Autor Thema: Standgerichte  (Gelesen 28841 mal)

Nightwish

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Standgerichte
« am: 04.07.06 (00:41) »
Frei nach Schörner:

Der Soldat, der sein Gesicht nicht zum Feind gerichtet hat, wird erschossen!

Stimmt es das etwa 30.000 deutsche Soldaten, vermehrt gegen Ende des Krieges, von Standgerichten zum Tode verurteilt und dieses unmittelbar vollstreckt wurde?

Wer waren die Angehörigen dieser Gerichte, und was war der Maßstab?

Ist das nicht ein Kriegsverbrechen an der eigenen Leuten?

Nightwish
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Ronny22

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Re: Standgerichte
« Antwort #1 am: 04.07.06 (07:08) »
Frei nach Schörner:

Der Soldat, der sein Gesicht nicht zum Feind gerichtet hat, wird erschossen!

Stimmt es das etwa 30.000 deutsche Soldaten, vermehrt gegen Ende des Krieges, von Standgerichten zum Tode verurteilt und dieses unmittelbar vollstreckt wurde?

Wer waren die Angehörigen dieser Gerichte, und was war der Maßstab?


Also am berüchtigsten waren die Feldgendamerie und SS-Streifen...da gabts oft nicht mal ne Verhandlung, sondern gleich einen Strick oder einen Feuerstoss aus der MPi.

Kam auch darauf an wie die Situation war, diese Form war dann eher unter extremer Auflösung anzutreffen, unter geordneteren Verhältnissen gab es dann eben ein Standgericht.

Der SS-Mann Michael Ficzel beschreibt solch eine Begebenheit in seiner Autobiographie folgendermaßen:

"...In dieser Versunkenheit hielt ich den Kopf nach unten und bemerkte die zwei Kettenhunde (Feldgendarme) zu spät, die hinter einer Krümmung der Straße standen. Sie hatten mich gesehen, ehe ich sie ausgemacht hatte, zum Humpeln war es zu spät. Ich näherte mich ihnen und sah zwei tote Wehrmachtsangehörige im Gras liegen. Blut floß aus den Schußwunden.
"Marschbefehl und Soldbuch!" befahl mir einer der beiden, dem eine Maschinenpistole quer über der Brust baumelte..."

Ficzel konnte keinen Marschbefehl übergeben er gehörte zur Bewachung eines KZ-Todesmarsches und verlor auf Grund einer  Knöchelverstauchung den Anschluss an die Kolonne.

"... Na dann wollen wir die Märchenstunde mal beenden", sagte der, der mein Soldbuch in den Händen hielt, übergab es seinem Gefährten und nahm die Maschinenpistole vom Hals.

In dieser Situation rettet Ficzel nur das herannahen einer Fahrzeugkolonne in der sich offenbar Reichsführer-SS Heinrich Himmler befand, die Feldgendarme jagten ihn weg und machten Himmler Meldung.


Ist das nicht ein Kriegsverbrechen an der eigenen Leuten?

Ist es auch, Fahnenflucht und Desertation kann nicht geduldet werden, aber die Standgerichte nahmen damals groteske Formen an, ohne jede Verhältnismäßigkeit.  :-\

Die Weltgeschichte ist auch die Summe dessen, was vermeidbar gewesen wäre.
Bertrand Russell

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Re: Standgerichte
« Antwort #2 am: 04.07.06 (13:51) »
Feldgendarmerie durfte SS nicht kontrollieren!
Ganz eindeutige Aussage meines Vaters!
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Thomas123

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Re: Standgerichte
« Antwort #3 am: 04.07.06 (14:10) »
Feldgendarmerie durfte SS nicht kontrollieren!
Ganz eindeutige Aussage meines Vaters!
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Danach hat doch zum Schluss keine mehr gefragt, ob oder ob nicht. Es gab solche Vernatiker, die sich einfach das Recht hierzu in die eigenen Hände nahmen.
Ich muss dabei an das Beispiel denken, dass mir mein Vater erzählte. Die SS hat einfach WH-Angehörige einkassiert und diese dann an die Front geschickt, obwohl diese verwundet von der Front kamen.

