Autor Thema: Wer bombardierte Kassa oder, wie kamen die Ungarn zum Krieg?  (Gelesen 19051 mal)

waldi44

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Auf der Suche nach Verbündeten für den Ostfeldzug beschränkte er sich vornehmlich auf Finnland und Rumänien. Ungarn stand überhaupt nicht im Blickfeld. Die Horthyregierung legte ihrerseits ebenfalls keinen Wert auf eine Kriegsbeteiligung, anders als ihre führenden Militärs. Horthy selbst beführwortete zwar den "Kreuzug gegen den Bolschewismus", seine Minister mahnten aber zur Vorsicht und zum Abwarten.
Generaloberst Werth, Chef des ungarischen Generalstabes, drängte dagegen zur Teilnahme und äusserte sich dementsprechend auch Generalmajor Himer gegenüber, dem deutschen Verbindungsoffizier im ungarischen Oberkommando, der wiederum Halder informierte.
Weder Hitler noch Halder zeigten ursprünglich irgendein Interesse an den Ungarn und deshalb ist es auch unerklärlich, warum Halder dann, durch Himer, Werth aufforderte, Druck auf die Regierung zwecks ungarischer Teilnahme an "Barbarossa" auszuüben.
Vielleicht ein Gefallen von Kollege zu Kollege...
Werth eröffnete dem ungarischen Ministerpräsidenten  Bardossy, dass Deutschland jede ungarische Hilfe willkommen sei.
Man fordere nichts, aber jede freiwillige Hilfe werde dankend angenommen(22. Juni 41 nach einen Telefonats Jodels mit Himer und anschliessendem Gespräch mit Werth).
Ungarn hatte seinerzeit territorialle Quärelen mit der Slowakai und Rumänien und als man am 25. Juni erfuhr, dass nach Rumänien auch die Slowakische Republik am Krieg gegen die Sowjetunion teilnahm, bekam man in Bukarest Angst, dass nach Kriegsende (ein deutscher Sieg stand ausser Zweifel), bei den territorialen  Fragen zu Gunsten der beiden Kriegsteilnehmer ins Hintertreffen geraten könnte.
Bis zum 26. Juni aber konnte man sich in Ungarn höchstens mit dem Gedanken der Aufstellung eines freiwilligen Freikorps anfreunden....
Angesichts des Krieges wurde zwar schon teilmobilisiert, mehr aber nicht!
In den frühen Nachmittagsstunden des 26. Juni flogen aus Richtung des slowakischen LUftraumes, mehrere Bomber in Richtung Kassa (Kosice ca. 10 Km von der Grenze entfernt) und erreichten gegen 13 Uhr in 700 Meter Höhe die Stadtmitte.
Anschliessend warfen sie dreissig 50 Kg Bomben und flogen 13.11 Uhr in östlicher Richtung davon.
Die Beobachter konnten weder genau sagen um welche Flugzeugtypen es sich handelte, noch wieviele es waren, geschweige denn, welcher Nationalität die Bomber waren!
Anhand des Trefferbildes kam man dann auf nur zwei Bomber unbekannter Herkunft. 29 Bomben explodierten und trafen ausschliesslich militärische Ziele, was auf eine genauen Ortskenntnis schliessen liess. An Bombenresten entdeckte man später Warenzeichen einer Leningrader Fabrik- was aber zur Entscheidungsfindung zu spät kam.
Andere Beobachter wollten deutsch Bombertypen erkannt haben und wieder andere Erkennungszeichen der Achsenmächte am vorderen Rumpf und am Heck. (Was für Erkennungszeichen waren das?)
Hoheitszeichen trug keines der gelb oder sandfarben gestrichenen Flugzeuge.
Gerüchteweise wurde auch geäussert, dass Deutsche Bomber den Ungarn einen "Casus belli" liefern wollte. Ein ungarisches Freiburg also?
Zwar glaubten die Ungarn selbst an keinen sowjetschen Angriff auf Kasa, aber offiziell erklärte man ihn dazu, zumal es tatsächlich noch einige weitere Luftzwischenfälle mit echten sowjetischen Flugzeugen gab.
Der Angriff auf Kasan war für die ungarische Regierung der offizielle Grund der Sowjetunion den Krieg zu erklären und sich dem Kreuzfahrerheer gegen den Bolschewismus anzuschliessen!

Ronny22

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....als man am 25. Juni erfuhr, dass nach Rumänien auch die Slowakische Republik am Krieg gegen die Sowjetunion teilnahm, bekam man in Bukarest Angst, dass nach Kriegsende


mööp....

