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Militärgeschichte => Wehrmacht => Thema gestartet von: StabFeld am 05.01.06 (00:08)

Titel: Fünfte Kolonne
Beitrag von: StabFeld am 05.01.06 (00:08)
Noch ne Frage:
Wer hat schon mal etwas von einer Fünften Kolonne während des Einmarsches der Wehrmacht 1938 in die Tschecheslowakei gehört?
Habe mal vor Jahren etwas darüber gelesen. Leider komme ich nicht mehr an diese "Verbotene Zeitschrift " heran.
Soll eine militärisch unterstützte "Partisaneneinheit" der Sudetendeutschen gewesen sein.
Wer kann mir hierzu Helfen?
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: Jan-Hendrik am 05.01.06 (10:46)
Welche Fünfte Kolonne ? Der EInmarsch ins Sudetenland 1938 erfolgte aufgrund des Müncheners Abkommens in friedlicher Weise . Die endgülitige Besetzung der Tschechei im Zuge der Auflösung der Tschoslowakei im Frühjahr 1939 verlief ebenfalls kampflos .

Das Märchen von der "5.Kolonne" wurde nach dem Krieg von Benes genutzt , um die Greueltaten während der Vertreibung der deutschen Bevölkerung propagandistisch zu rechtfertigen  ;)

Jan-Hendrik
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: widdy am 05.01.06 (12:50)
Hallo,

also unter den Begriff 5. Kolonne kenne ich nur eine Version:
Nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbour starteten die Vereinigten Staaten ein großes Programm gegen die vermeindliche "Fünfte Kolonne" von Deutschen, Italienern und vor allem Japanern, um zu verhindern,
daß Geheimagenten in ihr Land eindringen. Also reine 'Schikane' gegen Zivilisten.

Gruß an alle
Widdy
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: Richtschuetze am 05.01.06 (12:54)
@Stabfeld mit Fünften Kolonne meinte die CSSR die angebliche aktive hilfe der deutschen Bevölkerung im Land!
Wobei es ja garnicht zu Kampfhandlungen gekommen ist wie Jan schon schrieb.


Gruss
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: AK 74 ZF am 05.01.06 (14:56)
nun ja ... die Antworten sind so nicht ganz korrekt bzw. vermischeln so einiges.

Der Begriff 5. Kollonne stammt an sich aus dem Spanischen Bürgerkrieg wo vier Kolonnen auf Madrid vorrückten und Franco davon sprach, daß eine 5. Kolonne sich schon innerhalb der Stadt befinden würde.
Später hat auch Hitler, in einem Gespräch zur Frage Danzig, Korridor und Polen, den Begriff 5. Kolonne (für schon infiltrierte Diversionseinheiten) benutzt, womit er endgültig in die Militärgeschichte Einzug fand.

Zur Frage 1938 hinsichtlich Tschechei bzw. CSR . Es gab da sehr wohl eine Vorgeschichte, hinsichtlich des Umgangs der Tschechen mit der deutschen Minderheit und auch der entsprechenden Gegenwehr der Deutschen (insbesondere der Sudetendeutschen). Und in dem Fall gab es durchaus bewaffnete Selbstschutzeinheiten der deutschen Minderheit unter Führung der Sudetendeutschen Partei SdP (Vorsitzender Konrad Henlein http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/HenleinKonrad/index.html ), welche beim Aufbau von der SA unterstützt wurden. Mit Vorbereitung der "Aktion Grün"  nimmt am 22. April ... der Generalstab der Wehrmacht die strategische Überfallplanung gegen die CSR in Angriff".  Am 14. Mai wird mit Hilfe der "Abwehr" in Eger/Cheb (CSR) als bewaffnete Formation der "Fünften Kolonne" der "Freiwillige Schutzdienst"  (FS) der "Sudetendeutschen Partei" aufgestellt.  Am 19. September wird mit Unterstützung der "Abwehr" als Diversanteneinheit das "Sudetendeutsche Freikorps" aufgebaut (Hauptquartier Schloß Donnhof bei Bayreuth/Bayern). Das "Sudetendeutsche Freikorps" geht in der CSR zu bewaffneten Aktionen über, wobei es bis Ende September 1938  in der CSR  zu rund 300 Störaktionen, Sabotageakten/Diversionshandlungen und Zusammenstößen mit tschechischen Nationalisten und Sicherheitskräften kommt. In der Zeit vom 1. bis 10. Oktober, bei der Besetzung der Sudeten (Grenzgebiete) unterstützt und sichert das "Sudetendeutsche Freikorps" den Einmarsch der Wehrmacht.

Aus heutiger Sicht ist dazu zu bemerken, daß es im Grenzgebiet bzw. den Gebieten mit gemischten Bevölkerungsanteilen, welche ja Hoheitlich gesehen damals zur CSR gehörten, durchaus Auseinandersetzungen gab, welche häufig auch von der tschechischen Seite ausgingen. Daß die deutsche Minderheit, bzw. in bestimmten Gebieten ja eigentlich Bevölkerungsmehrheit, sich gegen Terror und Übergriffe schützen wollte, und dazu Unterstützung aus dem Reich erhielt ist an sich aus der Zeit heraus verständlich.

Übrigens wurden viele ehemalige Angehörige der "Sudetendeutschen Kompanie" später von der "Abwehr" in Polen eingesetzt, und bildeten zum Teil den personellen Grundstock für die späteren "Brandenburger".  ...

Daß die Besetzung der Sudeten und spätere Besetzung der "Resttschechei" militärisch gesehen friedlich ablief ... hat ja nichts mit den unterschwellgen bürgerkriegsähnlichen "Kleinkämpfen" bzw. einzelnen Terrorakten (gegen und untereinander) in den Grenzgebieten zu tun. Diese werden zum einen selten von der offiziellen Militärgeschichte erfaßt und werden zum anderen auch im Nachherein gern einseitig propagandistisch genutzt. ... Die Besetzung verlief zwar "Kampflos", aber nicht immer nur friedlich und freudig. Die Tschechen fanden es sicher nicht unbedingt lustig. ... Und die "Vorgeschichte" war es ebenfalls nicht. Und "friedlich" war diese auch nicht. Im Gegenseitigen Hauen und Stechen nahmen sich da beide Seiten nichts. Gerade der Kampf von "Nationalisten" erfolgt ja meist von beiden Seiten sehr unversöhnlich und hart. ... Im Übrigen zählt z.Bsp. die Sicherung/Besetzung bestimmter Schlüsselpositionen und wichtiger Objekte militärisch gesehen als "Einsatz". Wobei dabei häufig kein einziger Schuß fiel ... und die Besetzung somit "friedlich" verlief. Der tschechische Grenzbeamte, Polizist oder auch "Nationalist" empfand es aber bestimmt als Gewalttätig oder auch Demütigend als ihm das "Sudetendeutsche Freikorps" entwaffnete.

