pfund-Sprengbomben vernichtet
1.400 Pfund-Brandbomben vernichtet
400.000 Schus Munition vernichtet

Die deutschen Verluste beliefen sich auf 0! Nicht einmal eines der ca. 900 Besatzungsmitglieder wurde auch nur verwundet!
In der darauffolgenden Nacht wurde dann noch ein Angriff auf Mirgorod geflogen, der allerdings weniger erfolgreich verlief, da die amerikanischen Maschinen bereits evakuirt wurden.
 

Gruß
Tobias

Quelle: Wolfgang Dierich, "Kampfgeschwader 55 "Greif""

waldi44

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Re: Shuttle Bombing Missions - B-17 in Poltawa
« Antwort #2 am: 01.05.07 (15:27) »
Nun, lediglich beim vernichteten Flugbezin untescheiden sich unsere Zahlen stark und auch in der Aussage über die Russische Flugabwehr. In meinen Büchern, naja eben Grabbeltischware ;), steht davon nichts, obwohl es mich auch gewundert hat. Bleibt auch die Frage, auf was die Flak zwei Stunden lang geschossen hat ohne auch nur einen Treffer erzielt zu haben.
Ok, es war Nacht und, wie du schreibst, regnete es ausserdem. Dennoch! Für die Deutschen war das Wetter auch nicht besser, also kein Grund keine Jäger zu schicken, zumal auch der Start für die eigenen verboten worden war. Ich sehe das als eindeutigen russischen Verrat an Verbündeten an!

Es ist, so wie ich meine, schon verwunderlich, dass die Bomber selenruhig stundenlang über Poltawa kreiste, sogar im Tiefflug angriffen und weder die Flak (?) Erfolge erzielte, noch die russischen Jäger aufstiegen?

Tobias G

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Re: Shuttle Bombing Missions - B-17 in Poltawa
« Antwort #3 am: 01.05.07 (16:39) »
nun, die Bomber kreisten ja nicht stundenlang über dem Platz aus Jux und Spass.

Die Bomber kamen in mehreren Wellen (oft Staffelgröße), zwischen denen auch noch immer ein paar Minuten Abstand war. Wenn eine Welle ihre Bomben geworfen hat, dann wurde vielleicht noch ein Tiefangriff geflogen und dann wurde die Heimreise angetreten!

Die russische Flak hatte also durchschnittlich nur ein paar Minuten von einem Bomber bzw. von einer Welle. Wenn man dann noch den Regen und die Nacht hinzuzählt, so ist es schon einleuchtent, das kein Bomber abgeschossen wurde.

Wahrscheinlich waren nicht einmal Scheinwerferbatterien greifbar und die Jungs schossen nur auf gut Glück in die Luft..

Aus welchem "Grabbeltischbuch" hast du denn die Angaben?

Gruß
Tobias

Nightwish

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Re: Shuttle Bombing Missions - B-17 in Poltawa
« Antwort #4 am: 01.05.07 (17:02) »
Interessanter Bereicht! Von einem solchen Unternehmen deutscherseits hatte ich noch nichts gehört! Ich dachte immer das "Shuttle Bombing" sei einfach an der Ignoranz der Sowjets gescheitert...

Zitat
Ok, es war Nacht und, wie du schreibst, regnete es ausserdem. Dennoch! Für die Deutschen war das Wetter auch nicht besser, also kein Grund keine Jäger zu schicken, zumal auch der Start für die eigenen verboten worden war. Ich sehe das als eindeutigen russischen Verrat an Verbündeten an!

Es ist durchaus etwas anderes Nachts zu bombardieren oder Nachts zu jagen! Die Deutschen hatten mit Nachtangriffen auf England ja eine gewisses Know-how. Ebenso in der Nachtjagd. Aber das war entweder High-tech oder Wilde Sau. Die Russen hatten, einfach mangels Bedarf, weder das eine noch das andere. Tagjäger schickt man nicht einfach mal des Nachts los. Das müssen schon spezielle Verbände sein. Und so finde ich es nicht so verwunderlich, dass die Russen keine Jäger schickten!

Nightwish
lerne leiden, ohne zu klagen

... wenn man sonst nichts Wertvolles [sic!] beizutragen hat...

waldi44

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Re: Shuttle Bombing Missions - B-17 in Poltawa
« Antwort #5 am: 02.05.07 (10:36) »
Aus welchem "Grabbeltischbuch" hast du denn die Angaben?

Gruß
Tobias

Die Sowjetunion im Luftkrieg, Bechtermünz, Das letzte Jahr der Luftwaffw, Podzun-Pallas.


Es ist durchaus etwas anderes Nachts zu bombardieren oder Nachts zu jagen! Die Deutschen hatten mit Nachtangriffen auf England ja eine gewisses Know-how. Ebenso in der Nachtjagd. Aber das war entweder High-tech oder Wilde Sau. Die Russen hatten, einfach mangels Bedarf, weder das eine noch das andere. Tagjäger schickt man nicht einfach mal des Nachts los. Das müssen schon spezielle Verbände sein. Und so finde ich es nicht so verwunderlich, dass die Russen keine Jäger schickten!

Nightwish

Richtig! Möglicherweise sahen es die Amerikaner auch so. Deshalb zog es vielleicht auch keine weiteren Konsequenzen nach sich. Dennoch liegt auch der Verdacht der absichtlich unterlassenen Hilfeleistung nahe!

Nightwish

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Re: Shuttle Bombing Missions - B-17 in Poltawa
« Antwort #6 am: 02.05.07 (11:07) »
Zitat
Richtig! Möglicherweise sahen es die Amerikaner auch so. Deshalb zog es vielleicht auch keine weiteren Konsequenzen nach sich. Dennoch liegt auch der Verdacht der absichtlich unterlassenen Hilfeleistung nahe!

Naja, die Sowjets zeigten, so mein Kenntnisstand, ohnehin kein großes Interesse am 'Shuttle-Verkehr' und haben das eher halbherzig verfolgt. Die Amis waren deshalb vielleicht einfach ernüchtert und der Angriff tat sein übriges.

Unterlassenes Hilfeleistung finde ich etwas hart, aus den von mir genannten Gründen. Ich denke eher die Aufgabe dieser Aktionen lag mehr am offensichtlichen Desinteresse der Sowjets.

Aber das ist nur meine Meinung. Ich habe auch das Buch nicht gelesen. Nur allgemeines über diese 'Zusammenarbeit'.
lerne leiden, ohne zu klagen

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Tobias G

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Re: Shuttle Bombing Missions - B-17 in Poltawa
« Antwort #7 am: 02.05.07 (12:36) »
Hallo,

oder es lag an der Arroganz der Russen, die nicht glaubten das die deutschen Bomberverbände bis zum Flugplatz Poltawa kommen und deshalb keinen Alarm gaben.

Gruß
Tobias