Budapest ist gemeint... *klugscheiss*  ;D
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waldi44

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Jup, aber das "B" war richtig ;D

The Real Blaze

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Ungarn hatte seinerzeit territorialle Quärelen mit der Slowakai und Rumänien


Na das sollte man schon genauer beleuchten, als es Querelen zu nennen. Die gibts noch bis heute und hatten ihre Gründe in den Pariser Vorortdiktaten, wo die Ungarn als Feindvolk zerstückelt wurden. Ein Teil nach Serbien, ein Teil zum Benes Regime und ein Teil zu Rumänien. In den Wiener Schiedssprüchen kamen die abgetrennten Volksteile der Ungarn wieder zum Staat. Da durfte man auch dem Reich dankbar sein und es fiel den Ungarn ziemlich leicht, dort mitzumarschieren.

 
« Letzte Änderung: 09.04.06 (15:35) von The Real Blaze »

waldi44

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Eine weitere interessante Begebneheit zu den Ungarn:
Miklos v. Horthy war im Dez. 1941 73 geworden und aus Angst, dass ihm etwas passieren könnte 8altersbedingt) und Unganrn in eine Krise gestürzt werden könnte, arrangierte er die Wahl seines ältesten Sohnes, Istvan von Horthy zum stellvertretenden Reichsverweser.
Von allen Verbündeten kamen Glückwünsche, lediglich von den Deutschen nicht. Goebbls notierte:" Der älteste Sohn Horthys ist ein ausgesprochener Judendiener, anglophil bis auf die Knochen... "
Horthy jnr. wurde auf eigenem Wunsch zu den ungarischen Truppen an der Ostfront als Oberleutnant der Luftwaffe einberufen und absolvierte erfolgreich einige Feindflüge.
Dabei bemerkte man, dass der stellvertretende Reichsverweser ja eventuell getöttet oder gefangen genommen werden könnte. Deshalb sollte er auf Wunsch seines Vaters ende August zurück kehren. Am 20. August startete er zu seinem 25. Einsatz und stürzte kurz nach dem Start ab. Die Ursache ist bis heute ungeklärt und ein Schelm, wer böses dabei denk....

Sabotage als Unfallursache konnte nie ausgeschlossen werden.

merlin61

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Waren die Ungarn nicht schon beim Krieg gegen Jugoslawien (= Stichwort: Belgrad) mit den Deutschen zusammen im Krieg ?

Wenn das Unternehmen Barbarossa "deutlich" nach dem Krieg gegen Jugoslawien stattfand, wie relevant ist dann eine
Spekulation über eine Teilnahme der Ungarn am Russlandfeldzug - dies wäre doch nicht ihr erster "gemeinsamer" Gegner ::)


Ich verstehe deshalb auch die Spekulationen nicht, warum sich Ungarn NICHT weiterhin den deutschen Truppen anschließen sollte.
Schon eher, dass manch Interesse daran bestand, die Ungarn zukünftig davon abzuhalten, mit den Deutschen weiter zu paktieren.
Optimismus ist ein Mangel an Information.
Ein Pessimist ist ein Optimist mit Erfahrung.

waldi44

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In Ungarn gab es damals eine starke antikriegsströmung. Keine antideutsche aber antikrieg. Wenn schon Krieg, so war die allgemeine Meinung, dann gegen Rumänien und zwar um ganz Siebenbürgen.
Siebenbürgen war überhaupt der Grund, warum die Ungarn am Ostfeldzug teilnahmen.
Warum nun Horthy jnr. verunglückte bleibt dahin gestellt. Interesse an diesem Unfall hatten sowohl die Deutschen, als auch die ungarische Kriegspartei.

Jan-Hendrik

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Treffen sich Anfang Dezember 1941 ein Us- und ein ungarischer Diplomat :

Sagt der Ami zum Ungarn , "Ihr habt doch eine königlich-ungarische Armee , wer ist denn Euer König ?" . Sagt der Ungar "Wirhaben keinen , wir haben einen Admiral" . Der Ami : "Wie groß ist denn Eure Flotte ?" . Der Ungar : "Wir haben keine" . Der Ami : "Aber ihr führt doch Krieg gg. die UDSSR , was sind denn Eure Kriegsziele ? " . Der Ungar "Unsere verlorenen Gebiete von Rumanien wierderzubekommen" . Der Ami : "Warum führt Ihr dann keinen Krieg gg. Rumänien ?" . Der Ungar "Mit denen sind wir ja verbündet ! " ....