Auch heute zählt man bestimmte Kdo-Einsätze im Vorfeld bzw. unterhalb einer bestimmten Eskalationsstufe nicht zu den "Kriegshandlungen", da sie offiziell vor oder außerhalb eines "Krieges" erfolgen. Diese "verdeckte" bzw. "unkoventionelle Kampfführung" kann auch unterhalb der offenen Eskalation (Krieg) geführt werden. ... Und sehr häufig gibt es darüber offiziell auch nichts zu hören, zu lesen oder zu sehen. ... 

Der Begriff "5. Kolonne" ist doch schon älter. War aber zur Zeit des II. WK und in der Nachkriegsära doch sehr verbreitet.

Hoffe ich konnte die Frage etwas tiefgehender beantworten.
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: waldi44 am 05.01.06 (16:21)
Na endlich mal jemand, der weiss wovon er spricht und auch belegen kann, worüber er spricht! Da kann sich jetzt jeder selbst einen Raim auf die friedliche Besetzung der CSR und die Rolle der Sudetendeutschen machen. Ähnlich verhielt es sich später auch beim Überfall auf Polen. Huch, hab ich "Überfall" geschrieben ::)...
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: Jan-Hendrik am 05.01.06 (16:31)
Tja , wenn man die Frage gelesen hätte und dazu meine Antwort ...

Es ging um den Einmarsch der Wehrmacht ins Sudetenland , und der erfolgte nunmal nach & gemäßt dem Münchener Abkommen . Das die Tschechen das gefreut hat habe ich nirgends geschrieben und nach den Vorkommnissen im Vorfeld hatte er nicht gefragt ... ::)

Jan-Hendrik
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: AK 74 ZF am 05.01.06 (16:45)
Nun ja Waldi ... man darf aber auch die ganze Vorgeschichte nicht vergessen. Denn im eigentlichen wurzelt da vieles an der Festlegung bestimmter Grenzen nach dem 1. WK. ... Und den sich daran hochschaukelnden Haß zwischen jahrhundertelang halbwegs friedlich miteinander zusammenlebenden Völkern. ... Im Prinzip ...  Geschichte. Auch wenn manch Schatten der Geschichte auch heute noch das Miteinander trübt. Deutsche und auch Tschechen (und Polen) sollten und müssen ihre Geschichte, im Herzen Europas, irgendwann einmal wirklich gemeinsam und auch gründlich aufarbeiten. Solange dies nicht passiert, zeigt sonst immer einer auf den anderen und schiebt "Schuld" rüber. Schuld gab es auf beiden (allen) Seiten.
Und leider war damals Gewalt ein noch "legitimes" Mittel bzw. ein aktzeptiertes Mittel zur Durchsetzung der jeweiligen Ziele.
Auch wenn man auf "Friedensdiplomatie" setzte ... zur Erreichung der damaligen Forderungen und Durchsetzung der nationalen Interessen griffen alle Seiten zu üblen Mitteln. ....

Fakt ist, daß Deutschland bereit und Willens war, zur Lösung der "Sudetenfrage", notfalls auch Gewalt anzuwenden.
Daß es in diesem Fall nocheinmal mittels "Diplomatie" und Verträgen , auf Kosten der CSR (welche ja im Endeffekt völlig von den Allierten geopfert wurde) ging, wurde damals ja noch als Erfolg der diplomatischen Kunst des Führers betrachtet/verkauft. ... War im Prinzip viel Glück dabei. ... Aber "Glück" ist eine trügerische Sache.

Viele der fürchterlichen Exzesse der Polen und Tschechen (sowie anderer Völker) nach 1945, waren eine Folge des angestauten nationalistischen Hasses aus dem Gefühl der Erniedrigung durch die vorherigen Niederlagen und Demütigungen  durch die Besetzung. ... Auch eine späte Folge der "friedlichen Besetzung". ... Ich zumindest seh da durchaus einen Zusammenhang.

@ Jan Hendrik ... auch während der "friedlichen Besetzung" des Sudetenlandes war die "5. Kolonne" aktiv. Sicherung/Besetzung neuralgischer Punkte, Niederhalten von Widerstand und Aufspüren/Zerschlagen von Widerstand tschechischer Nationalisten. ... Wobei da einige auch noch ganz privat ihr Mütchen an ihren tschechischen Nachbarn kühlten und alte Rechnungen beglichen. ... Darüber wirst Du aber in den offiziellen Regimentsgeschichten nichts finden. Denn das "Sudetendeutsche Freikorps" war ja (trotz Führung/Unterstützung durch die Abwehr) eher ein "Freikorps".


Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: StabFeld am 06.01.06 (01:11)
Alle Achtung und Lob an AK 74 ZF,
habe ja nicht mit solch einem Zuspruch gerechnet.
Hierzu muß ich noch beifügen, dass es Wochen und Tage vor dem Einmarsch Tote auf beiden Seiten gab. Schießereien auf beiden Seiten.
"Einheiten" dieser 5 Kolonne gab es im Sudetenland und auf deutscher Seite. Unterstützt von der  Sudetendeutschen Arbeiterpartei. Sudetendeutsche gingen in den Untergrund und leisteten zuerst passiv, dann aktiv Widerstand gegen die tschechische Unterdrückung.  Mein Vater musste 1938 aus politischen Gründen fliehen und gehörte zu dieser 5.Kolonne. Er erzählte, dass er Wochen vor dem Einmarsch in den Wäldern von Dippoldiswalde war und dort für den Tag X vorbereitet wurde.
Seine Gruppe " marschierte " Stunden vor der Wehrmacht in sein Heimatland ein. u.s.w.

Aber ich finde das Toll, dass ich nicht alleine mit meinem Wissen da stehe.
Nochmals Bravo, dass ich ein Thema einstellen durfte, dass ich hier noch nicht gefunden hatte.
Noch eine Frage: Woher beziehst Du deine Informationen?
Meine Quelle war mein Vater bzw. ein altes Sudetendeutsches Buch, und das verbotene Reichsheft, an deren Quelle ich momentan nicht komme.
Gruß StabFeld




Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: Richtschuetze am 06.01.06 (06:45)
Stunden vor der Wehrmacht in sein Heimatland ein.

@waldi siehste das hörte garnicht den Tschechen  ;D

Gruss
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: Jan-Hendrik am 06.01.06 (08:09)
(http://i14.ebayimg.com/03/i/05/bd/27/07_1_b.JPG)

Alfred Schickel, "1938 - Sudetendeutsches Schicksalsjahr", MUT-Verlag, 206 Seiten

Man sollte nicht imer sein Gegenüber für unwissend halten ...