Gruß
Thomas

Richtschuetze

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Re: Standgerichte
« Antwort #4 am: 04.07.06 (15:24) »
Zitat
Die SS hat einfach WH-Angehörige einkassiert und diese dann an die Front geschickt, obwohl diese verwundet von der Front kamen.


nun ich denke das ist was anderes!zb.:Notfall Russe durchgebrochen!

Ich kenne nur die Ausage von Logo das sagte mein Vater auch immer!Allerdings wer weiss wie es gegen Ende zu ging! ::)

Zitat
Ist das nicht ein Kriegsverbrechen an der eigenen Leuten?

ich will mal so sagen wenn es Berechtigt war nein!Allerdings gegen Ende des Krieges fürchte ich hat man sehr schnell die Leute erschossen! :o

Beispiel das mein Vater mir erzählte:Ein junger deutscher Soldat seiner Einheit hat eine Russin vergewaltigt(sie überlebte er hat sie nicht getötet!!)trotzdem ist er erschossen worden!

Gruss

The Real Blaze

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Re: Standgerichte
« Antwort #5 am: 04.07.06 (18:06) »
Ich habe noch nichts gefunden, wieviel genau es Todesurteile waren. Aber von den deutschen Militärgerichten wurden von Kriegsbeginn bis zum Stand 30.6.1944 mehr als 200000 deutsche Soldaten kriegsgerichtlich bestraft gegebenenfalls mit der Todesstrafe. Alles wegen ziviler Straftaten: Totschlag,Mord,Vergewaltigung, Raub, Diebstahl etc. 1944 erhielten viele kriegsverwendungsfähige Zuchthäusler die Wehrwürdigkeit auf Probe verliehen, dabei kamen viele direkt aus den KZs zur Wehrmacht in spezielle Einheiten oder wurden auch nur verteilt.

Ronny22

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Re: Standgerichte
« Antwort #6 am: 05.07.06 (06:22) »
Beispiel das mein Vater mir erzählte:Ein junger deutscher Soldat seiner Einheit hat eine Russin vergewaltigt(sie überlebte er hat sie nicht getötet!!)trotzdem ist er erschossen worden!


Solche Sachen hab ich auch schon von Russen gelesen, klingt zwar hart aber eben gerecht...dabei geht es mehr darum die militärische Ordnung innerhalb der eigenen Truppe zu erhalten, als den Soldaten zu bestrafen.

Die Weltgeschichte ist auch die Summe dessen, was vermeidbar gewesen wäre.
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Re: Standgerichte
« Antwort #7 am: 05.07.06 (12:36) »
Es gibt auch keine genauen Zahlen, habe ich irgendwann mal in einem Spiegelartikel gelesen!
Diese fliegenden Standgrichte gab es nur ganz zum Schluß und auch nur in größerer Zahl  bei der Schlacht um Berlin.
Nach Angaben der Stadtkommandantur Berlin (Museum in Karlshorst ) wurden 62 Gehenkte oder Erschossene im Berliner Stadtgebiet gefunden. Dies bedeutet aber nicht das es mehr gegeben hat, viele wurden vielleicht als normale Kriegstote beerdigt.
Ansonsten hat immer ein Offizier dem Standgericht vorgesessen !
Einfach mal erschiessen gab es eigentlich nicht .
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Thomas123

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Re: Standgerichte
« Antwort #8 am: 05.07.06 (15:45) »
Diese fliegenden Standgrichte gab es nur ganz zum Schluß und auch nur in größerer Zahl  bei der Schlacht um Berlin.

Die R1 hieß ja nicht umsonst "Allee der Gehängten".