 ;D

Jan-Hendrik

waldi44

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Genau so war es wohl auch;D!

Ein interessanter oder schon fast komisch anmutender Aspekt dieser beiden Verbündeten, war der Umstand, dass man, wenn überhaupt, schwere Waffen an die Ungarn und wohl auch Rumänen nur unmittelbar vor dem Einsatz und in Frontnähe verteilte.
Grund: Es bestand die Befürchtung, die verfeindeten Verbündeten könnten die modernen Waffen heimlich in die Heimat zurück schaffen, um sie später gegen ihre Exverbündeten einsetzen....

Ich glaub, mit solchen Verbündeten hätte Deutschland gar keine Feinde mehr gebraucht!

waldi44

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Ein weiterer interessanter Aspekt unserer Verbündeten, war der Umgang mit den Juden. Anders als bei den Deutschen wurden sie vorerst nicht ermordet, sondern die männlichen Juden in Arbeitskompanien zusammengefasst und mit den ungarischen Truppen nach Russland geschickt.
Zu diesem Zwecke erhielten sie von der Armee eine Armeemütze, eine gelbe Armbinde und Werkzeug. Sie wurden nicht als regulärer Teil der Armee angesehen und eher wir Gefangene oder Sträflinge gehalten. Man setzte sie in vorderster Front ein, gelegentlich auch zum Minensuchen und wer das überlebte konnte noch immer auf der "Flucht" erschossen werden.
Erst später gab es unter den neuen Verteidigungsminister Nagy gewisse Erleichterungen für diese Menschen. Es waren immerhin 32.000 bis 35.000 Mann.
Übrigens gab es in diesen Einheiten auch Nichtjuden. diese, so sie nicht zum bewaffneten Rahmenpersonal gehörten, trugen weisse Armbinden.
Als im Januar 1943 die Don Front zusammenbrach, versuchten auch diese Einheiten sich zurück zu ziehen bzw. vor den Russen zu fliehen. Einige besorgten sich sogar Waffen um den Durchbruch zu den eigenen Linien zu erzwingen. Orden bekamen sie dafür nicht, aber viele wurden, so sie den Feldzug überlebten und die Heimat wieder erreichten, 1944 von Himmler doch doch in's gas geschickt.

Zum Thema Flucht noch eine Anmerkung. Zu jener Zeit trug es sich zu, dass die Ungarn ihre Fronttruppen austauschen wollten. Ein Privileg, dass den Arbeitssoldaten nicht zustand. Zu diesem Zwecke befanden sich 6.000 Mann unbewaffnet und nur notdürftig bekleidet und ausgerüstet hinter den ungarischen Linien.
Diese Soldaten sollten dann Zug um Zug die vorderen Stellungen besetzen und Waffen, Kleidung und Ausrüstung ihrer Vorgänger übernehmen. Genau in diese Ansammlung unbewaffneter Männer zielte ein russischer Angriff. Natürlich flohen die Leute ungeordnet und rissen dabei noch andere durchaus kampffähige Einheiten mit.
Dadurch entstand dann bei den Deutschen der Eindruck, die Ungarn seien in kopfloser Panik geflohen und hätten ihre Stellungen verlassen, was so nicht ganz stimmte!
Dieser russische Angriff war aber eher Zufall. In der Regel schonten die Russen die deutschen Verbündeten und zeigten es ihnen ganz deutlich. Dadurch gelang es ihnen auch viele zur Desertation zu bewegen und sie trieben ganz bewusst einen Keil zwischen die Deutschen und verbündeten Soldaten!
"Schonen" bedeutete aber nicht, dass die Russen die Schwäche der Verbündeten in ihre Angriffsplanung nicht berücksichtigten!

Forscher

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Hallo !

Ja, die Sowjets haben immer die Nahtstellen ausgewählt. Hier kamen sie immer durch.
Die Ungarn waren eigentlich gute "stolze" Kämpfer, aber ihre Ausrüstung war unglaublich schlecht. Erst 1941 haben die Ungarn erst mit einer richtigen "Aufrüstung" begonnen. Die Deutschen haben schon Mitte der 30-er angefangen ihren militärtechnik aufzubessern.

Oft hört (oder liest) man, dass die ungariche Einheiten feige waren. Sie desertierten oder haben ihre Stellungen schon vor dem Angriff verlassen. Ich würde sagen, dass die Ungarn gute Soldaten waren, doch "ohne richtige Werkzeug ist sogar der bester Handwerker nur ein Bastler".