Wer Konrad Henlein war bzw. welchen Zweck seine Organisation hatte ist mir schon etwas länger bekannt.Sehr interessant in diesem Zusammenhabg sind auch die Vorbereitungen für eine "blutige" Besetzung der Tschechei , der sog. "Fall Grün"  . Über die Planung :

http://forum.panzer-archiv.de/viewtopic.php?t=1057

Jan-Hendrik
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: AK 74 ZF am 06.01.06 (13:13)
Jan Hendrik ... ich halte Dich nicht für unwissend. Eher im Gegenteil. Aber es hat da ja auch jeder so sein spezielles Hobby oder Fachgebiet. Bei Dir ist es die PzWaffe der Wehrmacht/Wa-SS, und bei mir ist dies seit über 25  Jahren Ausbildung, Taktik und Einsatz von Diversions-, Sabotage- und Kdo-Einheiten.

Dazu kommt daß ich selbst ein ehemaliger Kommißkopp mit gründlicher militärischer preußisch-deutscher Grund- und "Hochschulausbildung", im Bereich der Infanterie-/Jägertaktik bin. Was die militärgeschichtlichen Kenntnisse zu den Einsatzgrundsätzen sowie den Einsätzen der "Brandenburger", SS-Jagdkdos und auch anderer Kdo-Einheiten betrifft, so wurden diese in der DDR sehr gründlich und gut erforscht, analysiert, aufbereitet und auch gelehrt. Insbesondere in den 50er/60er Jahren (der Hochkonjunktur der "Rangerhysterie" des "Kalten Krieges") gab es darüber sehr viele Literatur. Da der "unkonventionelle Krieg" auch später als ernstzunehmendes Szenario galt, gehörten die Einsatzgrundsätze solcher Spezial-Kdos, incl. militärgeschichtliche Beispiele von Einsätzen, auch zu meiner Zeit zum Lehrstoff einer guten Militärausbildung.

Viele der Informationen stammen aus den Büchern von Dr. Julius Mader, welcher Spezialist für die "Abwehr", Spionage, Diversions-/Sabotage und Kdo-Einheiten war. Bei diesen alten DDR-Büchern muß man nur die hervorragend recherchierten Fakten von den ideologischen Sachverhalten trennen. Beim Lesen alter DDR-Literatur sollte und muß man ein bissel geübt sein. ;) ... Wobei ich (Dank spezieller Genehmigung) auch schon vor der Wende westliche Literatur, incl. von Dienstvorschriften westlicher Spezialeinheiten, zu diesem Fachgebiet lesen konnte. Vieles davon übrigens VS-Literatur und auch heute nicht jedermann zugänglich. Dazu kommen dann natürlich auch viele der nach der Wende offen erhältlichen Bücher zum Thema. Wobei man heute aus monetären Gründen (hab ja noch ein paar andere Hobbys) sicher nicht alle Bücher kaufen kann, welche man gern hätte. :-[  .... Und hinsichtlich bestimmter Infos hilft ja heute auch das Internet weiter.

Wo wir wieder bei Jan-Hendrik wären ... der in verschiedenen Foren, meiner Meinung nach, meist sehr gut recherchierte Beiträge schreibt. Und das setzt ja "Wissen" voraus. -> Sollte ich mal Fragen zum Tiger haben, welche über die mir vermittelte Taktik oder die Tigerfibel hinausgehen, weiß ich wen ich fragen muß. ;)  ...  (Übrigens, der erste KC meines Vaters bei der NVA , welcher ihn auf dem T-34 ausbildete, war ein ehemaliger Tiger-Kdt. - mal wieder aus der "Familiengeschichte")
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Wer sich für die "Brandenburger" bzw. "Abwehr" wirklich interessiert ... dem empfehle ich Julius Maders Buch "Hitlers Spionagegenerale sagen aus". Neben großen Teilen des Tagebuches der Abwehr sind dort auch Schematas der "Abwehr" bis in die Unterreferate hinein enthalten. ... Auch wenn es ein DDR-Buch ist, die Fakten/Sachverhalte sind, anhand Originaldokumenten und Aussagen von Zeitzeugen, hervorragend recherchiert. ...

Hier mal ein (sehr einfaches) Schema des Grundaufbaus aus einem anderem Buch. Paßt zwar, da Stand 1943, nicht ganz zum Thema, aber ... ;) ... vieleicht interessierts doch.
(http://img223.imageshack.us/img223/1997/kopierenvonsave02506yg.jpg)

Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: Erichx am 06.01.06 (13:53)
Das mit der "5 Kolonne" das war aber nicht Franco selber sondern irgendein span. General. ;)
Über einige Einsätze in der Tschechoslowakei:
Einsatz für das Reich - W. Höttl
Geheimkommandos d 2 WK - Brockdorff
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: Jan-Hendrik am 06.01.06 (14:29)
AK , Du hast nicht zufällig den Namen des TigerKdt. ?  ;)

Hab da so ein paar auf meiner Liste , die später bei der NVA dienten ...