Gruß
Thomas

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Re: Standgerichte
« Antwort #9 am: 05.07.06 (17:41) »
Von wem hast du denn den Quatsch? Habe ich ja noch nie gehört, das war die Straße in Berlin die am heftigsten umkämpft war und den Russen mörderliche Verluste beibrachte (68 Panzerabschüsse an einem Tag).
Die Allee der Gehängten wurde die B96 bei Glashütte genannt, da henkten die Russen 70 Gefangene aus Teilen von Frundsberg und Volkssturm auf , da sie am  20.04. aus Baruth hinausgeworfen wurden und die Gefangenen nicht mitnehmen wollten oder konnten !
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Thomas123

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Re: Standgerichte
« Antwort #10 am: 05.07.06 (17:57) »
Von wem hast du denn den Quatsch? Habe ich ja noch nie gehört, das war die Straße in Berlin die am heftigsten umkämpft war und den Russen mörderliche Verluste beibrachte (68 Panzerabschüsse an einem Tag).
Die Allee der Gehängten wurde die B96 bei Glashütte genannt, da henkten die Russen 70 Gefangene aus Teilen von Frundsberg und Volkssturm auf , da sie am  20.04. aus Baruth hinausgeworfen wurden und die Gefangenen nicht mitnehmen wollten oder konnten !
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Das ist kein Quatsch! Habe es in Gesprächen mit denen die die Zeit erlebt hatten mehrmals gehört. Es wurden deutsche Soldaten entlang der Strasse gehängt, die versprengt waren, desertierten, oder ganz einfach nicht mehr kämpfen wollten und nur noch nach Hause wollten. Besonders viele soll es bei Seelow gewesen sein, die dort durch die Kettenhunde gehängt wurden.

Gruß
Thomas

bani

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Re: Standgerichte
« Antwort #11 am: 05.07.06 (18:24) »
Feldgendarmerie durfte SS nicht kontrollieren!
Ganz eindeutige Aussage meines Vaters!
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Interessant - und für was gab es die dann überhaupt!?

Kann es sein, daß Du die Feldgendarmen des Heeres meinst?

Ronny22

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Re: Standgerichte
« Antwort #12 am: 05.07.06 (23:20) »
Feldgendarmerie durfte SS nicht kontrollieren!
Ganz eindeutige Aussage meines Vaters!
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Interessant - und für was gab es die dann überhaupt!?

Kann es sein, daß Du die Feldgendarmen des Heeres meinst?



Ich denke die Feldgendamerie hatte die militärische Polizeigewalt über Soldaten aller Wehrmachtsteile, auch der Waffen-SS.

Wie sich das gegenüber einem SS-Offizier verhielt kann ich nicht sagen, aber warum sollte ein Kettenhund-Uffz nicht einem SS-Sturmmann ans Leder können? Nur wegen dessen Zugehörigkeit zur SS ???
Die Weltgeschichte ist auch die Summe dessen, was vermeidbar gewesen wäre.
Bertrand Russell

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Tobias G

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Re: Standgerichte
« Antwort #13 am: 05.07.06 (23:28) »
nun, die W-SS wurde stark von der Wehrmacht getrennt und gehörte nicht zu ihr! Es gab deshalb sehr oft Streit um Züständigkeiten etc.! Kann es mir deshalb nur zu gut vorstellen!

Gruß
Tobias

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Re: Standgerichte
« Antwort #14 am: 06.07.06 (09:55) »
Richtig die Feldgendarmerie war nur für Heer, Luftwaffe und Marine zuständig !
Es gab einen Grund warum an den Bahnhöfen Feldgendarmerie immer mit Polizei kontrollierte, die Polizei war für die Waffen SS zuständig. Da Himmler Chef der deutschen Polizei war, ist die Polizei das kontollierende Faktum für die Waffen SS gewesen. Wie es sich in Frontnähe verhielt weiß ich nicht..... ???
@Thomas123 ich habe alle Bücher die verfügbar sind über die Schlacht um Berlin gelesen, aber keine Hinweise auf Massenerhängungen an der Strasse zu Seelow oder anderswo, nur die von mir bezeichnete und von Russen ausgeführten!
Ich denke auch wenn das passiert wäre , hätte die DDR irgendein Gedenkstein gesetzt-da waren sie schnell !
Überhaupt nicht abstreiten möchte ich das dort auch welche aufgehangen wurden, aber nicht in Massen solche Gerüchte sind schneller in die Wege geleitet als widersprochen. Die Aufopferung und der Heldenmut der dort an der R1 von den Soldaten gezeigt wurde (Müncheberg etc.) den zeigt man nicht wenn man eine Strasse von Gehenkten verteidigt!
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