Als die Rumänen im August 1944 die Seite gewechselt haben, haben die Ungarn noch erbiterter gekämpft. ´Die rumänische Einheiten konnten sich gegenüber die ungarische Einheiten nicht behaupten. Der Hass auf den östlichen "Nachbar" war mehr als groß! Erst wenn die Sowjets sich eingemischt haben, konnte der "neue" Verbündete Boden gewinnen.

Die Kämpfe tobten schon  in Ungarn, als die "Horty-Regierung" einen Waffenruhe aushandeln wollte. Dann kam Szálasi an der Macht und die Ungarn kämpften weiter als letzter Verbündete Deutschlands in Europa. Sechs Monate kämpften die Ungarn auf ungarischen Boden. Natürlich weiterhin ohne richtige Verpflegung und Ausrüstung. Sogar nach 61 Jahren finden wir in den deutschen Stellungen konzevdosen und "Essensreste"- mit dem Aufschrift "Schmelzkäse". Die Ungarn haben dafür 5-6 Aludosen "Frostsalbe"- "Fagykenöcs" bekommen......

Wenn wir Deutschland mit Ungarn vergleichen kommen wir auf merkwürdige Ergebnisse:

Ungarn ist 1/3 von Deutschland und leben gerade 10Millionen Leute dort. Die Kämpfe dauerten 6 Monate, gegenüber Deutschland, wo gerade 4 Monate gekämpft wurde. Als die Sowjets schon kurz vor Berlin standen waren die deutschen nicht mehr bereit das Land zu verteidigen. Als Budapest eingekesselt wurde kämpften die Ungran trotzdem  3 Monate weiter.

Ich denke, wenn eine kriegerische Auseinandersetzung (nach viele Jahre Krieg im Ausland!)im eigenem Land stattfindet, dann will eigentlich niemand mehr kämpfen. Es ist nur bekannt, dass die Ungarn die lezte Verbündete waren. Und was bleibt- eine schlechte Erinnerung!
Niemand redet über die Bulgaren, Ital., Rumänen, die eigentlich nie Richtig hinter Deutschland standen, und trotzdem  diese Länder alles von Deutschland bekommen haben.
Der kleine Österreicher mochte Horthy nicht, weil er ein K.u.K. Aristokrat war, und als Adjunktant (1909-1914) bei FJ war.

Nur der kleine Soldat weiss wie es wirklich war.

Gruß
Forscher


Jan-Hendrik

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Grüß Dich , Zoltan !


Also der Kampfwille der ung. Soldaten , die sich Offiziere der 1.PzDiv. adhoc unterstellten , werden z.B. in deren dicker Divisionschronik als sehr positiv dargestellt , so ist das ja nun nicht .

Bisher ist mir Kritik eher gegenüber höheren Offiziersrängen , vor allem bezüglich deren mangeldner Kameradschaft gegenüber den Untegebenen , untergekommen  ;)

Jan-Hendrik

waldi44

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Was die "Kameradschaft" anbelangt, so war diese unter den dutschen und verbündeten Offizieren meist durch Misstrauen, bisweilen sogar Verachtung geprägt. Auch untereinander konnten sich die Verbündeten nicht riechen und bei den Operationsplanungen musste immer peinlichst daruf geachtet werden, das die Flanken der Verbündeten wenigstens durch ein deutsches Regiment voneinander getrennt blieben.

Beim "Rückzug" vom Don kam es vor, dass ungarische Einheiten entwaffnet und als Gefangene betrachtet wurden. Fahrzeuge, so überhaupt noch vorhanden wurden von der Wehrmacht beschlagnahmt und selbst verwundete Ungarn aus den Sanitätsautos in den nackten Schnee gesetzt......
Den Rumänen erging es oft nicht besser!

Jan-Hendrik

  • Gast
Dazu muß man aber auch sagen das es für die dt. Offiziere ungewohnt war , das die Offiziere ( z.B. bei den Rumänen ) praktisch nie "vorne" anzutreffen waren , sich eher bewußt ausserhalb jeglicher "Gefährlichkeit" aufhielten , oder das z.T. nicht mal die Uffze. nachts vorne bei ihren Männern blieben . Das sowas befremdlich wirkte kann ich mir schon vorstellen ( und natürlich einen miesen Eindruck bei den Dt. hinterließ ) ...

Jan-Hendrik

The Real Blaze

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die Ungarn kämpften weiter als letzter Verbündete Deutschlands in Europa

das stimmt so  nicht: Kroatien war der letzte Verbündete Großdeutschlands.