Jan-Hendrik
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: AK 74 ZF am 06.01.06 (17:08)
Nein Jan Hendrik, leider nicht. Mein Vater diente Anfang der 60er als Panzersoldat in Eggesin/Torgelow.Das ist doch schon ziemlich lange her. Zumindest weiß ich noch, daß der KC wohl noch Stabschef bzw. Bataillions-Kdr wurde und dann  die NVA verließ/verlassen mußte. Offizieller Grund war daß er nur 8. Klasse besaß (was damals übrigens etwas ganz normales war !) und nicht noch einmal wie ein kleiner Junge auf die Schulbank wollte, um die 10. Klasse nachzuholen. Über diese "Tour" wurden ja Anfang der 60er, viele ehemalige Wehrmachts-Offz. aus der NVA herausgescheert. Wobei man ihnen, so ich weiß, zumindest den Weg ins Zivilleben halbwegs ordentlich ermöglichte. Wie mir aus den Erzählungen meines Vaters bekannt ist, muß es sich bei besagtem Offizier um einen sogenannten "Volksoffizier" bzw. "Tapferkeitsoffizier" gehandelt haben. Mein Vater spricht bis heute  mit Hochachtung von diesem fähigen und gutem KC. Muß übrigens ein exzellenter Panzertaktiker gewesen sein. ... Eine der Stories meines Vaters fällt mir da zumindest ein. ... Der KC machte Ausbildung und erklärte Stärken und Schwächen des T-34, incl. der möglichen Taktiken diese zu kompensieren bzw. möglichst gut zu nutzen. Dabei brachte er wohl auch einige Beispiele aus eigenem Erleben, wobei seine Erfahrung als Kdt eines Tigers im Kampf gegen T-34 mit zur Sprache kam. .. Dies gefiel wohl dem bei dieser Ausbildung rumstrolchendem Polit (damals noch im Soldatenjargon  PK = Politkommissar genannt) nicht so recht und dieser versuchte ihn "anzuschwärzen". Dies muß wohl aber gründlich schief gegangen sein, da der KC wenig später doch befördert wurde. ... Die Offz. hielten damals, gegen einen zu starken Einfluß der Partei, noch weitgehend zusammen. War übrigens auch ein Grund, warum die SED Teile des alten Offz-Korps damals zwecks "Stärkung der Führenden Rolle der SED in der NVA" loswerden wollte.
So hat man spätestens Anfang der 60er einen Großteil der ehemaligen Wehrmachtsoffiziere in das Zivilleben verabschiedet. Viele der ehemals niederen Unteroffiziers- und Soldatendienstgrade der ehemaligen Wehrmacht verblieben aber im Dienst und erreichten teilweise im Laufe der Jahre durchaus hohe Dienstgrade und auch Dienststellungen in der NVA. Ich habe selbst noch einige dieser alten, sehr fähigen, Männer erlebt und kennengelernt. Wobei die ehemalige Tätigkeit und Zugehörigkeit zur Wehrmacht im Dienst der NVA keine Rolle spielte und in der Regel nicht erwähnt oder gar thematisiert wurde. In manch persönlichem Gespräch kam dann aber, ab und an, doch einmal eine Bemerkung über das Vorleben. ... Wobei ich damit weder früher noch heute ein Problem habe. ... Im gewissen Sinne geht es mir ja inzwischen ähnlich. ... Auch in der "falschen" Armee gedient. ;D ... Bin ich aber trotzdem Stolz drauf ! ;D

@Erichx ... hast Recht,  es war der Franco-General Emilia Mola, welcher den Begriff der "5. Kolonne" 1936 prägte. Zumindest stammt der Begriff aus dem Spanischen Bürgerkrieg. Wurde aber dann, durch die Verwendung von Hidolf, erst so richtig  bekannt. Die Strategie der Infiltration wurde von Hitler schon 1934, vor dem Begriff "5.Kolonne", in vertraulichen Gesprächen mit einem seiner engsten Freunde, dem Gauleiter von Danzig Forster, als hervorragendes Mittel des Untergrundkampfes thematisiert. Ich häng mal das Gespräch an. Quelle dazu -> H. Rauschning, "Gespräche mit Hitler" (Geschichte der Diplomatie Band III/Teil 2 Berlin 1948). Der Scan selber stammt aus "Die Killer lauern" von Julius Mader.
Den Brockdorff nutz ich ab und an mal als Ergänzung. Ist im Gegensatz zu den reinen Fakten der alten DDR-Bücher mal was zum Lesen. Viele der Westbücher sind ja eher in "Geschichtenform" geschrieben. Er beschreibt einige Unternehmen sehr gut, kann aber durch die ausführliche Beschreibung einzelner Unternehmen nur einen (gut gewählten) Ausschnitt bieten. Wenn man ein Unternehmen aus dem Tagebuch der Abwehr im Brockdorff findet, ist es Bingo ! Viele der kleineren Unternehmen sucht man allerdings vergebends. Leider dann auch in anderen Büchern. Schreibt ja sehr häufig auch ein Autor beim anderen ab.Und da sind dann häufig die Infos der alten DDR-Bücher zu bestimmten Unternehmen das einzige was man (ohne Zugang zu speziellen Archiven wie Freiburg o.ä.) findet. Teile des Archivs der "Abwehr" bzw. der "Brandenburger" sind ja wohl, so ich weiß, noch unter Verschluß bzw. befinden sich im Ausland. ... Hab mich mal mit zwei "Brandenburgern" über den Brockdorff, aber auch die DDR-Bücher unterhalten. War ganz amüsant ...  ;) .  ... Beides zwei ehrenwerte, anständige Menschen und gute Soldaten , welche vor ein paar Jahren zur "Großen Armee" abgetreten sind.

(http://img432.imageshack.us/img432/8865/save02519sr.jpg)
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: Jan-Hendrik am 06.01.06 (17:13)
Danke für Deine Ausführungen  ;)

Hierzulande setzte dann die "Aussonderungswelle" aus "politischen" Gründen ( natürlich nie offen so bezeichnet ::) ) Ende der 60er/Anfang der 70er ein ...

Natürlich wird sowas von offizieller BW-Welle nicht mehr erwähnt bzw. völlig anders dargestellt  ;)

Jan-Hendrik
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: The Real Blaze am 06.01.06 (19:11)
Der Begriff "Fünfte Kolonne" wurde   auch gern später benutzt, um auch die letzte volksdeutsche Oma als deutsche Agentin zu diffamieren. Ja die Wehrmacht sollte die Tschechei zerschlagen...sollte...Nur was betrieben die Tschechen? Marschierten um einen Krieg zu provozieren ins Sudetenland ein und verhängten den Ausnahmezustand. Die Parteizentrale der SDP wurde in Eger von Panzern zusammengeschoßen, mitten im europäischen Frieden. Benes tat diplomatisch alles, um Europa in den Krieg zu ziehen(In England wurde schon die Flotte mobilisiert!)

Henlein war aber clever und bereiste mehrmals London und traf sogar Churchill, der von ihm damals 1938 äußerst angetan war. Er meinte sinngemäße, daß wenn es mehr Deutsche wie Henlein geben würde, es man um vieles leichter in Europa hätte. Benes war da schon unten durch, seine letzte Karte war eben diese militärische Provokation. Schon im Frühjahr 1938 mobilisierten die Tschechen, weil angeblich die Wehrmacht aufmarschiert war, was aber völlig erlogen war! Ausländische Journalisten durften sich über diese tschechischen Lügen auf deutscher Seite überzeugen. War oberpeinlich für Benes!!

Fünfte Kolonne---sowas gabs in der Tschechei bis auf dieSelbstverdeitigungkräfte  im September 38' nicht. Auf sowas hatte der tschechische Geheimdienst nur gewartet, der Leute bei Henlein eingeschleust hatte. Man hätte dann alle wegen Hochverrats einkassiert, die Partei verboten worden. Das es so war, belegen die erbeuteten Dokumente, beim  Einmarsch 39', die man im tschechischen Geheimdienstgebäude fand.

Ich habe auch noch das DDR Buch "Das Münchner Diktat"(sehr ausführlich die Kämpfe des Freikorps geschildert)...Diktat war es nur für Tschechen, die nicht aktzeptieren konnten, daß die von ihnen terrorisierte deutsche Volksgruppe das wilsonsche Selbstbestimmungsrecht für sich in Anspruch nehmen wollte. Genauso wie das auch die Ungarn, die Teschener Polen, die Slowaken und die Karpatho-Ukrainer wollten. Im Sudetenland wurde mit 20 jahre Verspätung(und vorher in Österreich/Ostmark) schließlich auch das Selbstbestimmungsrecht vom Ausland zu gebilligt. 1918/19 haben nicht Deutsche tschechisches Land besetzt, sondern Tschechenmilizen(hauptsächlich ehemalige tschechische Legion)  das Sudetenland. 1919 sammelte sich in Sachsen ein Hilfskorps von 15000 mann ,um die Besetzung Nordböhmens zu verhindern. Aber die mut und machtlose Reichsregierung zog den Schwanz dort ein und blies die Sache ab. Die "Schuld" der Deutschen in Böhmen war nur deutsch bleiben zu wollen, mehr nicht. 

(https://ssl.kundenserver.de/deutscher-buchdienst.de/bilder/4370_gr.jpg)

das ist meine Buchempfehlung, die alles ,weil am ausführlichsten, in den Schatten stellt. Wer es gelesen hat(717 Seiten-ich), weiß welche "Schuld" Sudetendeutsche hatten--> Keine
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: AK 74 ZF am 06.01.06 (21:20)
Nun Real .. einen großen Tschechentread und Polentread, hinsichtlich dergegenseitigen territorialen Forderungen und des Umgangs mit den Minderheiten bzw. der deutschen Bevölkerung in den nach dem 1. WK abgetrennten Gebieten, hatten wir ja schon mal.  Ich hab ja angedeutet daß die ganze Geschichte auch eine Vorgeschichte hatte. Und im Bereich der ganzen Materie "Sudeten" gab es von beiden Seiten Animositäten und auch Übergriffe. Daß die Sudeten zu Deutschland gehörten bzw. die Wiedereingliederung der Sudeten ins Deutsche Reich eher gerecht war, ist auch meine Meinung. Auch wenn ich dafür Kritik bekomme. Die Mehrheit der Bevölkerung waren Deutsche und wollten auch zu Deutschland. Das hat und hatte etwas mit "Selbstbestimmungsrecht der Völker" zu tun. Sieht man ja bei anderen Völkern heute ebenso.
Das Problem Real, und dies läßt sich auch nicht wegdiskutieren, ist daß beide Seiten, Deutsche wie auch Tschechen ihr Recht mit aller Gewalt durchsetzen wollten. Und sowohl tschechische als auch deutsche Nationalisten waren bereit bis aufs Messer um ihr Recht, oder vermeintliches Recht, zu kämpfen. Es gab Gewalt und auch Gegengewalt. Und das von beiden Seiten !  >:( Dies läßt sich auch nicht abstreiten. Egal welches Buch da gelesen wird. Daß sich im Fall der Sudetenfrage Deutschland (bzw. Henlein), diplomatisch und auch militärisch geschickter verhielt, steht außer Frage. Aber daß der "Deutsche Selbstschutz" bzw. das "Sudetendeutsche Freikorps" nur eine friedliche Pfingstgemeinde war und keiner Fliege etwas zu Leide tat, ist ja auch Blödsinn. Deutsche Nationalisten bzw. Angehörige der dt. Bevölkerung wehrten sich schon aktiv und vergalten den Tschechen Gewalt mit Gewalt. Und da man erwartete, daß diese Gewalt eskaliert, bereitete man sich auch in Form dieser Selbstschutzeinheiten/Freikorps darauf vor. Und dies mit (geheimer) Unterstützung deutscher Behörden/Streitkräfte.  ... Und da ist das was StabFeld hinsichtlich seines Vaters schrieb genau richtig. Man leistete erst passiv und dann aktiv Widerstand. Was das heißt weißt Du auch. Da schlug der Tscheche auf den deutschen Nachbarn ein, und der Deutsche auf den Tschechen. Im Prinzip ein zunehmender kleiner Bürgerkrieg in einem "Grenzländle".
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Die Vorgeschichte, bzw. auch die deutsche Sicht der Geschichte, wird das von Dir angeführte Buch schon gut beschreiben. Aber es gibt auch eine gewisse berechtigte Sicht der Tschechen. Denn es lebte auch ein Bevölkerungsanteil tschechischer Bewohner in diesem Grenzland "Sudeten". Darunter nicht nur nach 1919 angesiedelte, sondern auch schon lange dort ansässige Tschechen. Und diese Tschechen litten auch. Der Riß ging übrigens bis hin durch Familien, welche dann plötzlich im aufkeimenden Nationalismus gegeneinander standen.  ... Gab da zu DDR-Zeiten ein Kinderbuch. Hieß Jan und Jana, welches diese Zeit, aus der Sicht eines kleinen deutschen Mädels (mit tschechischer Verwandschaft oder auch Abstammung) schildert. Mag sein daß dieses Buch "gegen den Faschismus" geschrieben war. Aber es war doch ganz gut geschrieben und schilderte das Dilemma dieser Zeit sehr eindrücklich. Vieleicht habe ich es deshalb nicht vergessen und bei diesem Thema mit im Hinterkopf.

Wie gesagt , auch wenn die Sudetenkriese noch diplomatisch gelöst werden konnte. Man war auf beiden Seiten zur Gewalt bereit, und es wurde auch (unterhalb der Kriegsschwelle) welche ausgeübt. Von Tschechen und von Deutschen.

AK 74 ZF  - der versucht beide Seiten zu sehn -

P.S. Daß aus Gründen von Minderwertigkeitskomplexen, die Gewaltbereitschaft von Nationalisten eigentlich schwächerer bzw. ehemals unterdrückter Völker, besonders hoch ist, ist ja kein Geheimnis. Dies zeigte sich nach 1919 gerade bei Polen und Tschechen sehr deutlich. Der Nationalismus explodierte regelrecht. ... Aber auch der deutsche Nationalismus war nicht ganz ohne !
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: The Real Blaze am 07.01.06 (01:00)
Nun in diesem Buch wird auch der tschechischen Seite genüge getan. Die Seitenzahl schreckt natürlich etwas ab, aber es lohnt sich wirklich. Eben schon um die ganze große Tragik des deutsch- tschechischen Verhältnisses zu erfassen.
 Die Forderungen der Tschechen nach deutschen Gebiet waren eben nicht die Forderungen aller Tschechen. Eine große Gruppe war eben auch der Meinung, daß ein Nationalstaat besser wäre, als ein Nationalitätenstaat. Wie recht sie doch hatten! Henlein wollte von Anfang an mit den Tschechen es schaffen, aber genau die Offerten wurden von Benes und Co verhaßt ausgeschlagen. Erst wollte man  unbedingt die Deutsch-Böhmen in einem Staat und danach behandelte man sie wie Feinde. Der Wille zum Zusammenleben war nur von deutscher Seite da, damit meine ich die SHF von Henlein. Die deutschnationale Partei wurde recht schnell verboten, dieses Schicksal wollte Henlein mit seiner Bewegung auch vermeiden.
 Tschechen wohnten auch in den Randgebieten, aber das war die absolute Minderheit bis 1919. Danach  wurde mit Hilfe einer erpreßerischen "Bodenreform",  deutscher Grund und Boden für Tschechen enteignet. Tschechenbeamten kamen ins deutsche Land und setzten  mit Polizei und Armee die Staatsgewalt durch. Bis 1938 gab es so ca 700000 Tschechen im Sudetenland, die nach München sogar bleiben konnten, aber der größte Teil  freiwillig in die Resttschechei rücksiedelte. Die ganzen Kolonnen wurden schon vor der tschechischen Unterschrift organisiert, solche Angst hatte man vor der Rache der Deutschen, nachdem was die Tschechen ihnen angetan haben. Von deutscher Seite kam da aber überhaupt nichts, man war allgemein froh, daß sie endlich weg waren und sich auch im öffentlichen Leben wieder deutsch unterhalten konnte.
(http://www.osteuropa.ch/images/maps/tschechien/map_sudetenland.jpg)

 Ich kann deshalb den Satz von beiderseitiger Gewaltbereitschaft nicht stehen lassen, den das kommt so rüber, als wäre diese gewalt immer da gewesen. Es war durch die disiplinierte  Turnbewegung Henleins ganz besonders Wert auf Gewaltlosigkeit gelegt, weil man sich eben so gut wie nicht  NICHT wehren konnte gegen die Staatsgewalt. Wer es doch tat kam nach Pankratz(Prag), meist mit Eisenkugel am Bein! Erst ab September 1938, nach der zweiten Mobilmachung und den zweiten Ausnahmezustand, wehrten sich die SdP Freikorpsler. Da war schließlich auch absehbar, daß besonders die Engländer Benes endgültig fallen lassen hatten. Die deutsche "Gewalt" war nur eine Reaktion auf den Staatsterror. Zeitlich gab es deutschen Widerstand nur während der Besetzung ihres Landes 1919 durch Tschechen(viele deutsche zivile Opfer!) und eben wie schon erwähnt im September 1938.

Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: StabFeld am 07.01.06 (01:46)
Ein Hallo an alle Autoren,
kann man das ein oder andere Buch über die Fernleihe der Biblotheken leihen?
Oder kann ich mit meinen weiteren Fragen den ein oder anderen Nerven?
PS: Bin ja Richtig beeindruckt über das Geschriebene von Euch.
Zumal das Thema ja kaum bekannt ist. Aber, was das alles so zum Vorschein kommt!
Bravo
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: AK 74 ZF am 07.01.06 (11:31)
Zitat : Erst ab September 1938, nach der zweiten Mobilmachung und den zweiten Ausnahmezustand, wehrten sich die SdP Freikorpsler. Zitat Ende

Und davor blieben alle deutschen Männer demütig und friedlich und hielten noch die andere Wange hin oder boten den Tschechen ihre Töchter an, wenn man sie und ihre Familien schlug. .... >:(   ... Da kenn ich aber andere Geschichten. ;)

Sorry Real ... war etwas zynisch. .... Mach Dir da mal kein falsches Bild. Die Deutschen wehrten sich sehr wohl gegen die Willkür der Tschechen. Ob nun gegen private Übergriffe von Nationalisten oder auch gegen die Staatsgewalt. War wohl lange Zeit ein übler Kleinkrieg unter Nachbarn (700.000 Tschechen in den Sudeten sind ja auch nicht wenig ! ... Schau auf die Karte ... so groß war das Gebiet ja nun auch nicht.). Daß die Deutschen dabei zusätzlich gehandicapt waren, weil die Tschechen die Staatsgewalt auf ihrer Seite wußten, kommt erschwerend dazu. Aber man setzte zunehmend dem Terror der Tschechen organisierten Widerstand entgegen. Und man organisierte sich auch. Mit oder ohne Henlein. Den Grundstock der SdP Selbstschutzverbände und des "Sudetendeutschen Freikorps" bildeten durchaus im Widerstands- und Untergrundkampf erfahrene Männer. Daß die offizielle Gründung dieser "Kampfeinheiten" erst erfolgte als es sich abzeichnete, daß die Lage eskaliert und man auch offizielle Unterstützung aus dem Reich erhielt, ist auch natürlich. Wobei man dabei zum größten Teil die bestehenden Kleingruppen nur noch bündeln brauchte. Daß es eine politische Lösung gab, war zumindest damals eine "glückliche" Fügung. Ansonsten hätte es in den Sudeten gekracht. Denn das Maß war voll und die dt. Bevölkerung zum aktiven Widerstand bzw. zum Abschütteln der tschechischen Oberherrschaft bereit. .... Oder siehst Du dies anders Real ?
Ich zumindest seh es so daß die Eskalation nicht mehr aufzuhalten gewesen wäre. Denn Teile der Sudetendeutschen Freikorps waren durchaus zum aktiven Widerstand übergegangen. Und der Rest stand, gut organisiert und vorbereitet, auch Gewehr bei Fuß. Und die Reichsdeutsche Bevölkerung hätte nicht zugesehen daß die Tschechen die Sudetendeutschen aufreiben oder vertreiben. Nicht 1938 !!!  ... Wie gesagt, man bevorzugte eine politische Lösung, war aber zum Gewalteinsatz bereit.

Zitat : ... Angst hatte man vor der Rache der Deutschen, nachdem was die Tschechen ihnen angetan haben. Von deutscher Seite kam da aber überhaupt nichts, man war allgemein froh, daß sie endlich weg waren und sich auch im öffentlichen Leben wieder deutsch unterhalten konnte. ...   -> Klingt auch ein bissel zu schön um wahr zu sein. Sicher freute sich die einfache Bevölkerung und atmete auf. Aber es gab schon ein paar Männer welche in dieser Zeit ein paar persönliche Rechnungen beglichen. Und es ging in der Zeit manch Tscheche oder "Kolloborateur" ins Lager oder mußte zu sehen wie er Land gewinnt. Traf übrigens auch einige der Deutschen, welche zu den "Nazigegnern" zählten. Auch eine der Randgruppen, welche in diesen Büchern kaum eine Erwähnung finden. ... Teile der konspirativen Wege der KPD liefen ja rüber ins "Böhmische", wo ja auch viele deutsche Exilanten saßen. Weiß ja nicht ob darüber was im Netz zu finden ist. Müßte man mal unter "Rote Bergsteiger" googeln. Zumindest saßen viele Kommunisten im Böhmischen und emigrierten wohl bei Besetzung der Sudeten weiter nach Prag, wo sie ja später auch eingeholt wurden. ... Aber nun schweif ich ab.

Real es ging um die "5. Kolonne", als Widerstands-/Untergrundkampf. Und der wurde von den Sudetendeutschen, sowohl privat wie auch organisiert, durchaus auch geleistet. Und je mehr sich die Kriese um die Sudetenfrage zuspitze um so härter wurde der Kampf. Daß die Sudeten 1938 nicht in einem Bürgerkrieg verkamen, bzw. es nicht zu einer militärischen Besetzung  in Form von gewaltsamen Einrücken der Wehrmacht kam, ist einzig der Tatsache zu verdanken, daß es in letzter Minute zu einer politischen Lösung kam. Sonst hätte es 1938 schon gekracht.  ... Und davon bin nicht nur ich überzeugt. ... Eine "Aktion Grün" wird man nicht aus Jux und Dollerei geplant haben, sondern aus einer Notwendigkeit heraus. Auch wenn man es zu dieser Zeit noch als letzte Option betrachtete.

Die Antwort von StabFeld hinsichtlich der Erzählung/Erinnerung seines Vaters sind da übrigens sehr gutes Beispiel. Sein Vater wird da schon die Wahrheit erzählt haben. Ich zumindest kenn es auch so. -> ... Wochen und Tage vor dem Einmarsch Tote auf beiden Seiten gab. Schießereien auf beiden Seiten. "Einheiten" dieser 5 Kolonne gab es im Sudetenland und auf deutscher Seite. ... Unterstützt von der  Sudetendeutschen Arbeiterpartei. Sudetendeutsche gingen in den Untergrund und leisteten zuerst passiv, dann aktiv Widerstand gegen die tschechische Unterdrückung.  Mein Vater musste 1938 aus politischen Gründen fliehen und gehörte zu dieser 5.Kolonne. Er erzählte, dass er Wochen vor dem Einmarsch in den Wäldern von Dippoldiswalde war und dort für den Tag X vorbereitet wurde. Seine Gruppe " marschierte " Stunden vor der Wehrmacht in sein Heimatland ein. u.s.w.

Ich denke schon daß diese Schilderung korrekt ist. Und daß das Reich, von SA bis hin zur "Abwehr" (welche ja zur Wehrmacht gehörte), den Kampf der Sudetendeutschen unterstütze ist ja, für die damalige Zeit verständlich, und heute auch kein Geheimnis mehr.

Warum, Wieso und Weshalb .. ist ja dann wieder anderes Thema. ... Und da ist Dein Buch sicher interessant.

AK 74 ZF  - der den ethnischen Hintergrund kennt, aber auch den Erfolg der Strategie und Taktik sieht -

P.S. Real ... aus militärhistorischer Sicht ist die Besetzung der Sudeten eigentlich ein Musterbeispiel für einen erfolgreich geführten "verdeckten Krieg", mit geringsten Verlusten und maximalem Erfolg, unterhalb der eigentlichen Kriegsschwelle. Man feierte die "politische Lösung" per Vertrag damals nicht umsonst als großen Sieg (der Diplomatie ;)).
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: The Real Blaze am 07.01.06 (19:10)
Zitat
Denn das Maß war voll und die dt. Bevölkerung zum aktiven Widerstand bzw. zum Abschütteln der tschechischen Oberherrschaft bereit. .... Oder siehst Du dies anders Real ?

Ja sicher war das Maß randvoll, aber und das war einzig der klugen Führung Henleins zu verdanken, daß man sich innerhalb der tschechischen antideutschen Gesetze bewegen mußte! Andernfalls wäre die bereitgestandene Staatsgewalt in Form von Polizei, Geheimdienst und Armee sofort eingeschritten. Pankratz war ohnehin schon übervoll mit verurteilten Deutschen, die für Nichtigkeiten eingesperrt wurden. Henlein mußte immer wieder seine Person einsetzen, um die SDP zusammenzuhalten. Anfangs war es je nur die Sudetendeutsche Heimatfront, eine reine Solidaritätsbewegung, um sich vorallem gegen den Hunger zu helfen. Erst spät, als die Bewegung
hauptsächlich von Benes aus politisch instrumentalisiert wurde, um sie zu verbieten, entschloß sich Henlein zur Parteigründung, die gleich bei der ersten Wahlteilnahme stärkste Partei in Prag wurde! Und das obwohl man nur eine Minderheitenpartei war UND deutsche Sozialisten und Kommunisten gegen ihr eigenen Volk in Böhmen arbeiteten, allen voran der Benesspeichellecker Wenzel Jaksch. 
Die SDP war zu keiner Zeit eine nationalsozialistische, noch faschistische Partei, sondern eine reine Minderheitenpartei. Das betone ich deshalb, weil auf linken Seiten immer noch von einer "faschistischen SDP" geschwafelt wird und das Benesregime als demokratisch hingestellt wird, was völlig absurd ist. Eine Demokratie schützt seine Minderheiten und gewährt ihnen größtmögliche Selbstbestimmung, was aber die Tschechen niemals machten: weder mit den Deutschen, noch den Ungarn, Polen, Karpathoukrainern und Slowaken! Das "tschechosslowakische" war ein einziges verlogenes Wort! Obwohl den Slowaken die Autonomie im Vertrag von Pittsburg zugesichert wurde, hatten die Tschechen niemals diesen Vertrag umgesetzt. Sie ließen lieber ihre Armee nach Preßburg im Frühjahr 1939 marschieren, als sich an diesen Vertrag zu halten.


Man setzte also nach Parteigründung, schon wegen des überragenden Wahlerfolges weiter auf friedliche Zusammenarbeit. Doch diese wurde ganz natürlich von den Tschechen boykottiert. Und wenn sich  die Tschechenparteien sonst nie verstanden, wenn es gegen die Deutschen ging war man sich immer einig! Auf deutschen Veranstaltungen war immer verboten das singen deutscher Lieder, das zeigen deutscher Fahnen und jede gehaltene Rede mußte im Wortlaut von den Tschechen erst genehmigt werden.

Übrigens die tschechische Armee setzte sich auch aus deutschen Soldaten zusammen, die sicher nicht gegen ihr eigenes Volk gekämpft/geschoßen hätten. Da hätten Massendesertationen gedroht.

Im August 1938 begann auch die Mission von Lord Runciman ins Sudetenland, wo nachwievor alles ruhig war. Runciman gastierte aufSchloß Petersburg bei Komotau und bereiste von dort wegen der anstehenden Verhandlungen das Sudetenland, wo er bitterste Armut sah. So bekam er auch mit, wie bei Wernsdorf der deutsche Pfarrer die Post austrug damit die Post auch ankam. Der tschechische Postbote sprach kein Wort deutsch und war alles andere bereit als für eine sachgerechte Zustellung zu sorgen.
Auch ein recht bizarres Erlebnis hatte der Brite mitbekommen. In Böhmisch Kamnitz wurde ein deutscher Bürgermeister(Kommunist) gewählt, aber ein tschechischer Rivale macht ihm das Amt streitig, schon weil Prag die Wahl nicht bestätigte. Man beschloß zu zu würfeln. Der Tscheche verlor wieder, blockierte die deutsche Amtsausübung aber erneut durch eine Beschwerde!

Es wurde also eher gewürfelt, als irgendwo gekämpft. Fall "Grün" wäre auch nur umgesetzt worden, wenn Prag völlig isoliert gewesen wäre. Doch das war es ja nie. Sie hatten zwar eine schnell schwindende Lobby bei Franzosen und Engländern(bei denen am allerwenigsten), aber es waren ja auch noch die Russen da, wo Benes , obwohl der Staat vollkommen Pleite war, auf Pump Militärflugzeuge kaufte. Benes war dann auch in seiner Londoner Exilzeit der größte Maulwurf für Stalin...

Das Sudetendeutsche Freikorps agierte erst so richtig als als Lord Runciman wieder weg war, es war auch erst am 17.September 1938 aufgestellt worden. Vorher hatte man im Reich ein paar Sudetendeutsche von der SA schon ausbilden lassen, immerhin flüchteten 84000 Deutsche vor den tschechischen Terror ins Reich!

(http://www.fdj.de/infoportal/dbz/images/image281.jpg)
bewaffnete Sudetendeutsche des Freiwilligen Schutzdienstes

Die Aktionen vor dem 17.September waren kaum der Rede wert(Grenzposten beschoßen usw) Später wurde auch schon mal ein Polizeiposten überfallen. Das wars aber auch schon, weil vom 17.September bis Anfang Oktober kaum noch die Zeit war, großartig auszubilden und gleichzeitig auch zu agieren. Man hielt sich allgemein zurück, um die anstehenden Verhandlungen in München nicht noch zusätzlich zu gefährden.

(http://www.od43.com/SdP3.jpg)

Hier noch ein interessantes Foto, hinter einem Freikorpsler liegt jemand der einen tschechischen Helm auf hat. Offenbar ein Fahnenflüchtiger.

Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: StabFeld am 08.01.06 (03:59)
Hallo The Real Blaze, Hallo AK 74 ZF,
kann man diese Bücher leihen? Bibliothek oder so?
Zu den Beiträgen kann ich noch zu fügen das mein Vater erzählte, dass er Kurierdienste nach Deutschland leistete.
Der Anlaufpunkt wäre immer eine Villa in Dresden gewesen. Leider konnte ich nie ermitteln, wo in Dresden.   
Nach einer von dieser Touren stand der tschechische Staatsschutz vor seiner Türe. (Verrat?)     
Deshalb musste er flüchten. Rest ist später ein mal in einem Buch nach zulesen, an dem ich schreibe.
PS: Mein Vater hatte ein ziemlich bewegtes Leben. SDFer, Bahnpolizist, SS, sechs Jahre Soldat in Russland, elf Jahr Gefangenschaft beim Russen u.s.w.
Leider komme ich nicht an die Unterlagen in Moskau heran, darin stehen die ersten Fünf Jahr Haftzeit im Roten Ochsen von Halle und der Übergang nach Bautzen. Kam erst 1956 nach Hause.
Ist brutal Interessant.

 
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: The Real Blaze am 08.01.06 (14:11)
Also bei DDR Büchern wirst du wohl nur über E Bay oder Antiquariat Erfolg haben. "Das große Ringen" habe ich gekauft, glaube nicht, daß sowas zur Leihausstattung von durchschnittlichen Bibliotheken gehört. Wenn du also ein Buch darüber schreibst mußt du schon auch mal was investieren ;D Um so besser wirds. Und dazu wünsche ich dir viel Erfolg.

Das der dein Vater es mit den tschechischen Geheimdienst zu tun bekam , muß dich gar nicht wundern. Er hatte sogar in Dresden Agenten.
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: waldi44 am 09.01.06 (10:25)
Ich hab hier was interessantes zum Thema (und nicht nur zum Thema) gefunden:
Lasst Euch mal nicht abschrecken vom Urhebern  ::)! Kommunistische Organisation für die Vierte Internationale (KOVI-BRD)" ;D ;D ;D!


http://www.lrp-cofi.org/KOVI_BRD/Archiv/Vertreibung.html

Wieso muss das ein Fahnenflüchtiger sein? Nur weil er einen tschechischen Stahlhelm trägt?
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: Hoschito am 09.01.06 (19:26)
Wobei da einige auch noch ganz privat ihr Mütchen an ihren tschechischen Nachbarn kühlten und alte Rechnungen beglichen. ...

...konnte ich da irgendwo lesen..

...darf ich einmal ganz verzagt nachfragen, wo es darüber zeitgeschichtlich dokumentarisch belegbares Material zu solchen 'Übergriffen' noch gäbe?  ??? (Fernabfrage)
Bitte keine Hinweise auf tschechischen Archive, wo man persönlich vorstellig werden muß >>> habe nicht genug überflüssige Zeit, um heim geschickt zu werden, wenn die in meinen Anmeldepapieren für den Lesesaal lesen: 'Forschungsgrund: Sudetendeutsche Vorfahren'  >:(

(Die 'Revanche' der Tschechen 1945 ff. hingegen ist ja mittlerweile für jede(n) Interessierten absolut leicht eruierbar gewesen)
Titel: Re: Fünfte Kolonne
Beitrag von: The Real Blaze am 09.01.06 (21:14)
Zitat
Wieso muss das ein Fahnenflüchtiger sein? Nur weil er einen tschechischen Stahlhelm trägt?

Naja Waldi es könnte auch sein, daß er den tschechischen Helm geklaut hat ;D. Tippe aber trotzdem auf Deserteur, weil viele Deutsche das auch während des tschechischen Einmarsches im September machten. Es stand eben die Entscheidung an ,schieße ich auf mein Volk, oder eben nicht. Der Großteil der Sudetendeutschen wurde aber aus der tschechischen Armee erst nach München entlassen. Reine deutsche Einheiten gab es ja nicht. Wer Minderheiten unterdrückt, rechnet eben auch damit, daß selbige "unzuverläßig" sind.